«Texten ist eine sehr intime Arbeit»

Interview: Marc Sway
Bildquelle: 
marcsway.ch

Du hast 2011 schon mal am Zermatt Unplugged gespielt und wirst am 28.12. an der Eröffnungsshow spielen. Welche Bedeutung hat das Zermatt Unplugged für dich?

Marc Sway: Ich fand es schon 2011 besonders schön, dort zu spielen. Dort geben sich sehr gute Künstler die Klinke in die Hand und Zermatt ist wie eine eigene, kleine Welt. Ich fühle mich sehr geehrt, darf ich nochmals im «Vernissage» auftreten.

 

Was ist die Herausforderung, wenn du deine Songs unplugged spielen musst?

Marc Sway: So anders wird das nicht, da «Soul Circus» sowieso schon sehr erdig aufgenommen wurde. Nur für unseren Bassisten wird es wohl nicht ganz einfach, da er alle Stücke auf dem Kontrabass spielen muss.

 

Die Texte für dein neues Album entstanden in Zusammenarbeit mit Sekou Neblett (von Freundeskreis).

Marc Sway: Für das Texten gilt: Man muss sehr viel Vertrauen zu der Person haben, die mit einem zusammenarbeitet. Texten ist eine sehr intime Arbeit. Der grösste Teil des Tages besteht aus Gesprächen - man redet über Gott und die Welt. Sekou und ich haben oft erst abends mit dem Schreiben angefangen, dafür waren wir dann sehr effizient. Der Weg bis zum fertigen Text ist meist sehr steinig und beschwerlich. Mit einem guten Freund an seiner Seite ist diese Strecke einfacher zu bewältigen. Sekou und ich haben uns das erste Mal während meiner Arbeit an meinem Album «One Way» getroffen. Das nächste Album «Tuesday Songs» haben wir dann bereits komplett gemeinsam geschrieben. «Soul Circus» war unsere zweite Zusammenarbeit – wir sind mittlerweile ein eingespieltes Team und dicke Freunde.

 

Du bist ab Januar in der Jury von „The Voice of Switzerland“. Was hältst du von Talentshows?

Marc Sway: Das ist ein schwieriges Thema. Ich war bis Dato kein grosser Fan von Talentshows. Das hat sich aber geändert, als ich «The Voice of Germany» geschaut habe. Ich war fasziniert von der Qualität der Stimmen, die da zu hören waren. Das ist mal ein Format, in dem es nicht darum geht, Leute blosszustellen, sondern nur, die wirklich guten Stimmen zu suchen. Als ich angefragt wurde, ob ich in der Jury sein möchte, habe ich sofort zugesagt. Ich möchte gerne ein Teil von dieser Show sein.

 

Was ist an «The Voice of Switzerland» anders als zum Beispiel an «Music Star»? Die Gewinner haben ja meist nicht wirklich Erfolg.

Marc Sway: Das kann ich nicht abschliessend beantworten. Am Ende muss immer alles stimmen. Wäre erfolgreich sein so einfach, gäbe es viel mehr bekannte Sänger und Sängerinnen, die sich über Jahre halten könnten. Die Person, die gewinnt, muss nicht nur eine herausragende Stimme haben, sondern auch eine musikalische Identität finden. Dieses Gesamtkonstrukt macht vielleicht gerade den Unterschied aus zwischen nur einem Sänger und einem richtigen Künstler. Ich weiss nicht, ob der Gewinner von «The Voice of Switzerland» all das mitbringen oder finden wird. Aber was ich garantieren kann: Wir werden Stimmen hören, die wirklich beeindrucken. Wir vier Coaches standen teils mit offenen Mündern da und haben gedacht: «Wow, so viele tolle Stimmen - und das in unserem kleinen Land.» Überhaupt habe ich gemerkt, dass wir Schweizer uns wahnsinnig gerne wahnsinnig klein machen. Gewiss, wir sind ein kleines Land, aber ich habe mit Leuten gesprochen, die «The Voice of Germany» oder «The Voice of Israel» produziert haben. Sie zeigten sich überrascht über den stimmlich gesehen qualitativ hohen Standard, den wir hier haben.

 

Hättest du dir gewünscht, dass es solche Formate gegeben hätte, als du jung warst?

Marc Sway: Ja, ich glaube «The Voice» wäre die absolut erste Sendung, bei der ich als damals knapp 20-jähriger mitgemacht hätte. Das bestätigen mir übrigens auch Musikerkollegen. Sie schauen alle gerne «The Voice». Keiner von denen würde aber «Deutschland sucht den Superstar» gucken.

 

Du produzierst oft auch für andere Musiker. Was machst du lieber: Für andere zu produzieren oder für dich selber?

Marc Sway: Mir gefällt beides. Manchmal ist es leichter, für andere Musik zu schreiben als für mich selbst. Schreibe ich für mich, habe ich die Tendenz, zu viel nachzudenken. Ich überlege mir dann fast zu genau, in welche Richtung der Text gehen soll. Beim Schreiben für andere habe ich eine gewisse Frische, die ich leichter transportieren kann. Ich gebe mir immer grosse Mühe, einen tollen Song zu machen. Manchmal tut es dann auch weh, sich von diesen Nummern zu trennen. Ich glaube, das ist wie bei einem Maler, der seine Bilder verkaufen muss. Aber natürlich gehört das dazu.

 

Du schreibst sehr persönliche Songs. Wie machst du das, wenn du für andere schreibst?

Marc Sway: Texte ich für jemand anderen, versuche ich mich, in seine Welt hineinzuversetzen. In meinen Songs schreibe ich persönlicher. Ich habe zum Beispiel «Dein Engel» als Tauflied geschrieben. Dieser Song wird aber heute häufig an Beerdigungen gespielt. Das zeigt, dass ich die Interpretation eines Stückes nicht wirklich beeinflussen kann. Die Menschen wollen Lieder, in denen sie sich selber wierderfinden können. «Dein Engel» hat die Textpassage «du wirst mich nie mit deinen Augen, sondern nur mit deinem Herzen sehen.» - für ganz viele Leute ist das ein Indiz dafür, dass da jemand gestorben ist und sich der Künstler genau das beim Schreiben gedacht haben muss. Ich lasse das dann auch einfach so stehen. Denn meine Songs sollen für jeden wenigstens für einen Moment seines Lebens seine eigene Geschichte sein.

 

 Du hast 2010 den Support für Whitney Houston gespielt. Wie hast du sie erlebt?

Marc Sway: Sie hatte eine schwere Lungenentzündung und wurde von der Presse komplett zerrissen. Ich habe sehr bedauert, dass sie nie gesagt hat, wie schlecht es ihr ging. Aber Whitney war eben eine grosse Souldiva – durch und durch Profi. Sie ging raus und machte ihre Show, so gut es ging. Damals ist aber auch eine sehr schöne Freundschaft zwischen Whitneys Background-Sängerin Charlotte Gibson und unserer Band entstanden. Charlotte war über 10 Jahre an Whitneys Seite und sie ist die fantastischste Backgroundsängerin, die ich kenne. Charlotte hat auf «Soul Circurs» sämtliche Backing Vocals eingesungen. Sie sagte mir erst viel später, dass Whitney unseren Soundcheck gehört hätte und dazu meinte: «I love this kind of music.» Das hat mich unglaublich gefreut.

Linda von Euw / Di, 11. Dez 2012