The Voice of Switzerland - Quo vadis?
Nun ist sie durch, die über zehn Millionen teure Castingshow, die eben «ein wenig anders» sein soll. Nicole Bernegger ist «The Voice of Switzerland». Durchgesetzt hat sich also (absolut verdient) eine Favoritin, und so bleibt auch die dritte und letzte Finalshow das, was sich seit längerem abzeichnete: ohne Überraschungen und spontane Wendungen. Dem Sieg von Stimmwunder Nicole ist nichts hinzuzufügen. Die Baselbieterin zeigte durchs Band grossartige Performances und eine grosse Stimmgewalt. Über ihr Privatleben berichten nun ebenfalls bereits die üblichen Verdächtigen.
Doch wohin des Weges, «The Voice of Switzerland»? Man spricht beim SRF von einer äusserst erfolgreichen Show – genaue Zuschauerzahlen fehlen aber. Das neue Messsystem hat nicht richtig funktioniert. Göttliche Fügung oder irgendwo noch ein wenig Kalkül? Die Medien jedenfalls beteiligten sich allesamt freundlich an der Berichterstattung, wirkliche Luftsprünge machte aber kaum einer der berichtenden Journalisten.
Blicken wir zurück. Da waren vier Juroren. Allesamt erfolgreiche Musiker. Marc Sway ist einfach ein Charmebolzen, aber ein sehr sympathischer. Stress zeichnete sich nicht durch musikalisches Fachwissen aus, am meisten Sympathie erzeugte er mit seinem französischen Akzent beim Versuch, Mundart zu reden. Das ist nicht abwertend gemeint, für alle, die hier eine Spitze vermuten. Dann war da Stefanie Heinzmann. Die quirlige in der Jury, unentschlossen und mit Nesthäkchen- und vor allem Walliser-Bonus. Und zu guter Letzt Philipp Fankhauser. Der gestandene Blueser, immer äusserst charmant, kompetent und sprachgewandt. Er hätte mit seiner feinen und respektvollen Ausdrucksweise das Zeug dazu gehabt, der Show ein wenig Würze zu verleihen. Sie blieb aber leider fad. Denn trotz der Tatsache, dass die vier sympathische und tolle Musiker sind, im «The Voice of Switzerland»-Kochtopf konnten sie ihr Geschmacksbouquet nicht gemeinsam entfalten. Philipp Fankhauser setzte ab und zu zu einer spitzen Bemerkung an – allerdings eher in Richtung Sven Epiney, wie es erschien. Ansonsten hatten sich alle lieb, blieben nett und scheuten sich auch bei den Kandidaten vor ehrlich-harter Kritik. Denn sind wir ehrlich: auch auf hohem Niveau kann man kritisieren.
Die Coaches performen gemeinsam «Diggin‘ in the Dirt» (Bild: http://thevoice.srf.ch)
Vielleicht ist es die schweizerische Bescheidenheit, die der Show den Dampf genommen hat. Gehört es nicht zu unserer Mentalität, dass wir lieber nett sind, als den anderen zu sticheln oder ihm auch mal etwas Ungemütliches zu sagen? Genau von solchen Momenten lebt aber so eine TV-Unterhaltungskiste. Es geht nicht um niveaulose und verletzende Kritik à la «Deutschland sucht den Superstar». Aber um ein wenig mehr Pfeffer. Darum, dass sich die Jurymitglieder gegenseitig aufziehen. In Deutschland funktioniert dies jedenfalls ganz gut.
Zurück bleibt trotzdem ein fader Geschmack. Die Show ist fertig und in den Köpfen der Zuschauer bald vergessen. Ob Nicole Bernegger tatsächlich den «Durchbruch» schafft, bleibt fraglich. Bisher blieb Castingshow-Gewinner hierzulande der Erfolg mehrheitlich verwehrt. Wieviel diese Show der Musikszene bringt, bleibt ebenfalls fraglich. Denn trotz des hohen Anspruchs und des hohen Niveaus, bleibt es eine ganz normale Castingshow. Um den kometenhaften Aufstieg eines Nobodys, der das schnelle Geld in die Kassen der maroden Plattenfirmen spülen soll. Und dass dies vor allem im kleinen Musikmarkt Schweiz nicht funktionieren kann, das wurde bereits mehrmals bewiesen. Ob eine zweite Ausführung von «The Voice of Switzerland» der Show mehr Glanz verleihen kann, ist zu bezweifeln. «The Voice of Switzerland», quo vadis? Wir sind gespannt…