«Ein gelebtes Leben gibt natürlich einiges her»

Interview mit Bettina Oberli
Bildquelle: 
Frenetic Films

Bei «Lovely Louise» drehen Sie wieder (wie bei den «Herbstzeitlosen») mit Annemarie Düringer. Wie muss man sich diese Zusammenarbeit mit einer knapp 90-jährigen Dame vorstellen?

Es ist natürlich schon anders mit alten Menschen, egal ob Frau oder Mann, zu drehen. Sie haben ein ganz anderes Energielevel, was man einplanen muss. Man muss sich dem langsameren Rhythmus einfach anpassen.

 

Wie viel von der Lovely Louise hat Frau Düringer selbst, was würden Sie sagen?

 

Nun, das «einte oder andere Mödeli» von ihr steckt bestimmt in Louise. Die Figur ist ja auch inspiriert von Annemarie.

 

Sie haben im Interview mit der Coopzeitung gesagt, Sie wollten nach «Tannöd» wieder mit einer älteren Schauspielerin drehen. Warum? Was fasziniert Sie so an alten Menschen?

 

Ein gelebtes Leben gibt natürlich einiges her. Und bei diesem Film war die Grundidee, dass wir die Geschichte aus der Perspektive des Kindes erzählen. Ich finde es spannend, andere Perspektiven einzunehmen.

 

Stefan Kurt scheint perfekt in die Rolle des André zu passen. Wie sind Sie auf ihn gekommen?

 

Ich kannte ihn natürlich aus Film und Theater in Deutschland, jedoch hatte er bis anhin noch keine richtig grossen Kinorollen in der Schweiz. Aber ich fand ihn immer toll und dachte bereits beim Schreiben an ihn.

 

Ich kannte Benidorm schon vorher. Man hat dort Hochhäuser für die Touristen gebaut und irgendwie kommt man sich dort eingepfercht vor. Massentourismus in Hochhäusern eben.

 

Der Film wird ja gänzlich aus seiner Perspektive gedreht. Warum haben Sie das so gewählt?

 

Das ist das Prinzip der Dramaturgie, dass man einen Menschen in schwierige Situationen bringt, aus denen sie wieder rauskommen sollten - oder eben nicht. Und in Lovely Louise entsteht die Spannung ja gerade durch das Alter von André, man weiss, dass er eigentlich nicht mehr bei seiner Mutter leben sollte. Aber das ist nun alles sehr theoretisch. Tatsächlich ist es eine instinktive Sache.

 

Glauben Sie nicht, dass es für die Zuschauer schwierig sein wird, sich in André hineinzuversetzen? Denn es wohnt ja nicht jeder mit 50 Jahren noch bei seiner Mutter.

 

Offenbar nicht! (Lacht). Ich muss ja auch kein James Bond sein, um mich im Kino mit ihm zu identifizieren. Der Film ist ja am Donnerstag angelaufen und die Leute haben sehr schön auf die Figur André reagiert. Wobei ich auch glaube, dass es an Kurts Art liegt, an seiner Ernsthaftigkeit und seiner Präzision. Das macht wirklich viel aus. Die Leute fiebern richtig mit ihm mit.

 

Gegen Ende landen alle an der Küste Spaniens. Wie sind Sie auf diese Szene gekommen? Das spielt sich dann ja recht weit weg vom eigentlichen Geschehen ab.

 

Ich kannte Benidorm (Stadt, wo sich die Szene abspielt, Anm. d. Red.) schon vorher. Man hat dort Hochhäuser für die Touristen gebaut und irgendwie kommt man sich dort eingepfercht vor. Massentourismus in Hochhäusern eben. Und für mich ist diese Stadt eine einzige Lüge, nicht das, was man sich unter «Ferien in Spanien» vorstellt. Eigentlich ist sie nämlich ziemlich «grusig» und doch irgendwie schön. Und darum geht es ja auch im Film. Anstatt ruhige, schöne Ferien zu machen, läuft alles schief und sie stehen am Abgrund, verlieren die Balance des Lebens. Nur dank Andrés Wissen über Aviatik schaffen sie es aus dieser Situation

 

Können nun eigentlich alle aus Ihrer Crew Flugzeuge steigen lassen?

 

(Lacht). Nein nein, aber einige hätten es gerne gelernt. Aber, wir hatten einige Experten auf dem Set, die uns halfen bei den Szenen.

 

Ich nehme mal an, dass man von Ihnen erwartet, dass Sie an den Erfolg der «Herbstzeitlosen“ anknüpfen?

 

Natürlich werde ich daran gemessen, aber der Erfolg der «Herbstzeitlosen» war ja jenseits aller Vorstellungen. Und selbst wenn die Zuschauerzahlen von «Lovely Louise» befriedigend sein werden, wird der Erfolg der «Herbstzeitlosen» über allem schweben. Ich hoffe einfach, dass «Lovely Louise» so wahrgenommen wird, wie er ist und nicht nur die Besucherzahlen.

 

Wenn Sie den Film in drei Worten beschreiben müssten, welche wären das?

 

Melancholisch, tragisch und komisch.

 

Sie sind ursprünglich aus Interlaken, wohnen heute aber in Zürich. Sind Sie vom Berg- zum Stadtmensch geworden?

 

So würde ich das nicht sagen. Ich lebe gerne in der Stadt, weil gerade das kulturelle Angebot sehr gross ist und das nutze ich sehr gerne.

 

Was für einen Film darf man als nächstes von Ihnen erwarten?

 

Das weiss ich noch nicht. Ich habe an ein paar Dingen angefangen zu schreiben, aber noch ist nichts konkret.

 

  • Bettina Oberlis neuer Film «Lovely Louise» ist in den Schweizer Kinos angelaufen. 
Selina Berner / Mi, 11. Sep 2013