Neues vom Wortakrobaten

CD-Kritik: Kutti MC - Rebellion Alltag
Bildquelle: 
www.kuttimc.ch

Kutti MCs neues Album beginnt fulminant: Herzschlagbeat, Sprechgesang, elektrische Gitarren. Soweit bleibt alles beim Alten: Kutti sinniert über das Leben und dessen Inhalt. Doch ganz allgemein fällt etwas auf: Kutti MC ist melancholischer als auf bisherigen Alben. Besonders gegen Ende des Albums werden die Töne immer ruhiger. Doch mit Herzschmerz- und Schnulzesound hat «Rebellion Alltag» nichts zu tun. Der provokative, selbstironische Kutti ist auch auf seinem neusten Werk zu finden. Besonders deutlich wird dies in «Spiegelbild», wo er mit seinem eigenen Konterfei abrechnet oder in «Sandkorn». Hier übertreibt er so sehr und gibt sich so grosskotzig, dass es sogar seine Stimme verstellt und in Berndeutsch-Englisch einige Zeilen von sich gibt. Natürlich sind Aussagen wie «Vor mir verneigt sech sogar ds Wasser» höchst ironisch gemeint.

 

Als «stark, poetisch und musikalisch vielfältig» werden die Songs angepriesen. Und die Versprechen werden gehalten. Kutti MC - mit bürgerlichem Namen Jürg Halter, unter welchem er auch Gedichte veröffentlicht – stellt mit dem neuen Album sein Talent und Gespür für Musik und Text erneut unter Beweis. Sein erstes Album «Dark Angel» aus dem Jahr 2006 war düster und elektronisch angehaucht, das letzte war von Stephan Eicher produziert («Freischwimmer», 2011), das neustes – und fünftes! – ist nun also melancholisch. Produziert hat es Ex-Lunik-Mitglied Luk Zimmermann, entstanden ist es in Bern und Berlin. Man merkt, dass Kutti MC nicht nur Musiker und Dichter ist, sondern auch Performer, Rapper, Sprechsänger und Poet. Die Texte und deren Themen könnten denn auch kaum vielfältiger und gegensätzlicher sein. Während es in «Cara mia» um den Abschied einer Liebe geht, befasst sich «Mit Dir» mit dem Aufbruch in eine neue bzw. mit der Liebe. Während es einem bei Ersterem Tränen der Wehmut in die Augen treibt, möchte man beim Zweiten Weinen vor Freude und Glück. Und die Gegensätze gehen weiter: Leise, aber kritisch sinnieren über die Schweizer Selbstbefindlichkeit und das fehlende Lebensfeuer («Unghüür»), laut polternd die Geschichte Noahs und seiner Arche erzählen, nur eben etwas anders als normal.

 

So vielfältig die Themen, so abwechslungsreich sind die Klänge. Von aufmüpfigen Bläsern über energetische Blechtrommelschläge und elektronischen Beats, die unter anderem vom Berner DJ-Duo Round Table Knights produziert wurden. Doch auch ruhige Töne werden angeschlagen. Und es sind auch auf dem neuen Album Duette bzw. Featurings zu finden: Eines mit – und das darf durchaus als Überraschung bezeichnet werden – mit Baschi, der den Refrain von «Unghüür» singt sowie eines mit der eher noch unbekannten Aurélie Emery («Miroir»).

 

Über ein fehlendes Feuer kann sich Kutti MC nicht beklagen. Melancholisch und experimentell präsentiert sich Kutti MC auf «Rebellion Alltag». Bleibt zu hoffen, dass das Feuer und die Liebe zur Sprache, den Klängen und die Experimentierfreudigkeit nicht erlöscht. Denn wenn das Feuer bleibt, dann darf man jetzt schon gespannt sein, was als nächstes kommt.

 

Kutti MC - «Cara mia»

 

  • Künstler: Kutti MC
  • Album: Rebellion Alltag
  • Releasedatum: 21.4.2014
  • Plattenlabel: Sophie Records
  • Live: 
  • 14. Mai 2014, Bern, Progr (Turnhalle), Plattentaufe 1
  • 19. Mai 2014, Zürich, Moods, Plattentaufe
  • 07. Juni 2014, Brugg, Salzhaus
Annik Hosmann / Di, 22. Apr 2014