Heiss, heisser, INmusic-Festival

«bäckstage auf Achse»: INmusic in Zagreb
Bildquelle: 
www.inmusicfestival.com / © Vedran Metelko

Nach einer kurzen Nacht mit wenig Schlaf - dem Konzert von Placebo am Vorabend in der Härterei sei Dank - machte ich mich frühmorgens auf den Weg nach Bern-Belp und von dort weiter Richtung Kroatien. Auf dem kleinen Flughafen geht das Einchecken extrem schnell und ist eher mit Warten auf einen Bus zu vergleichen, als mit den Sicherheitskontrollen für einen Flug. Um 11.25 startet die Maschine der Airline Sky Works nach Rijeka an der kroatischen Küste. Eine sympathische Flight Attendant macht die Ansage auf Walliserdeutsch und nachdem der Pilot die rund 15 Personen im Flieger begrüsst und den Co-Piloten nach seinem Namen gefragt hat, geht die Reise los. Meine Reiselektüre ist die BernerZeitung und etwas verwundert bin ich, als ich einen ganzseitigen Reisebericht zu Zagreb sehe, das auch mein Ziel für das Wochenende ist. Nach rund eineinhalb Stunden angenehmen Flugs komme ich auf dem Flughafen von Rijeka an. Der Flughafen liegt auf der Insel Krk und ist selbst auch nicht grösser, als der Flughafen Bern-Belp. Drei Stunden später liegt die Busfahrt von Rijeka nach Zagreb hinter mit und ich freue mich auf das INmusic-Festival. Dieses hat bereits Tags zuvor gestartet. Am ersten Tag für mich sollten der britische Musiker Plan B und das Gorillaz Sound System auftreten. Plan B musste jedoch seinen Auftritt absagen, infolge einer Grippenerkrankung.

 

Dry The River auf der Bühne. (© Vedran Metelko)

 

Endlich auf dem INmusic-Festival angekommen, erstaunt mich das überaus schöne Gelände, direkt am Ufer eines Sees. Die Veranstalter haben das ganze Areal liebevoll geschmückt und sogar  Laternen wurden mit verschiedenen Utensilien verziert. Zuerst habe ich mir die psychedelischen Archie Bronson Outfit angeschaut. Anschliessend spielen Dry The River auf der kleineren Nebenbühne. Mit «No Rest» starten sie in eine zauberhafte und emotionsgeladene Show. Es handelt sich um den ersten Auftritt der Briten in Kroatien, jedoch nicht um ihren ersten Besuch in der kroatischen Republik - der Sänger Peter Liddle hat nach eigenen Angaben sogar dort studiert. Die Magie des Dry The River-Auftritts wird kurzfristig durch den Gipsy-Sound von Gogol Bordello gestört, welche auf der Hauptbühne gleich nebenan ihr Konzert starten. Jedoch übertönen Dry The River sie schnell wieder. Die Stimme des Sängers ist live noch besser und intensiver, als auf Platte. Mit dem Song «Lion’s Den» steigern sich Dry The River schrittweise und brachen gegen Ende komplett aus. So muss sich ein musikalischer Orgasmus wohl anhören. Ein wahrhaft grossartiger Auftritt geht zu Ende und man kann sich sicher sein, dass man von dieser Band noch einiges hören wird in Zukunft!

 

Love Will Tear Us Apart

 

Gleich im Anschluss spielen New Order auf der Hauptbühne. Ursprünglich sollten an diesem Abend The Cranberries als Headliner auftreten, diese haben jedoch kurzfristig ihre komplette Sommertournee abgesagt und mit New Order konnten die Veranstalter kurzfristig einen würdigen Ersatz auftreiben. Wie bereits am Wochenende zuvor am Southside-Festival beeindrucken New Order mit einer imposanten Video Show. Natürlich dürfen ihre Hits nicht fehlen, und so spielen sie neben «Blue Monday» mit «Love Will Tear Us Apart» und «Isolation» auch zwei Songs aus jenen Zeiten, als sie noch Joy Division hiessen.

 

              New Order sprangen kurzfristig für The Cranberries

              ein. (© Silvijo Selman)

 

Am zweiten Tag besichtigte ich die Stadt Zagreb. Obwohl es sich bei der kroatischen Hauptstadt um eine Millionenstadt handelt, sind die meisten Sehenswürdigkeiten im Stadtzentrum einfach zu Fuss erreichbar. Sehr zu empfehlen ist die Oberstadt (Gornji Grad), welche viele schöne Bauten bietet. Bei der herrschenden Hitze zieht es mich jedoch schnell in einen der vielen Parks in Zagreb - und zwar zum Maksimir Park, wo sich auch der Zoo befindet.

