Lauter Festival feiert im Mai den 15. Geburtstag
Musik ist Leidenschaft, Euphorie, und sie bringt Menschen verschiedenster Couleur zusammen, wie im Fall des Lauter Kollektivs. Das Lauter Kollektiv ist als Verein in Zürich beheimatet, verbindet und vernetzt Menschen, will aber primär jungen Acts eine prominente Bühne ermöglichen. Dazu organisiert die erfahrene Gruppe nicht nur jedes Jahr das Lauter Festival – dieses Jahr am 5. & 6. Mai - in der Gessnerallee, sondern leistet mit einem professionellen Label sehr viel für das heimische Musikschaffen.
«Wir sehen das Festival als Leuchtturm im Kollektiv. Es bekommt am meisten Aufmerksamkeit», erklärt Raphael Weidmann, Leiter des Festival-OKs und Vereinspräsident. Einigkeit herrscht darüber, dass einmal jährlich das Lauter Festival organisiert werden muss. Diese Aufmerksamkeit ist innerhalb des Kollektivs entsprechend gross. Gleichzeitig bekommt das Festival medial am meisten Echo.
Der Leuchtturm im Kollektiv
Die Anfänge des Festivals liegen im Zürcher Seefeld und im Jahr 2009. Gitarrenlehrer und Musiker Janos Szenogrady bemerkte und motivierte dazu, dass im Seefeld immer mehr gemeinsam Musik gemacht wurde und diverse Bands entstanden. Nur die Möglichkeit zum Spielen fehlte. Also organisierte er im GZ Riesbach im Seefeld das erste Lauter Festival. Szenogrady war das Fördern junger Acts enorm wichtig und er hatte eine zündende Idee, die zum Kernanliegen wurde. Bekanntere Headliner buchen, um mehr Publikum anzulocken und so jungen Bands eine möglichst grosse Bühne zu bieten. Heute sei es nicht unbedingt so, dass sehr grosse Namen gebucht werden, erklärt Weidmann, «aber inzwischen ist bekannt, dass Acts, die am Lauter spielen, wahrscheinlich gut sind und sich das Reinhören lohnt.» Dieser hochwertige Ruf ist für das Festivals sehr wertvoll.
Die Idee funktionierte hervorragend und schon nach zwei Ausgaben zog das Festival in die Gessnerallee. Janos Szenogrady wollte rasch junge Leute nicht nur auf der Bühne spielen sehen, sondern sie auch bei der Organisation einbinden. Er übergab das OK fliessend seinem Sohn und drei Freunden. Bei der ersten eigenständig durchgeführten Ausgabe waren sie alle zwischen 15 und 16 Jahre alt. Damit wurde ein junges Publikum auf das Festival aufmerksam. Nicht zuletzt wegen der Gratiskultur. Das Festival kostet bis heute keinen Eintritt.
«Am Anfang war es ein Quartierfest. Manche Dinge sind bis heute geblieben und andere Aspekte sind stark gewachsen», führt Mia Nägeli aus. Sie ist in der Geschäftsleitung und koordiniert für das Festival als auch für das Kollektiv die Kommunikation. Sie meint damit, dass das Kollektiv aktiv bleibt und das Festival immer wieder hinterfragt. «Man hat stets ausprobiert. Etwa mit einer Spieldauer von drei Tagen experimentiert. So wurde harmonisch erkannt, was funktioniert», erklärt Mia. Was funktioniert hat, ist bis heute ein Teil des Festivals. «Man hat zwar nie alles über den Haufen geworfen, aber es war auch nie ein Festival gleich wie im Jahr davor», ergänzt Raphael Weidmann. Manchmal hat das Team erst später gemerkt, wo noch Bedarf besteht. Es ist vorgekommen, dass Leute beim Festival nach zwei, drei Stunden den Nordflügel noch nicht gefunden haben. «So merken wir, dass die Signaletik vielleicht zu verbessern wäre», betont Weidmannn lachend.
