Die wilden Jahre sind vorbei

Interview mit Adam Green
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© Tanja Lipak

Taylor Swift ist nicht der erste Name, der einem zu Adam Green einfällt. Und doch sind sich die beiden Musiker ähnlicher als gedacht. Was die beiden verbindet? Der Hang, verlorene Liebesmüh in kreativer Weise zu verarbeiten. Wie Green seinen Liebeskummer umsetzt, kann nun in der Galerie Weiss an der Langstrasse bis zum 28. September bestaunt werden. Eine Auswahl an Gemälden, Skulpturen und Zeichnungen wird ausgestellt und zeigt die dunkle Seite des umjubelten Anti-Folk-Sängers. Die Stücke wurden während eines Zeitraums von zehn Jahren erstellt, die meisten jedoch in den vergangenen vier Jahren. In der Zeit, in der sich der Greenster seiner Scheidung von Sängerin Loribeth Capello stellen musste. Geholfen haben ihm dabei einige Substanzen, wie die Bilder deutlich rüberbringen. So zeigen sie keine realen Bilder, sondern halluzinogene Visionen, die zu beunruhigen wissen, trotz Ninja-Turtles und Garfield Karikaturen.

 

Bild 1) Langstrasse ZH: Adam Green is watching you. Bild 2) Neue Blickwinkel in der Galerie Weiss

 

Neben diesem Abenteuer mit der bildenden Kunst ist Green auch ins Medium Film abgetaucht. So hat der Sänger während seiner Tournee im Sommer 2010 einen psychedelischen i-Phone Film namens „The Wrong Ferrari“ gedreht. Zu sehen sind darin auch Macaulay Culkin, Devendra Banhart und Pete Doherty. Dementsprechend werden auch Drogen konsumiert. Wer aber über diesen traurigen Aspekt hinweg sehen kann, entdeckt all die vielen Wahrheiten, die sich als kleine aber feine Aphorismen zwischen den Szenen zeigen. Den Film stellte Green im Vorfeld seiner Galerie-Ausstellung Ende August in Zürichs Bar 3000 vor. Bäckstage nutzte die Gelegenheit um mit dem Künstler zu plaudern.

 

Wie lange haben die Arbeiten an „THE WRONG FERRARI“ insgesamt gedauert?

Adam Green: Es waren im Ganzen sechs Monate, glaube ich. Die Zeit auf Tour halt und dann die Nachsynchronisation im Studio. Zu Beginn wollte ich etwas völlig Anderes machen und zwar einen Film über Macaulay Culkins Lebensgeschichte. Als Basis sollte Culkins Autobiographie „Junior“ dienen, die er geschrieben hatte. Aber das ganze Projekt schlug fehl und ich wollte dann so oder so einen Film drehen und daraus ist dann THE WRONG FERRARI entstanden. Es beschreibt eine abstrakte Geschichte, die ich mir ausdachte, respektive die eine Zeitlang in meinem Kopf herumschwirrte.

 

Wie ist es Dir gelungen - neben Macaulay Culkin - Künstler wie Devendra Banhart, Pete Doherty und Binki Shapiro zu überzeugen, bei deinem Erstling mitzumachen?

Es lag wohl zum grossen Teil an meinem Enthusiasmus. Die Leute spürten, dass ich diesen Film wirklich sehr gerne machen wollte und dass er mir aus persönlichen Gründen sehr viel bedeutet. Ich war zu der Zeit sehr an Rainer Werner Fassbinders Arbeit interessiert und wollte das wirkliche Leben in ein Theater umwandeln, weil es mir wie eins vorkam. Alle sollten bizarre alternative Versionen von sich selbst spielen und damit sich selber und der Wahrheit näher kommen. Die Dialoge waren voll mit Subtexten über unsere zwischenmenschlichen Beziehungen. Sie waren also irgendwie kodiert und dienten als Mittel, um der unausgesprochenen Wahrheit entgegenzutreten. Ich liebe Symbole und bin sehr an Symbolik interessiert, der Film ist voll davon und thematisiert deshalb in abstrakter und emotionaler Weise was zu der Zeit in meinem Leben vorging. Wie es zu der Zeit in meiner Seele aussah und warum ich mich so daneben benahm.