 

Retro Stefson mixen wild

 

Gegen Abend mache ich mich wieder auf den Weg zum künstlich angelegten Jarun See am Stadtrand Zagrebs, wo das INmusic-Festival stattfindet. Die Temperaturen sind auch an diesem Tag fast unerträglich bei nahezu 40 Grad im Schatten. Es ist deshalb kein Wunder, dass das Festival in erster Linie Abends stattfindet. Tagsüber wäre es schlichtweg zu heiss. Auf der Hauptbühne spielen Retro Stefson, eine sehr junge isländische Band. Jeder ihrer Songs widmet sich einem anderen Stil. So spielen sie sich während den rund eineinhalb Stunden zwischen Disco, Twist, House, afrikanischer Musik und Breakdance hin und her. Durch die coole Show animieren sie die Leute bereits früh zum feiern.

 

Die begeseisterte Menge in Zagreb. (© Silvijo Selman)

 

Ein erstes Highlight des zweiten Tages sind die Schweden von Mando Diao. Bereits früh warten zahlreiche - vorwiegend weibliche Fans - vor der Bühne. Mit einer rund zehnminütigen Verspätung starten Mando Diao mit «God Knows» ins Set. «We have been waiting for this concert for ten years» - erzählte der eine Frontmann, Gustaf Erik Norén, bei der ersten Ansage. Es handelt sich tatsächlich um den ersten Auftritt der Schweden in Kroatien. Vor rund drei Jahren sollte das erste Konzert in Zagreb stattfinden, dies wurde jedoch aufgrund einer Verletzung von Gustaf abgesagt. Tags zuvor spielten die beiden Frontsänger noch am Open Air St. Gallen mit ihrem Nebenprojekt Caligola. So konnte man auf einer Box sogar noch das Caligola-Logo sehen.

 

«Croatia you are fucking beautiful!»

 

In der Schweiz kam man in den letzten Jahren nicht um diese Band herum, da sie bei den meisten grösseren Festivals allgegenwärtig ist. So ist es etwas sehr Spezielles, Zeuge dieser Premiere zu werden und zu sehen, wie die Leute reagieren, wenn die Mehrheit sie zum ersten Mal sieht. Mando Diao sind ein Garant für gute Stimmung an Festivals - in Zagreb ist es nicht anders und so spielen sie sich in den rund 70 Minuten durch die meisten ihrer Hits. Mit «Croatia you are fucking beautiful!» verabschiedet sich die Band und man kann sicher sein, dass sie bald wieder nach Kroatien kommen werden. 

 

Mando Diao spielten das erste Mal überhaupt in Kroatien (© Silvijo Selman)

 

Als Nächstes ist es Zeit für den Headliner des Abends: Franz Ferdinand. Es ist bereits der dritte Auftritt der Schotten in der siebten Ausgabe des INmusic-Festivals. Da bald ein neues Album erscheinen wird, darf mit dem einen oder anderen neuen Song gerechnet werden. Bereits zum Opener «Michael» wurde bis in die hintersten Reihen getanzt und gefeiert. Und all diejenigen, welche neue Musik erwarten, werden gleich mit dem dritten Song befriedigt. Mit «Right Thoughts» schmeissen sie der Menge gleich einen ihrer neuen Tracks um die Ohren. Es sollten während den kommenden 80 Minuten noch drei weitere neue Songs gespielt werden, die in typischer Franz Ferdinand Manier sind. Man kann sich also bereits jetzt auf das kommende Album freuen. Nach einer Drum Session der ganzen Band am Schlagzeug, stimmte der Sänger Alex Kapranos zu «This Fire» ein. Es sollte das letzte Lied sein und  ohne Zugabe verlassen die Schotten anschliessend die Bühne. Die Party verlagerte sich danach in die zahlreichen Dance-Zelten  - oder auch in einen der vielen am Jarun See liegenden Clubs.

 

Tags darauf mache ich mich mit dem Nachtzug von der brütenden Hitze Zagrebs zurück in die regnerische Schweiz. Das INmusic-Festival zählt für viele Besucher zu den schönsten Festivals weltweit - dies kann ich nur bestätigen! Mit dem grossartigen Ambiente und der tollen Lage lässt es sich nur empfehlen, im kommenden Jahr einen Städtetrip nach Zagreb mit dem INmusic-Festival zu verbinden.

 

Bildquellen: Alle Bilder von www.inmusicfestival.ch

 
Hansjürg Stämpfli / Do, 05. Jul 2012