Mia Nägeli: «Mich beeindruckt oft, wie gut sich das Kollektiv gegenseitig unterstützt und fördert. Das ist gerade im Musikzirkus nicht selbstverständlich.»
Mit der Zeit haben sich Immer mehr Leute für das Festival interessiert, sind näher zusammengewachsen. Man hat sich vernetzt, weil in den verschiedenen Bands teils die gleichen Leute spielten. «So ist das Kollektiv entstanden, weil man immer wieder mit den gleichen Leuten zu tun hatte», betont Raphael Weidmann. Über die Jahre hat sich das Kollektiv als lebhaft erwiesen und veränderte sich laufend. In welche Richtung die Arbeit geht, hängt immer davon ab, welche Leute gerade aktiv sind. «Mich beeindruckt oft, wie gut sich das Kollektiv gegenseitig unterstützt und fördert. Das ist gerade im Musikzirkus nicht selbstverständlich», unterstreicht Mia diesen Aspekt.
Impression vom Lauter-Festival 2022. Auf der Bühne: Mischgewebe. (©Jonathan Labusch/Lauter)
Aber das Kollektiv bzw. das Festival erlebte auch schwierige Zeiten, stand kurz vor der Covid-Pandemie beinahe vor dem Aus. Im OK sassen damals noch zwei Leute. Also stand die Frage im Raum, ob Kapazität und Energie noch ausreichen, um das Festival zu organisieren. «Auf beide Fragen war die Antwort eigentlich Nein», erklärt Weidmann, «aber wir haben gemerkt, dass wir ja neue Leute einbinden können.» Ein Aufruf, in dem Leute für die Geschäftsleitung gesucht wurden, wurde auf Social Media beworben. Das Interesse war erfreulich gross und heute besteht das OK aus 15 Personen. Mia Nägeli ist so zum Kollektiv gestossen. «So konnten wir den Spass zurückfinden. Der Kollektivgedanke ist wieder da und die Gruppe ist viel diverser geworden. Das ist eine schöne Entwicklung», betont Raphael Weidmann. Zudem ist das Lauter Kollektiv jetzt offiziell gemeinnützig und somit steuerbefreit.
Raphael Weidmann: «Bei uns hat sich das Gefühl gesetzt, dass das Lauter Festival in der Gessnerallee zuhause ist. Diesen Gedanken finde ich schon schön.»
Das Line-up für die diesjährige Ausgabe steht. Das gesamte Programm gibt es auf lauter.ch und es bietet viele alte Bekannte. «Beispiel Till Ostendarp mit dem Skiclub Toggenburg, seinem Techno-Projekt. Er hat immer wieder mit unterschiedlichen Projekten bei uns gespielt», erklärt Raphael Weidmann. Oder Janos Mijnssen, Bassist bei Panda Lux und Faber, ist mit Lev Tigrovich dabei. Besonders spannend könnten Laurent und Max sein. «Es ist uns immer ein Anliegen, dass wir Max Kämmerling dabeihaben», sagt Weidmann. Max und Laurent kennt man als Duo und mit schweizerdeutschen Kinderliedern. «In diesem Jahr haben wir sie als Headliner gebucht und sie werden, in einer viel grösseren Formation spielen als sonst. Darauf freue ich mich sehr», betont Weidmann. Für Mia Nägeli ist dieser familiäre Gedanken besonders schön: «Da ist eine Handvoll Menschen, die sich sehr gut professionalisiert haben. Etwa Crimer oder Faber oder Steiner & Madleina, die früh im Lauter-Kontext unterwegs waren und daraus herausgewachsen sind, aber trotzdem noch mit dem Kollektiv auf die eine oder andere Art verbunden sind.»
