Liricas Analas: «Weil wir einfach gut sind»
Steht ihr weniger unter Druck, euch an eure Texte zu erinnern, wenn ihr ausserhalb der romanisch sprechenden Gemeinden spielt? Denn da verstehen euch ja 99 Prozent der Zuschauer sowieso nicht…
Von aussen her spüren wir diesen Druck sowieso nie. Aber intern ist er allgemein sehr gross. Wir können es uns einfach nicht leisten, den Text zu vergessen. Trotzdem kommt es immer mal wieder vor.
…intern?
Einfach innerhalb der Band. Es ist nicht gut, wenn einer von uns wiederholt seinen Text vergisst. Das darf und kann mal passieren - wir sind dann auch professionell genug, um zu improvisieren - aber es sollte nicht zum Standard werden.
Man macht keine Musik, nur um berühmt zu werden.
Dann improvisiert ihr einfach, wenn einer von euch einen Hänger hat?
Also ein totales Text-Blackout an Konzerten ist bei uns sowieso extrem selten. Aber wenn das geschieht, improvisieren wir automatisch und ohne den Textfluss zu unterbrechen. Hier profitieren wir dann vom Vorteil, dass die Zuschauer uns grösstenteils nicht verstehen. So merken sie nämlich auch nicht, wenn wir gerade freestylen. Allerdings würde das bei einem deutschen Song wohl auch klappen, vorausgesetzt, das Publikum kennt den Songtext nicht in- und auswendig.
Als ihr angefangen habt, Musik zu machen, geschah das mit der Absicht berühmt zu werden oder war der Erfolg dann einfach ein netter Nebeneffekt?
Grundsätzlich macht man keine Musik, nur um berühmt zu werden. Das ist der falsche Ansatz. Leute, die das versuchen, haben entweder gar keinen Erfolg oder dann kommt irgendwann einfach der grosse Fall ins Nichts. Wir begannen Musik zu machen, weil dies unsere Leidenschaft ist. Wir alle wollten rappen, schreiben, uns durch die Musik ausdrücken. Das haben die Leute dann mitbekommen und so sind wir vom einen Konzert zum anderen gekommen und von einem Album zum nächsten, die Chartplatzierungen kamen und so weiter. Wir sind da einfach reingerutscht.
Aber ihr habt zum Erfolg dann auch nicht Nein gesagt.
Natürlich nicht. Dahinter stand aber auch ein langer, langsamer Prozess. Wir machen immerhin seit zwölf Jahren Musik. Unser Erfolg kam quasi etappenweise und schleichend und nicht von Null direkt auf Hundert. Darum bemerkten wir diese Entwicklung gar nicht gross. Und solange wir dem, was wir machen, treu bleiben, ist es auch toll, dass wir so viel Erfolg haben dürfen - inklusive den grossen Konzerten, Alben und Chartplatzierungen.
Das heisst, ihr würdet auch weiterrappen, wenn die Erfolgswelle mal abebbt?
Das ist eine interessante Frage. Das kann ich jetzt nicht beurteilen. Es kommt auch darauf an, wie man Erfolg definiert. Gute Konzerte sind uns wichtiger als Chartplatzierungen und Radioquoten. Wenn wir keine Konzerte mehr geben könnten, für was würden wir dann noch Musik machen? Solange wir Freude am Konzertspielen haben, werden wir damit auch erfolgreich sein und das weiterhin tun. Man darf aber auch nicht vergessen: Wir sind alle berufstätig neben Liricas Analas und da weiss man auch nie, was kommt. Daher kann es auch sein, dass es uns in zwei Jahren nicht mehr gibt – oder aber in fünf immer noch.
Aber du sagtest vorhin, dass ihr ursprünglich aus Liebe zur Musik damit begonnen habt. Der Erfolg kam dann unbemerkt. Wenn dieser Erfolg und die ganzen Konzerte sich nun genauso wieder verabschieden, müsstet ihr daher doch dann auch weiterhin musizieren - genau wegen eurer persönlichen Leidenschaft…?
Das ist natürlich auch eine Frage der Philosophie. Wir sind alle älter geworden und jeder muss für sich entscheiden, was er genau musikalisch machen möchte. Wir sagten sowohl vor unserem letzten Album, Analium, wie auch vor dem vorletzten, Analectrica, dass dies nun unser letztes gewesen sei. Aber da wir mit den Alben sehr zufrieden waren, haben diese uns wiederum zu guten Konzerten motiviert. Wenn wir jetzt plötzlich nicht mehr für Konzerte gebucht würden, könnte es gut sein, dass wir uns entscheiden, aufzuhören.
Das Ziel ist ein neues Album
Du hast ja selber gesagt: 12 Jahre Bandgeschichte. Wie würdest du eure Entwicklung während dieser Zeit beschreiben?
Das waren immense, aber gesunde Entwicklungen. Als wir mit der Band begonnen haben, waren wir noch in der Pubertät. Wir waren rebellisch, hatten viele Flausen im Kopf und eine «Anti-Alles-Einstellung». Wir wollten alles selber machen, das heisst wir wollten kein Label und auch keine Unterdrückung durch irgendwelche Aussenstehenden. Unterdessen pflegen wir sehr gute Verbindungen zu vielen Labels und verstehen auch, wie das Musikbusiness läuft und was dafür nötig ist.
Und wie sieht es mit eurer persönlichen und musikalischen Entwicklung aus?
Innerhalb der Band sind wir sehr zusammengewachsen. Wir hatten viel Zeit, um uns kennen und respektieren zu lernen. Denn eine Konstellation aus fünf Jungs, die ständig zusammen sind, bringt natürlich auch Reibereien mit sich. Musikalisch haben wir auch einige ziemlich grosse Schritte gemacht: Wir arbeiten heute professioneller und bewusster. Wir achten darauf, wie wir die Texte schreiben, wie wir sie aufnehmen und welche Produktionen wir wählen. Ob unsere Arbeit heute besser ist als früher sei dahin gestellt. Oft sind ja Trash-Alben besser als die professionell Produzierten.
Arbeitet ihr schon wieder an einem neuen Album?
Wir hatten gerade das letzte Konzert unserer Herbst-/Winter-Tour im Riders Palace in Laax. Im Sommer 2013 werden wir keine Festival-Konzerte spielen, genau so wenig wie im Herbst. Wir haben uns das letzte Jahr durch so viele Konzerte gespielt, dass wir uns ein wenig limitieren müssen. Nicht, dass wir plötzlich zu präsent sind. Wir wollen uns jetzt wieder voll aufs Musikmachen konzentrieren. Wir werden uns einfach regelmässig in unserem Bandraum in Zürich treffen und schauen, was passiert. Aber das Ziel ist ein neues Album.
Beschreib Liricas Analas mit fünf Worten.
Das ist einfach: David, Jusht, Flepp, Orange und Spoon.
Okay. Und in fünf Adjektiven?
Einzigartig, spontan, zugänglich, energiegeladen und gut.
Wieso gut?
Weil wir einfach gut sind. Gute Leute, die gute Musik machen und gute Stimmung verbreiten.