Die Rolling Stones bringen «Some Girls» erneut in die Läden
Rechtzeitig zu Weihnachten bringen die Rolling Stones eines ihrer grossen Alben erneut auf den Markt. Mit viel unveröffentlichtem Material und als schönes Boxset erscheint «Some Girls» und erlaubt einen Einblick in ein wichtiges Album innerhalb der Karriere der dienstältesten Rockband der Welt.
«Some Girls» ist natürlich ein Klassiker. Das erfolgreichste Album der Band in den USA erschien 1978 und war die deutliche Antwort der Stones gegen aufflammende Kritik, sie seien inzwischen kulturelle Dinosaurier. Die Wut der Punkbewegung ist auf «Some Girls» teilweise als Einfluss zu erkennen, etwa in «When The Whip Comes Down». Allerdings hängt die raue Art des Albums wohl auch mit der Situation der Stones in jener Zeit zusammen. Keith Richards wartete auf seinen Prozess wegen Heroinbesitz und Mick Jagger feierte sich durch die Partyszene von New York. Und doch fanden die beiden Vollblutmusiker Zeit, um das Album zu produzieren. Allerdings
passierte dies unter dem Pseudonym The Glimmer Twins, das Jagger/Richards immer dann benutzten und noch benutzen, wenn sie nicht erkannt werden wollen.
Plattenfirma hatte Angst vor Klagen
Das Album ist für Keith Richards gleichzeitig eine Art Comeback, nachdem ihm die Drogen doch stark zu schaffen gemacht hatten. Vielleicht ist dies mit ein Grund, weshalb die Platte nicht nur wütend und roh («Respectable»), sondern durchaus harmonisch und von Country beeinflusst («Far Away Eyes») klingt. Und immerhin sind auf der Platte zwei der grossen Stones-Klassiker. Das von der Disco-Bewegung gestreifte «Miss You» und das sehr gelöst klingende «Beast Of Burden». Berühmt ist
natürlich auch das Cover. Es zeigt die Band unter Perücken. Ursprünglich sollten es die Gesichter verschiedener Berühmtheiten zieren. Die Plattenfirma machte aus Angst vor Klagen einen Rückzug und so schauen einem nur die Stones entgegen. Dafür noch zusammen mit Bassist Bill Wyman, der die Stones 1993 verliess. Ein spannendes Album, das eine Neuauflage sicher verdient hat.
«Wenn sie niemals wieder ins Studio gehen würden, könnte man trotzdem etwa 50 Jahre lang jedes Jahr ein neues Stones-Album herausbringen. Und sie wären alle gut», wurde Don Was, der die Stones heute produziert, kürzlich im deutschen Rolling Stone zitiert. Wenn man sich durch die CD mit 12 unveröffentlichten Stücken von Jagger & Co. hört, die dem Re-release von «Some Girls» beiliegt, ist man geneigt, ihm zu glauben. Denn besonders spannend ist am Box-Set das nie zuvor gehörte Material. Etwa
«So Young», das mit einem leichtfüssigen Klaviersolo überrascht, oder das schwül treibende und bluesige Freddy-Cannon-Cover «Tallahassee Lassie» - inklusive des klatschenden John Fogerty -, das in die Südstaaten der USA entführt. Die Auswahl an neuen Stücken ist nicht nur spannend und liefert einen Einblick in die Archive der Stones, es weckt auch die Lust auf noch mehr und glaubt man Gerüchten, so wird «Some Girls» nicht das letzte Album der Stones sein, das zu neuen Ehren kommt.
Erstmals Bilder von Helmut Newton
Apropos Neuauflage. «Some Girls» erscheint als Doppel-CD und als aufwändiges Box Set. In der Box ist neben der regulären Doppel-CD viel Bildmaterial enthalten. Postkarten, Poster und erstmals eine exklusive Aufnahme von Starfotograf Helmut Newton. Zudem ein grosszügig illustriertes Buch mit weiteren Bildern von Newton. Im Titelblatt ist zudem eine Vinyl-Single von «Beast Of Burden» versteckt und auf dem Deckblatt sind «Some Girls» plus die unveröffentlichten Aufnahmen als CD angebracht. Als besonderes Zückerchen ist ein Konzertfilm enthalten, der die Stones live in Texas 1978 zeigt und die Edition wunderbar abrundet. Wer noch ein Weihnachtsgeschenk für einen musikinteressierten Menschen sucht, für den wäre diese «Some Girls» Edition eventuell eine gute Möglichkeit. Für Stones-Fans natürlich sowieso.