Das Festival feiert mit der 15. Ausgabe ein Jubiläum. Ob das mehr Menschen anzieht, ist schwer abzuschätzen, weil das Lauter Festival keinen Eintritt kostet. «Wir haben jeweils circa 3000 – 4000 Leute. Das ist schon viel», erklärt Weidmann. Die Räume haben Kapazitäten von 400 und 800 Personen. Das heisst, bei 3000 Menschen sind die Räume schnell voll. Allerdings ist in diesem Jahr das Festival zentraler. «Wir haben bewusst auf die Gessnerallee fokussiert. Bespielt werden die Theaterhalle der Gessnerallee, der Nordflügel und der Stall 6 für die DJs in der Nacht», erläutert Mia Nägeli und führt weiter aus: «Ich fand es immer sehr schwierig, überhaupt noch ins El Lokal reinzukommen, wenn vor dem Eingang eine Traube aus Menschen steht. So ist alles viel kompakter.» Zudem ist die Kapazität grösser und erlaubt es, die Leute etwas besser zu steuern. «Es ist ein Experiment. Wir versuchen den Stall 6 nicht so vollzustopfen, wie er es bei den Headlinern oft war, sondern eine Art Auffangbecken zu bilden, wo man reden und ein Bier oder so trinken kann», ergänzt Raphael Weidmann.
Mia Nägeli ist in der Geschäftsleitung und leitet die Kommunikation für Festival und Lauter-Kollektiv. (©Jonathan Labusch/Lauter)
Über 15 Festivaljahre hinweg passiert natürlich viel. So musste bei einer der ersten Ausgaben der Headliner kurzfristig den Gig streichen, weil die Band sich zuvor bei einem Handstand gegenseitig die Nase gebrochen hat. Raphael Weidmann hat eine persönliche Geschichte. 2014 war er in Kanada und hat dort eine Band kennen- und schätzen gelernt. Als das Lauter gut etabliert war, eröffnete sich eine Gelegenheit. «Also haben wir diese Band gebucht und ihr den Auftritt anbieten können. Das war schon cool, dass wir die Chance hatten, jemanden über den Atlantik zu holen, weil uns die Musik gefällt», freut sich Weidmann. «Über solche Ereignisse haben wir 2019 das Buch «LauterJahre» geschrieben», unterstreicht Mia Nägeli.
Festival ist über die Jahre in gesundem Rahmen gewachsen
Das Kollektiv verfügt inzwischen über ein breites Netzwerk und kann fast alles selbstständig organisieren. Bei der Technik hilft die Gessnerallee aus. «Es entlastet uns, wenn wir viel von der Gessnerallee beziehen können. Wir haben zwar teilweise Technikerinnen und Techniker aus dem Lauter-Umfeld, aber wir dürfen das technische Equipment der Gessnerallee nutzen und die Gessnerallee richtet alles sehr professionell für uns ein», erklärt Weidmann. Durchgeführt wird das Festival ehrenamtlich und mit circa 80 Personen, die über das Festival hinweg im Einsatz sind. Rund 50 Schichten für Helferinnen und Helfer plus Technik und OK summieren sich jeweils. Dass dieser ehrenamtliche Gedanke so gut funktioniert, ist nicht selbstverständlich, zeigt aber auch, wie gross das Zugehörigkeitsgefühl im Lauter Kollektiv ist. Wie eine Art Familie. Das Festival ist über die Jahre in gesundem Rahmen gewachsen und konnte sich über die Jahre schön entfalten. Vermutlich steht es darum auf einem so soliden Fundament.
Der Leuchtturm strahlt also heute heller denn je. Raphael Weidmann schliesst mit den Worten: «Bei uns hat sich das Gefühl gesetzt, dass das Lauter Festival in der Gessnerallee zuhause ist. Diesen Gedanken finde ich schon schön.»
- Das Lauter-Festival findet am 5. & 6. Mai in der Zürcher Gessneralle statt.
- Der Eintritt ist kostenlos.
- Alle Infos bei lauter.ch.
* Dieser Artikel ist Teil einer Textpartnerschaft mit den Lokalzeitungen von zuerich24.ch.