OK KIDs Leben hat wieder Gin

CD-Kritik: Zwei von OK KID
Bildquelle: 
Sony Music

Die Musik von OK KID ist wie ein Cocktail. Manchmal braucht man ihn, um sich nach einem langen Tag zu entspannen. An anderen Tagen, um erst richtig in Fahrt zu kommen. 

 

Ehrlich gesagt, weiss ich nicht so genau, wo ich Anfangen soll, denn «Zwei», oder auch eine Hand, die Zeige- und Mittelfinger zu einem Peace-Zeichen hebt, hat die Erwartungen bei weitem übertroffen. «Frieden oder Mittelfinger. Zu- oder Abneigung. Den zweiten, den Zeigefinger, den schneiden wir einfach ab. Niemand braucht den Zeigefinger. OK KID auch nicht.» Das schreibt die Band bei Twitter über das Cover. 
Als vor zwei Monaten die zweite Single mit dem Namen «Bombay Calling» veröffentlicht wurde, war klar, das da was Grosses auf uns zu kommt. Mit viel Gin. Gin? Ja, Gin. Denn mit Bombay ist nichts anderes gemeint als der «Bombay Sapphire London Dry Gin» in der markanten blauen Flasche. Die Drei-Mann-Band spielt schon auf dem Debüt von 2013 und der «Grundlos»-EP, welche im Juni 2014 veröffentlicht wurde, immer wieder auf Gin an. Dazu gibt es mehrere Wortspielen wie «Simsalagin», «Ich hör nicht auf den Bauch, ich vertrau‘ dem sechsten Gin» oder «Heute Nacht hat mein Leben wieder Gin». Doch es dreht sich nicht alles nur um Alkohol. 

 

Ekelhafte Doppelmoral

 

Bei «Gute Menschen» geht es um, naja, nicht so gute Menschen. Das Lied ist entgegen des Titels eher gesellschaftskritisch. Etwa heisst es darin, dass gute Menschen da sind für kranke Menschen, denn auch schwule kann man heilen. Es geht um die ekelhaft Doppelmoral, die sich bei vielen vor allem bei Themen wie Einwanderung und Homosexualität zeigt, wie das Trio selber sagt. OK KID sind keine Band, die sich bei jeder Gelegenheit zu politischen Themen äussert oder sie dann gleich in Songs verpackt, doch dieses Mal musste es sein. Und sie haben es mit Bravour gemeistert. 


 

«Zwei» fängt mit «Blüte dieser Zeit» an, der handelt von der Jugend, von der Zeit, bevor sie sechzehn wurden und der Sechzehntage-Bart noch nicht in Mode war. Dieses Stück erinnert am meisten an die Lieder auf dem ersten Album, hat aber doch etwas Neues, Frisches. Die Frische und auch dieses «Anderssein», auch mal auszuprobieren, haben sie sich getraut. Etwa bei «5. Rad am Wagen» mit dem deutschen Rapper Megaloh. Der Hip Hop ist präsenter als sonst und bringt Abwechslung in die Albumabfolge. Und live würde das sicher auch sehr gut ankommen. Bei «Zwei» hat sich jedoch etwas Grundlegendes geändert. Denn OK KID sind jetzt auch KID OK. Wie? Was? Wo? Ja, die Band ist jetzt sozusagen zwei Bands. 

 

Die Jungs lieben ihre eigene Musik. Sehr sogar. Deswegen haben sie bereits veröffentlichte Lieder mit noch elektronischeren Beats verändert. Gleicher Text. Gleiche Band. Fast gleiches Lied, aber mit erhöhtem Eskalations-Modus bei Konzerten. Kann man sich auch anhören bei der Deluxe Version des Albums. Mit «Ich Kann Alles» wurde ein radiotauglichen Song geliefert, der mir persönlich erst nach ein paar mal Hören so richtig gefallen hat. Doch vielleicht lag es auch daran, dass das Musikvideo irgendwie nicht dazu passt. «Ich Kann Alles» hat Ohrwurmpotential und war ausserdem die dritte Singleauskopplung vor der Veröffentlichung von «Zwei». 


 

 

Abschluss der «Kaffee warm»-Trilogie

 

Jonas Schubert, der Sänger, glänzt nicht unbedingt durch ein unglaubliches Stimmorgan, sondern durch sein starkes Songwriting. So hat er mit «Kaffee warm 3» einen wunderschönen Abschluss der «Kaffee warm»-Trilogie kreiert. Er zeigt sich selbstreflektierend, merkt, dass seine Mühen (den Kaffee warm zu halten für die Frau seiner Träume, die nicht zu ihm zurückkommt) sich nicht mehr lohnen und nennt sich Idiot. 


 

Drei Jahre haben sich Jonas Schubert, Raffael Kühle am Schlagzeug und Moritz Rech am Keyboard Zeit gelassen. Und in dieser Zeit ist viel passiert, doch das soll nicht heissen, das die Drei sich nicht treu geblieben sind. Sie haben sich, zum Glück, nicht neu erfunden, sondern weiter entwickelt.

 

 

Die Lieder von OK KID sind unbeschwert und gleichzeitig regen sie zum nachdenken an. Die Band überzeugt mit (un)gewollten Wortspielen über alltägliche Dinge. 


OK KID - «Bombay Calling»

 

  • Band: OK KID
  • Album: Zwei
  • Gerne: Deutschsprachiger Hip Hop
  • Veröffentlichung: 8. April 2016
  • Infos zur Band: OK KID

 

 

 

Pascale Stöckli / Mo, 09. Mai 2016