Im Rhythmus des Lebens

DVD-Kritik: Oliver und Co.
Bildquelle: 
Disney Films

Das kleine Kätzchen Oliver irrt durch die Strassen von New York. Geschüttelt von Angst und getrieben von Neugier. So trifft Oliver auf den Streuner Dodger und gemeinsam klauen sie Hot Dogs. Doch Dodger spielt unfair und schnappt sich sämtliche Würste. Oliver hingegen lässt sich das nicht bieten und verfolgt Dodger. Beim Anschleichen fällt Oliver durch ein Oberlicht direkt vor die Füsse von Dodger und seiner Bande. Die bunt zusammen gewürfelte Hundeschar nimmt Oliver ohne grossen Widerstand bei sich auf. Die Hunde leben in der abgewrackten Bude von Fagin, einem gutmütigen, aber etwas naiven Menschen. Er hat Schulden beim Gauner Sykes. Und die Hunde helfen ihm als Diebesbande – wie bei «Oliver Twist» – zu Geld zu kommen. Doch eine Aktion läuft schief und Oliver bleibt in einem teuren Auto gefangen. 

 

Dort findet ihn Jenny, die Tochter des Besitzers. Sie nimmt das Fellknäuel mit nach Hause und kümmert sich liebevoll um Oliver. In der Zwischenzeit planen Dodger und seine Bande die Rettung von Oliver, der sich eigentlich recht wohl bei Jenny fühlt. Wieder im Versteck entdeckt Fagin die edle Marke um Olivers Hals und beschliesst Lösegeld zu fordern. Als aber die kleine Jenny alleine am Treffpunkt auftaucht, bringt es der Hobbygauner nicht über das Herz, sie ohne Oliver ziehen zu lassen. Der böse Sykes beobachtet alles und entführt jetzt seinerseits Jenny, um ihre Eltern zu erpressen. Das können die Hunde nicht zulassen. 

 

Tribut an Dickens und eine Stadt 

 

Der bekannteste Zeichentrickfilm aus dem Hause Disney ist «Oliver & Co.» sicher nicht, dabei gäbe es in der von Charles Dickens «Oliver Twist“ inspirierten Geschichte so viele liebevolle Details. Angefangen beim Jane-Fonda-Aerobic-Gedächntis-Outfit von Chihuahua Tito über die mit Starallüren gepuderte Hündin von Jenny bis zu den juwelenberingten Händen des Klischee-Verbrechers. Und ganz kurz und nur als Facette im musikalischen Kosmos versteckt, findet sich eine Referenz an das eigene Werk, nämlich an «Schneewittchen». Dass der Wink über die Musik stattfindet, wundert gleich in doppelter Hinsicht nicht. Erstens sind Disneys Zeichentrickfilme ja per se immer voller Musik und zweitens ist «Oliver & Co.» ein von Soul geprägtes und pulsierendes Kleinod. 

 

Wenn Dodger New York mit «Diese Stadt hat den Beat» umschreibt, trifft er ins Schwarze. Denn im Film bebt die Stadt, die niemals schläft, und das Leben ihn ihr förmlich und Musik ist im ganzen Film. Neben der Geschichte gelingt es dem Film, eine Ode an das Leben in New York zu kreieren und dabei gleichzeitig Dickens Tribut zu zollen. Der Film wurde 1988 in die Kinos gebracht, also in einer Zeit, in der von 9/11 noch nicht mal im Ansatz etwas zu spüren war und doch strahlt der Film mit dem heutigen zeitgeistigen Kontext nochmals mehr Hoffnung aus. New York wird als bewusst grob gestaltete Szenerie eingeführt, mit dem anonymen Charme einer Grossstadt, herbe Pinselstriche dominieren die Hintergründe und verschmelzen doch mit den gewohnt liebevoll belebten Figuren, die überdies auf einander aufpassen wie eine Familie. Dieses Zusammenspiel macht zusammen mit der ergreifenden Musik «Oliver & Co.» zu einem Genuss für Gross und Klein. Es wurde auch langsam Zeit, dass der zu Unrecht etwas aus dem Fokus geratene Film auf Blu-Ray gepresst wird und in seiner vollen Pracht scheinen darf.

 

  • Oliver & Co. (USA 1988)
  • Regie: George Scribner
  • Laufzeit: 70 Minuten
  • : Ab sofort im Handel
Patrick Holenstein / Di, 28. Jan 2014