Bild 1) THE WRONG FERRARI: Gefangen im Comic. Bild 2) THE WRONG FERRARI: Adam allein und zugedröhnt.

 

Diese schwere Zeit, die Du hier ansprichst, war ja Deine Scheidung. Sie wurde im WRONG FERRARI thematisiert, in den Liedern, die Du zusammen mit Binki Shapiro aufgenommen hast (Konzertkritik hier) und auch den Bildern, die Du in der Galerie Weiss momentan in Zürich ausstellst…

Richtig.

Du hast jetzt aber erneut geheiratet, herzlichen Glückwunsch nebenbei bemerkt.

Danke. (Lacht).

Heisst das aber, dass Dein neues Material, von Deinem neuen Glück handeln wird?

Ja, ich denke schon. Der neue Film, den ich machen werde, „Aladdin“, hat auch irgendwie damit zu tun. Diese Idee, die richtige Person zu finden, mit der man zusammengehört. Es wird sich also um die Union drehen, die man mit einem anderen Menschen eingeht, ganz im Gegensatz zu den aktuellen Werken, die eine Trennung thematisieren.

Deine aktuellen Werke glänzen durch eine Vielfältigkeit. Du bist jetzt nicht nur als Musiker unterwegs, sondern auch als Videokünstler, Maler und Skulpturenbildner. War es immer schon deine Idee auch in anderen Kunstformen als der Musik aktiv zu werden?

Es ist witzig, weil ich primär versuche, mein Ding zu machen, egal in welcher Form sich das schlussendlich auch ausdrückt. Neue Kunstformen, wie derjenigen einen Film mit dem iPhone zu drehen, haben mich immer interessiert. Aber ich sehe mich deshalb ironischerweise nicht als Trendsetter. Im Gegenteil, ich bin sehr altmodisch. Wenn ich ein Buch lese, dann ist es meistens ein älteres, oder ich schaue mir alte Filme an. Das interessiert mich viel mehr als irgendwelchen neuen Trends hinterherzurennen. Aber ich mag die neue Technologie. Mein Blog „The Laker Room“ zum Beispiel gab mir die Möglichkeit mich von einer neuen Seite zu präsentieren, als Visual Artist. Meine visuelle Ästhetik konnte ich vor The Laker Room nicht mit den Leuten teilen. Meine Handschrift zum Beispiel, die sehr speziell ist, konnte ich damit einem grösseren Publikum präsentieren. Ich habe gelernt, dass die Handschrift eines Menschen viel darüber aussagt, wer sie sind und deshalb war es mir wichtig diesen Teil von mir zu zeigen.

 

Du bist in letzter Zeit häufig in der Schweiz. Vor einigen Monaten hast Du mit Binki Shapiro im Rahmen eures Album-Releases einige Clubshows gespielt, vor einigen Wochen warst Du in der Fondation Beyeler unterwegs und gabst auch ein begeistertes Konzert.

Ja, die Fondation Beyeler ist unglaublich. Ich durfte im Untergeschoss eine Tour machen und unglaubliche Werke sehen, die sie nicht ausstellen.

Hast Du irgendwelche Kunstgegenstände in der Schweiz gekauft?

Nein, leider nicht. Also, ich kaufe schon Kunst, aber eher impulsiv. Mein Kaufentscheidungsprozess ist eher idiokratisch verwurzelt. Es interessiert mich nicht, ob jemand gerade sehr trendy oder in ist. Es muss mir einfach gefallen. Kürzlich habe ich ein Gemälde von Matt Linares gekauft. Aber eben nicht alle Gemälde, die ich mir kaufen möchte, kann ich mir leisten. Ich muss mir etwas einfallen lassen (lacht).

 

Noch eine Frage zu „The Wrong Ferrari“: In der Aufnahme, in der Du ein Mädchen hoch auf die Bühne und Kopf hinab hochgehoben hast, war dies vom Konzert in Solothurn, im Kofmehl?

Kann sein, ich weiss es nicht mehr. Es war eine sehr wilde Zeit. Es gibt eine Dokumentation über dieses sehr destruktive Jahr „How To act badly“ genannt. Es zeigt unter anderem wie promiskuitiv ich gelebt habe. Alle Shows waren irgendwie gleich in dieser Hinsicht (lacht).

 

Tanja Lipak / Mi, 25. Sep 2013