Maria Mena in alter Frische

Bäckstage auf Achse: Maria Mena in Amsterdam
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© Sandra Rohrer

Kennt ihr das, ihr geht an ein Konzert von eurem Lieblingsmusiker und könnt nachher nicht einschlafen, weil ihr so viele Eindrücke habt, die ihr verarbeiten wollt? Genau so ist es mir am 12. Dezember ergangen. Die Norwegerin Maria Mena, war zu Gast im legendären Amsterdamer Paradiso. Für «Bäckstage auf Achse» bin ich nach Holland gereist, um Maria zu fotografieren. Das Konzert war aber zusätzlich speziell, weil Maria Mena das Paradiso bereits zum 10. Mal ausverkauft hatte. Dafür bekam sie zur Erinnerung vom Paradiso einen Award.

 

Wenn Maria Mena auftritt, ist das Publikum oft international. So waren nach neben Holländern, Schweizern, ein paar Leuten aus Deutschland und sogar ein paar Mädels aus Schweden nach Amsterdam gereist. Wieso diese auch bei eisiger Kälte schon lange vor Türöffnung vor dem Club standen, zeigte sich als Maria persönlich vorbeischaute. «Ihr müsst nicht hier schon warten, es ist viel zu kalt. Ich gehe jetzt erstmal etwas essen. Geht euch aufwärmen.» Niemand hat aber seinen Platz verlassen, man wollte doch in der ersten Reihe stehen.

 

«Home for Christmas» als Motto des Abends 

 

Zweieinhalb Stunden später steht Maria barfuss auf der Bühne, begleitet von vier Musikern, drei davon gehören schon sehr lange zu ihrer Band. Das Motto des Abends ist «Home for Christmas», wie ein Songtitel, der extra für einen Film geschrieben wurde. Maria erklärt dann auch: «Es ist eine andere Art von Weihnachtskonzert. Aber ich kann keine Weihnachtslieder singen, weil ich nicht weiss, ob Rudolfs Nase wirklich rot ist.» Aber tatsächlich hat Maria nur diesen einen Song zum Thema Weihnachten im Repertoire, der ist allerdings in Norwegen sehr beliebt und sie kann ihn regelmässig live im Radio singen, wenn es langsam auf Weihnachten zugeht. 

 

Sie beginnt das Set aber mit «Homeless» aus dem Album «Viktoria». Auch «You’re the only one» darf natürlich nicht fehlen, schliesslich ist das neben «Just Hold Me» einer ihrer bekanntesten Songs.

 

Warum war denn das Konzert im Paradiso für mich wichtig? Meistens, wenn Maria kein neues Album hat, macht sie eine Herbsttour in Norwegen und einen Abstecher nach Holland, um neue Songs live zu testen. Darum hat sich die Reise nach Amsterdam gelohnt. Zudem bot sich so eine Gelegenheit, um alte Freunde wieder zu sehen und gespannt denn neuen Songs zuzuhören. Maria Mena enttäuscht nicht und spielt zwei neue Songs. Einer heisst «I can’t let him win». Maria hat sich vor drei Jahren nach 2-jähriger Ehe von ihrem langjährigem Partner scheiden lassen. Ihr letztes Album «Growing Pains», das im Jahr 2015 veröffentlicht wurde, handelte mehrheitlich von dieser Trennung und von ihren Gefühlen. Es ist ein sehr trauriges und schwieriges Album, wahrscheinlich besonders für sie. Darum ist der Titel des neuen Songs sicher eine gute Art, damit abzuschliessen.

 

Fotos: © Sandra Rohrer. Mehr Fotos auf sandrarohrerphotography.com

 

Bevor Maria «Just Hold Me» anstimmt, fragt sie ins Publikum. «Wer war auch dabei, als ich das erstmal hier im Paradiso, im kleinen Saal gespielt habe?» Ein Mann meldete sich und sie meint lächelnd: «Welcome back». Maria sagt weiter: «Es ist so schön, zu sehen wie ihr mit mir gewachsen und gross geworden seid.» Da richtet sie ihren Blick auf ein Mädchen in der ersten Reihe und meint: «Du hast so viele verschiedene Haarfarben gehabt in denn letzten Jahren. Ich erinnere mich gerade an rot.» Das Mädchen lacht und wird rot, wohl weil Maria sich an so was wie ihre Haare erinnern kann. Und dann stimmt sie den Song an. Das Publikum in Amsterdam ist bekannt für seine Warmherzigkeit und Freude. Die Menschen singen lauthals mit, Maria müsste den Song eigentlich gar nicht singen. Nach diesem «alten» Song steht ein speziell schöner auf der Setlist.

