Phantom-Terror
Text von Mike Mateescu
Nachdem er mit seinen überirdischen Avengers-Kollegen den ausserirdischen Übergriff auf New York City zurückschlagen konnte, wird der eigentlich leidgeprüfte Tony Stark von zwei neuen, höchst unwahrscheinlichen Gegnern geplagt. Hartnäckiger Schlaflosigkeit und einem renitenten Siebzigjährigen, der per Videobotschaften des Abendlandes Niedergang beschwört …
Während sich Charlie Sheen in «Two and a half Men» als milde Version seiner selbst verkaufte, machte Robert Downey Jr. in der «Iron Man»-Serie stets das genaue Gegenteil. Markiert er schon als Promi den distinguiert-eloquenten Abschleppdienst, so bricht er als Multimilliardär Tony Stark die Rekorde gleich reihenweise. Sein erfolgsgeschwollenes Ego verleitet den Industriemogul irgendwann dazu, nicht nur der Öffentlichkeit seine wahre Identität, sondern gar Verbrechern seine Wohnadresse zu nennen. Vor versammelter Presse that is. Starks Verwegenheit geht hauptsächlich darauf zurück, dass er ziemlich durch den Nordwind ist. Seine Nahtod-Erfahrung im Avengers-Abenteuer beschert ihm Panikattacken, seine Freundin Pepper Potts (Gwyneth Paltrow, «Se7en») wirft ihm Unnahbarkeit vor und seine Superrüstung verwandelt sich zunehmend in ein Verliess. Gleichzeitig wird Amerika vom Bombenterror des greisen Terrorfürsten Mandarin (Ben Kinsley, «Schindlers Liste», «Gandhi») erschüttert. Dessen Absichten sind genauso rätselhaft wie die Technologie, mit der er die Anschläge ausführen lässt. Von einer schweren Identiätskrise und der Zerstörung seines küstennahen Hauptquartiers zerrüttet, zieht Tony Stark entschlossen gegen einen Feind zu Felde, der die Kunst der Täuschung meisterlich beherrscht.
Ironische Maschinerie
Iron Man gehört unbestreitbar zu den wenigen Kinoserien, die mit fortschreitender Laufzeit ihre Qualität haben halten können. Wurden wir Kinder der Achtziger seinerzeit noch mit Abklatsch-Fortsetzungen gequält, die aus barer Geldgier hochgradig ignoranter Studiobosse geboren waren, so profitiert die heutige Filmindustrie davon, dass vermehrt Sachkundige an Grossproduktionen beteiligt sind. Kenner. Liebhaber. Nerds, die alle Kontinuitäten einer Marke kennen und dabei helfen, die beste Balance zwischen den Erwartungen eingefleischter Fans und den gemeinen Kinogängern zu finden. Jon Favreau, der die ersten beiden Teile dirigierte, bleibt wenigstens in seiner Nebenrolle als Peppers Bodyguard erhalten und überlässt den Regiestuhl dem Actiondrehbuch-Pionier Shane Black. Der erweist sich als solide Wahl und hält die Franchise erfrischend selbstironisch. So meidet er dreist-infantile Partriotengesänge, wie sie etwa in den Hasbro-Filmen («Battleship», «G.I. Joe») angestimmt werden und sorgt für einen guten Mix aus geschliffen scharfen Wortgefechten und den eigentlichen Kampfhandlungen.
Bild 1: Pepper Potts würde den rot-goldenen Iron Man am liebsten nicht mehr loslassen. / Bild 2: Captain America mit Iron Man gekreuzt? Patriotische Version der Rüstung. (Mit Maus über Bild fahren)
Besonderen Einfallsreichtum beweisen die Macher bei den Anwendungsmöglichkeiten der Iron-Man-Waffe, die bis zur Grenze des Denkbaren ausgereizt wird. Das ist auch bitter nötig, denn die feindlichen Horden besitzen eine so unglaubhafte Superkraft, dass sich darüber selbst die bekifftesten «X-Men»-Anhänger empören werden. Und wenn diese Freaks im letzten Gefecht auch noch wie Crack-Frösche auf glühenden Kohlen umher hüpfen, findet man sich schreiend im Twilight-Finale wieder. Aber keine Sorge. Hier haben wir es mit professionellen Schauspielern in einem ambitionierten Film zu tun, und Blacks Ensemble vermag genannten Makel durchaus wettzumachen. Die sonst so bieder-fade Gwyneth Paltrow wird dem Namen ihrer Rolle für einmal gerecht, Ben Kingsley überrascht mit einer unerwartet gelungenen Porträtierung des Mandarins und der Hauptdarsteller zeichnet bei der Darstellung einer emotionalen Kernschmelze gekonnt aus der eigenen Biographie. Und dann wären da noch die Spezialeffekte, die einen zeitweise glauben machen, man würde unter Tonnen berstenden Stahls begraben. Kurzum: entgegen den Mankos werden sich die Action-Scifi-Konkurrenten - von denen gerade für dieses Jahr jede Menge angekündigt wurden - schwer tun, dieses hochintelligente, kerosintriefende Drama-Rama zu überstrahlen. Die Messlatte ist gar derart hoch angelegt, dass man sich schon um originelle Ideen für die vierte Ausgabe sorgt, an der Downey Jr. grosses Interesse bekundet hat (Dass Tony seinen Anzug noch nicht dauerhaft abstreifen würde, war ja bereits durch die Ankündigung einer Avengers-Fortsetzung vorweg genommen worden).
Deine Chance: Bäckstage verlost zwei Goodie-Bags zu «Iron Man 3» (Hoodie, Notizblock, Kopfhörer und Form für Eiswürfel). Beantwortet die Preisfrage: «Welcher Comic-Verlag steht hinter Iron Man?» und schreibt eine Mail mit Name, Adresse und Stichwort «Iron Man» an chance@baeckstage.ch. Einsendeschluss: 5. Mai.
- Iron Man 3 (USA, Volkrepublik China, 2013)
- Regie: Shane Black
- Drehbuch: Drew Pearce, Shane Black
- Darsteller: Robert Downey Jr., Gwyneth Paltrow, Ben Kingsley, Don Cheadle, Guy Pearce
- 3D: erhältlich und sehr empfehlenswert
- Bonusszene nach Abspann: Ja
- Laufzeit: 130 Minuten
- Kinostart: 2. Mai 2013