Shnit 2019: Frauen, Autos und Animationshits

Festivalbericht: Shnit 2019
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© Tanja Lipak

Die letzten Tage war Bern einmal mehr im pinken Shnit Rausch. Vom pinken Bier über das pinke Brunch-Brot (wann kommt das pinkige Pop-Korn?) verwandelte sich die Hauptstadt erneut in ein pinkes Kurzfilm-Mekka. Die Filme waren erneut gut ausserwählt und sinnvoll in Blocks zugeteilt. Bei der Aufnahme schaffte das Shnit ausserdem eine faire 50:50-Aufteilung zwischen weiblichen und männlichen Filmemachern. Just rechtzeitig, da das Shnit dieses Jahr auch die SWAN-Pledge unterzeichnete, welche eine ausgeglichene Genderverteilung vor und hinter den Kulissen fordert.

 

Passend zur Frauenförderungsthematik gewann den diesjährigen Jury-Preis in der nationalen Kategorie ein Film über die Selbstbestimmung von indischen Taxifahrerinnen. Antshi von Moos zeigt in ihrem Gewinnerbeitrag «Brother, Move on» welche Bedeutung ein Frauen-Taxi in Indien für das Leben vieler Frauen darstellt. Zum einen für jene, die es fahren und damit ihre Familie ernähren können, aber auch für jene, die es nutzen und damit auch mal am Abend das Haus verlassen können.

 

Der Publikumspreis in der nationalen Kategorie holte Kaio Kathriner mit seinem Werk «Refuge in the Rockies». Den Film und seine Macher stellen wir in folgendem Portrait genauer vor.

 

 

Unsere Shnit-Lieblinge stellen wir euch nachfolgend in einer willkürlichen Reihenfolge vor:

 

  • «F for Freaks» (Sabine Ehrl, DE): In bester Grindhouse-Ästhetik gefilmter Horrorstreifen über die Ausnützung kleiner Minoritäten zwecks Langlebigkeit der grossen Masse. Ein Streifen mit Erinnerungswert!

 

  • «Class Ranandegi» (Marziyeh Riahi, Iran): Wie beim Jury-Gewinner geht es ums Autofahren und der Reflexon von Frauenbilder. Diesmal befinden wir uns in einer Fahrstunde im Iran. Die Fahrstundenschülerin darf nicht alleine mit einem jungen Fahrlehrer im Auto gesehen werden, weshalb ihr grimmiger Mann mitfährt. Gesellschaftssatire mit feinem Humor.

 

  • «Ashmina» (Dekel Berenson, Nepal & UK): Titelheldin arbeitet als Teilzeitkraft bei einem Touristen-Schauplatz. Das wenige Geld, das sie verdient, fliesst in die Familienkasse. Ohne Hoffnung auf Schulbildung und mit einem immer kleineren Verdienst als Tourismusgehilfin, rächt sie sich an jenen die zusehen ohne zu handeln.

 

  • «Users» (Jakub Piatek, Poland): Silvester in Warschau. Zwei Fremde treffen sich in einem online Videoportal. Zwischen Anziehung, Zurückweisung und Voyeurismus bildet sich ein sanftes, trügerisches Band.

 

  • «P.O.V.» (Jeronimo Acero, FR): Dating 2019 in Frankreich. Die innovative Erzählweise zeichnet diesen Film aus. Als Zuschauer verfolgen wir entweder ihren subjektiven Wahrnehmungswinkel oder seinen. Unterhaltsam.

 

  • «One Small Step» (Andrew Chesworth, China & USA): Wunderschön umgesetzter Animationsfilm über ein junges Mädchen, das Astronautin werden will, und ihren liebevollen Schuhmacher-Vater.

 

  • «1 Metre / Heure» (Nicolas Deveaux, FR): Schneckenballet zu klassischer Musik auf einem Boeing-Flügel. Klingt komisch aber funktioniert bestens.

 

  • «Grands Canons» (Alain Biet, FR) : Experimental-Film der Superlative. Bilder handgemalter Alltags-Gegenstände vermischen sich rythmisch passend zu einem Assoziation-Sog. Sehr trippig, sehr hypnotisierend, wahnsinnig aufwendig und einfach unvergesslich.

 

  • «Inanimate» (Lucia Bulgheroni, UK): Puppenfrau möchte hinter die Matrix sehen, die ihr tägliches Leben bestimmt. Sehr schön inszenierter, philosophisch hochstehender Film zu den grossen Fragen des Seins und Nichtseins.

 

  • «Sunday» (Neil Stubbings, CH): Herzhafter Animationsfilm mit Glace-liebenden Pinguinen und Ausserirdischen. Feel-Good Movie par excellence.

 

  • «Hors Piste» (Léo Brunel, FR): Tollpatschige Rettungshelfer bringen sich und ihren Verletzten in waghalsige Momente. Definitiv der Humor-Sieger am Shnit.

 

 

 

Tanja Lipak / Mo, 28. Okt 2019