 

Bestimmt haben viele Konzertbesucher die Anschläge in Oslo noch im Hinterkopf. Maria wurde damals gebeten, dem alten Song «Mitt Little Land» (Mein Kleines Land) ein neues Gewand zu geben, um damit der norwegischen Bevölkerung neue Kraft zu geben. Diesen Song singt sie praktisch nie ausserhalb Norwegens, doch an diesem Abend darf er nicht fehlen. Auch wenn wahrscheinlich fast niemand die Worte versteht, es rührt doch zu Tränen, weil wohl die meisten Fans mit ihren Herzen und beim Song immer an diesen schrecklichen Tag denken müssen. Sehr berührend auch für mich. Selbst ich, habe diesen Song noch nie Live gehört, meine Augen füllen sich mit Tränen.

 

Nachdem Song meint Maria, sie habe in Norwegen noch Konzerte gespielt. Die seien ein bisschen anders gewesen, mehr norwegisch. Sie hätte ein paar Fans, die auch in Oslo waren, gefragt, wie es ihnen gefallen hätte und sie meinten: «Naja, es war halt anders». Genau diese Fans stehen im Paradiso einsam und wie Weihnachtsbäume verkleidet in der ersten Reihe. Der eine Typ, mit grünem Lichterpulli und Tannenkranz auf dem Kopf, wie auch die zwei Mädels neben ihm. Soll wohl lustig sein?

 

 

Durch Maria Mena zur Liebe gefunden

 

Nach 15 Songs ist erstmal Schluss. Aus die Maus? Zumindest denkt das wohl der Fotograf in der ersten Reihe und verlässt seinen Platz. Aber die meisten sind nicht zum ersten Mal auf einem Konzert und wissen: Maria kommt nochmal, denn da fehlt noch was.

 

«Growing Pains», «Home for Christmas» und als letztes Highlight nochmal ein neuer Song: «The Silence» bilden die Zugaben. Maria meint zum Song: «Letztes Jahr, in der Weihnachtszeit, wollte ein Freund unbedingt mit mir in die Kirche gehen. Ich ging dann mit ihm mit. Es war schön. Doch das war nicht der Punkt. Danach ging er zu seiner Familie und feierte Weihnachten. Und ich ging ganz alleine heim. Tatsache ist, diesen Song hab ich geschrieben, weil es doch schöner ist, gemeinsam Dinge zu teilen. Darum gibt es diesen Song.»

 

Der Song bildet einen schönen Abschluss. Auch weil in der ersten Reihe zwei Mädels stehen, die sich durch Maria Mena kennengelernt haben, sich verliebten und mittlerweile verlobt sind. Das Schwierige an dieser Geschichte ist, dass eine aus Holland stammt und die andere aus der Schweiz. Trotzdem hält diese Liebe und auch Maria kennt die Story. Beim neuen Song geht sie auf die beiden Mädels zu und hält ihre Hände für ein paar Sekunden. Eine schönere Geste könnte man sich zum Abschluss wohl nicht wünschen und darum ist «The Silence» der perfekte Song, um dieses besondere Konzert nach 90 Minuten zu beenden.

 

Die letzten Worte Marias sind noch: «Paradiso, kommt ihr nächstes Jahr wieder?» Die Fans sind aus dem Häuschen. Und Maria meint: «Dann sehen wir uns nächstes Jahr hier wieder.»

 

Viele glückliche, tränenüberströmte und lächelnde Gesichter leuchten im Saal, als die Lichter angehen. Einige Zuschauer fallen sich noch in die Arme vor Rührung. Andere reden über das Erlebte und über das Konzert. Der Saal leert sich langsam, obwohl es erst Dienstagabend ist. Draussen vor den Türen stehen ein paar Fans und hoffen, dass Maria noch Autogramme gibt. Was eigentlich fast wie eine Tradition ist, wenn sie im Paradiso spielt. Kurz erscheint sie später und ein paar wenige Fans machen Fotos oder sprechen kurz mit ihr. Doch die meisten haben sie verpasst.

 

Maria ist wieder so, wie sie war. Voller Power und Freude an ihrem Beruf. Sichtlich glücklich steht sie auf der Bühne, viel Rührung ist in ihren Augen zu sehen. Als Beobachterin ihrer Karriere, freut mich sehr, dass sie den Weg zu sich wieder gefunden hat. Danke für einen wundervollen Abend. Hoffentlich sind die zwei neuen Songs auf ihrem Album, das laut Gerüchten nächstes Jahr erscheinen sollte.                                                                                                           

 

Sandra Rohrer / Fr, 15. Dez 2017