Drum prüfe, wer sich ewig bindet …
Es war Liebe auf den ersten Blick als sich Florence (Saoirse Ronan, «Lady Bird») und Edward (Billy Howle, «Dunkirk») in den wilden 60ern in Oxford zum ersten Mal treffen. Eher aus Langeweile stolpert Edward in eine Kundgebung gegen Atomwaffen und doch verändert diese Entscheidung sein Leben. Die schöne Musikerin Florence aus gutem Hause hat es ihm angetan. Dass er selbst eher aus der Arbeiterschicht stammt, stört sie nicht. Die Liebe gedeiht und so kommt es zur Hochzeit und der Hochzeitsnacht, die in einem malerischen Hotel am britischen Chesil Beach geplant ist.
Die Geschichte startet im angesprochenen Hotel, also mit der angehenden Hochzeitsnacht und man spürt schnell, dass etwas nicht stimmt. Florence wirkt nervös, Edward ebenso, aber auch erregt. Beide haben Erwartungen und das Gefühl, diese befriedigen zu müssen. Allerdings ist die Spannung förmlich greifbar. Die beiden Eheleute haben völlig unterschiedliche Erwartungen an ihre Leben als Ehepaar. Und genau hier hat der Film sein einziges Problem. War Anfang der 60er die sexuelle Revolution noch eher am Köcheln, ist man heute viel weiter und die Diskussion wäre wohl nicht mehr so dramatisch. Wer sich aber auf den Zeitgeist einlässt, kann schnell nachvollziehen, welche Bedenken beide haben. Selbst wenn der Hauptgrund wohl auch für die 60er aussergewöhnlich war. Trotzdem, die Prämisse funktioniert und bildet ein Stück Zeitgeist ab.
Die Abgründe, der menschlichen Erwartungen
Die Vorlage zum Film stammt von Ian McEwan, der mit «Abbitte» einen Klassiker geschaffen hat, deren gleichnamige Verfilmung dann Saoirse Ronan die Karriere geebnet hat. Auch in «Am Strand - On Chesil Beach» spielt Ronan hervorragend, drückt besonders die Gegensätzen der unbeschwerten, jungen Frau, die plötzlich in tiefe Abgründe menschlicher Erwartungen blickt, ohne übertriebe Gestik aus . Dazu trägt sie stets brave Kleider und in der Hochzeitsnacht kleidet sie sich gar in unschuldigem Blau. Ihre Figur ist die intellektuelle, stille Ebene im Film. Edward dagegen ist vom Zeitgeist getragen, prügelt sich ohne lange nach Gründen zu suchen und ist der Rockmusik - damals noch Teufelszeug - zugeneigt. In einer Szene nennt er Florence gar frigide.
«Am Strand» ist langsam und unaufgeregt erzählt, konzentriert sich intensiv auf die Beziehung der beiden Hauptfiguren und lässt sich nicht gross aufhalten. Nach und nach setzt der Film das gesamte Bild zusammen. Dazu dienen Rückblenden und Erinnerungen, Gespräche und oft nur die Mimik von Saoirse Ronan. Diese zurückhaltende Inszenierung ist eine Stärke des Films. Dazu kommen oft grosszügige Landschaftsbilder und ein Soundtrack, der die Ambivalenz jener Zeit durch Klassik und Chuck Berry wunderbar einfängt. Regisseur Dominic Cooke inszeniert sein Spielfilmdebüt stilsicher und ohne auf Kitsch zu setzen. Lieber vertraut er auf seine Darsteller und die Bilder der englischen Küste.
«Am Stand» ist Liebesgeschichte und Zeitportrait gleichzeitig und diesen Spagat bekommt der Film gut hin.
- Am Strand (GB 2017)
- Regie: Dominic Cooke
- Drehbuch: Ian McEwan (Auch Roman)
- Schauspieler: Anne-Marie Duff, Emily Watson, Samuel West, Billy Howle, Saoirse Ronan
- Laufzeit: ca. 110 Min
- In Handel: ab 30. Oktober 2018