Zoo Station in Berlin

Bäckstage auf Achse: U2 in Berlin
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Bäckstage

Berlin ist natürlich immer eine Reise wert. Von daher war die Entscheidung, U2 in der Mercedes Benz Arena zu schauen, nicht so schwierig. Und es wurde sowieso wieder einmal Zeit für einen «Bäckstage auf Achse»-Beitrag.

Berlin vereint Geschichte und Gegenwart, bietet Kunst und ikonische Gebäude. vom Brandenburger Tor über den Reichstag und den Fernsehturm am Alexanderplatz bis zum Urban Spree, wo sich die alternativen Geister treffen, der Musik lauschen und eine gute Zeit haben. Berlin ist aber auch eine Stadt, die U2 massiv geprägt hat. Deshalb sind Konzerte von U2 in Berlin immer speziell. 

 

Es war Ende der 80er und Anfang der 90er, ziemlich direkt nach der aufreibenden «Joshua Tree»-Tour und U2 am kreativen Ende angelangt. Die Auflösung der Band hing drohend in der Luft und auch die Beziehung der Bandmitglieder hatte schon besser Zeiten gesehen. Also führte der Weg die Band nach Berlin. Die Stadt, die schon Leute wie Lou Reed oder David Bowie massiv beeinflusst hatte, wirkte auch bei U2. Die hoffnungsvolle Aufbruchsstimmung rund um den Mauerfalls floss ebenfalls mit ein. In den Hansa Studios entstand jenes Werk, das für viele als das wichtigste in der langen Bandgeschichte von U2 gilt. «Achtung Baby». Es ist aber nicht unbedingt die Hit-Single «One», die das Album unsterblich macht, sondern die Auseinandersetzung mit sich selbst und dem eigenen Glauben, was in brillanten Songs wie «Love Is Blindness» oder «Who’s Gonna Ride Your Wild Horses» gipfelt. Dazu die von Industrial geprägten Klänge in Kombination zu den für U2 typischen Sounds. Bestes Beispiel dafür ist «The Fly». Die Platte sollte dann auch beim Konzert, an dem wir waren, übrigens das erste von vier Shows im 2015 in Berlin, zu Ehren kommen. Doch dazu später mehr. 

 

Ein Screen, der quer durch die Halle geht 

 

Die «Innocence & Experience»-Tour ist bühnentechnisch zwar nicht ganz so gewaltig wie die «360°-Tour», schliesslich spielt die Band auf diesem Teil der Tour in Hallen. Trotzdem kann sich die Inszenierung sehen lassen. Die Bühne besteht aus zwei Plattformen, die jeweils an beiden Enden der Hallen platziert sind und durch einen Steg verbunden sind. Über dem Steg hängt ein gewaltiger Screen, der einmal quer durch die Halle geht. Der Screen ist doppelseitig, also von allen Seiten der Halle einsehbar. Dadurch ist er so breit, wie der Steg, über dem er hängt und ermöglicht es der Band, in den Screen hineinzusteigen und mit den Visuals zu verschmelzen. Das haben wir im Vorfeld erfahren und waren dementsprechend gespannt.  

 

Dann war der Tag des Konzerts. Ausverkaufte Halle, gespannte Erwartungen und dann plötzlich, «Power To The People» von Patti Smith erklingt. Ein klares Zeichen, dass die Show beginnt. Die Show ist quasi in zwei Teile aufgeteilt. In den Innocence-Part und den Experience-Part. Beim ersten Teil, der aus ein paar alten Nummern wie «Out Of Control», «I Will Follow» oder «Sunday Bloody Sunday» und einer guten Handvoll Liedern vom aktuellen Album «Songs Of Innocence» bestand, kam erstaunlicherweise eine sehr intime Atmoshpäre auf und man fühlte sich ein wenig wie in einem kleinen Club. Wenn man bedenkt, dass die Halle ein paar tausend mehr Menschen fasst als das Hallenstadion, ist das schon erstaunlich. 

 

U2 waren bester Laune und im zweiten Teil der Show war dann Berlin schon ein Thema. Angefangen dabei, dass fünf Songs aus «Achtung Baby» ins Set fanden über Ansagen von Bono bis zu den Visuals, die einen Moment lang dem East Side Gallery Teil der Berliner Mauer, der unmittelbar in der Nähe der Halle ist, angelehnt waren. 

 

Die Bühne in voller Länge. 

 

Zwar durfte erwartet werden, dass U2 auf die Phase in Berlin zurück greifen würden, dass dann aber «Zoo Station» nach fast zehn Jahren wieder live gespielt wurde und das beim ersten von vier Konzerten in Berlin, war eine Überraschung, kann aber kein Zufall sein. Der Song ist auch der Opener von «Achtung Baby» und macht daher Sinn beim Eröffungskonzert der Berlin-Shows. Ansonsten blieb die Setlist ein wenig bieder. Die grossen Hits fehlten alle nicht und «One» schloss die Zugaben ab, aber ein, zwei seltener gespielte Songs wären schön gewesen. Ein «All I Want Is You» oder das wunderbare «Stay» - übrigens wurde der Track als typischer U2-Berlin-Song bei keinem der vier Konzerte gespielt - hätten der Sache auf der musikalischen Seite etwas mehr Würze verliehen. Dafür muss man sagen, dass die neuen Songs sehr gut funktionieren und der Sound im Stadion gut gemischt war. 

 

Assoziationen zu Nine Inch Nails 

 

Die Show war dafür bombastisch. Der Screen ist beeindruckend gross und wenn Bono sich auf seine Wurzeln besinnt und durch den Screen, auf den die Strassen seiner Jugend projiziert werden, geht, dann ist das stilsicher, sehr aufwändig und auf den Punkt inszeniert. Einige der Visuals erinnerten gar an Shows der Nine Inch Nails. Das kommt bestimmt auch nicht von ungefähr, denn die Berlin-Phase von U2 ist ja von Industrial Sound beeinflusst und Nine Inch Nails haben «Zoo Station» für das Jubiläum von «Achtung Baby» sogar gecovert. Ausserdem haben Leute aus dem Kreativ-Team von U2 auch schon für Tourneen der Nine Inch Nails gearbeitet. So schliesst dann irgendwie ein Kreis. Zur Zugabe illuminierten dann diverse Neonröhren die Bühne und tauchten «City Of Blinding Lights» in urbanes Licht. 

 

U2 sind noch immer eine hervorragende Band und sie klingen auch nach fast 40 Jahren (erster Auftritt als U2 war 1978) in Originalbesetzung sehr frisch und gefestigt. Ein kleiner Schwachpunkt ist die ziemlich fixe Setlist, aber das ist höchstwahrscheinlich der Show und den präzisen Visuals geschuldet. Im grosen und ganzen war die Show von U2 grossartig und die Reise nach Berlin auf alle Fälle wert. 

 

U2 schaffen den Spagat zwischen Vergangenheit und Gegenwart, besinnen sich auf die Wurzeln, schauen mit «Songs of Innocence» aber wuchtig in die Zukunft. Hoffen wir, dass sich die Gerüchte um eine Stadion-Tour im nächsten Jahr als richtig herausstellen. 

Bäckstage Redaktion / Di, 29. Sep 2015