Florian Ast: «Im Studio musste ich wirklich weinen»
Was für ein Konzertabend in der Lueg Arena!
Gefunden wird die Lueg Arena im wunderschönen Emmental, zuoberst auf einem Hügel, zwischen Burgdorf und Sumiswald. Es empfiehlt sich, bereits eine Weile vor dem Konzertbeginn anzureisen. Denn die einzigartige Lage mit einer enormen Weitsicht Richtung Jura und Emmental sowie das sehr leckere Gastronomieangebot mit frisch zubereiteten und typisch helvetischen Speisen, lassen den hektischen Alltag vergessen. Und die Lueg Arena ist auch dort, wo inmitten saftiger Weiden die Kühe noch grasen, während Florian Ast mit seiner Band ein Konzert spielt.
Das Publikum ist gekommen um Florian Ast nach sieben Jahren das erste Mal wieder auf der Lueg sehen und hören zu können. Vor dem Konzert möchten wir darum von Florian Ast wissen, warum er mehrere Jahre keine neue Musik veröffentlich hat.
Florian Ast: Ich wollte in den letzten sieben Jahren immer wieder ein Album veröffentlichen. Ich habe getextet und komponiert. Aber weil es privat nicht so lief, wie ich es gern gehabt hätte, und durch die Schlagzeilen, habe ich Angst bekommen. Ich bin eher ein positiver und optimistischer Mensch. Aber die Songs, die ich geschrieben habe, waren vorallem traurig. Das konnte ich niemandem zumuten.
Bäckstage: 2024 erscheint dein Studioalbum «Ast A La Vista». Dieses Jahr hast du bereits die beiden Singles «20gi xi» und «Santa Monika» veröffentlicht. Was darfst du uns über das kommende Album verraten?
Florian Ast: «Ast A La Vista» wird ein autobiographisches Album. Es geht um die Themen «Kinder» und «Trennung». Eigentlich bin ich überhaupt kein «Gräni» und ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passiert, aber im Studio musste ich wirklich weinen. Beim Lied «kleiner Engel» geht es darum, dass mir ein Kind sagt, wie ich mich als Vater zu verhalten habe. Wahrscheinlich werde ich dieses Lied nie live spielen können. Aber als Songwriter und mit zunehmendem Alter versuchst du auch über das Erlebte zu schreiben und dies so zu verarbeiten. Mit 18 Jahren hatte ich diese Erfahrungen noch nicht und musste noch Geschichten erfinden.
Bäckstage: In deinem Song «20gi xi» singst du «jedi Falte i mim Gsicht verzöut us mim Läbe ä Gschicht». Zu welcher Falte deines Gesichtes möchtest du uns eine Geschichte erzählen?
Florian Ast: Zu meiner Lachfalte. (lacht) Ich durfte so viele lustige Sachen erleben. Besonders mit Isabelle Dessort. Wir lernten uns während der Lehrerausbildung kennen und sie wurde meine erste Freundin. Von Anfang an gehörte sie zu meiner Band und ist auch heute, 30 Jahre später, immer noch dabei. Sie ist wie eine Schwester für mich. Ich bin so froh, dass ich sie habe. Und sie ist froh, dass sie mich hat – aber wohl nicht immer. (lacht)
Bäckstage: Du besingst auch, dass du alles nochmals gleich machen würdest. Hand aufs Herz: Würdest du wirklich nochmals alles gleich machen?
Florian Ast: Nein, ich würde nicht mehr alles gleich machen. Wenn ich meinem damaligen Ich begegnen könnte, dann würde ich ihm wohl ein paar Mal sagen: pass auf – mach das nicht! Zum Beispiel hatte ich eine wunderschöne Ehe. Wenn ich die Möglichkeit bekäme, dann würde ich meinem damaligen Ich raten, «bleib dort». Aber ich bin sehr dankbar dafür, dass ich mich heute mit meiner Ex-Frau super verstehe.
Später befand ich mich in einer toxischen Beziehung. Der eine oder andere Freund hat es bemerkt und mich darauf aufmerksam gemacht. Heute würde ich wohl auf meine Freunde hören.
Das Konzert startet bei einem wunderschönen Sonnenuntergang und mit dem passenden Lied «Luegit vo Bärg». Florian Ast, der Multiinstrumentalist, begeistert sein Publikum von der ersten Minute an. Egal ob er am Piano sitzt und «Ängu» anstimmt, zum Schwyzerörgeli wechselt, um «Daneli» lautstark mit dem Publikum zu singen oder dann noch zur Gitarre wechselt, um uns kurz nach «Paris» zu entführen. Wer ein Florian Ast Konzert besucht, geniesst ein vielfältiges und abwechslungsreiches Bühnenprogramm.
Florian Ast fühlt sich auf der Bühne pudelwohl. (©Sandra Schneeberger, privat, zVg)
Dass er auf die Bühne gehört, das wusste Florian Ast, seit er Denken kann. In der Garage seines Elternhauses hat er fast ununterbrochen Musik gemacht. Von seinen Eltern wurde er immer unterstützt, trotz des pausenlosen «Lärmes» aus der Garage. Sein Erfolg gab ihm recht. Was viele nicht wissen, Florian Ast ist der jüngste Platin-Act der Schweiz, einer der jüngsten Musiker, die je einen Künstlervertrag erhielten, er produzierte mit «Träne» eine der erfolgreichsten Schweizer Singles und seine Alben erreichten mehrfach Gold- oder Platinstatus.
Bäckstage: Florian, ist dir bewusst, was du alles schon erreicht hast?
Florian Ast: Nein, mir ist nicht bewusst, was ich alles schon erreicht habe. Aber wenn ich das so höre, dann frage ich mich, warum man nicht auch mal was Gutes über mich schreibt. Ich habe viel erreicht, was nicht selbstverständlich ist. Aber, dass mein Privatleben in den Boulevardmedien auseinander genommen wurde, das hat mich «möge». Insbesondere, dass Geschichten geschrieben wurden, die so gar nicht stattgefunden haben, und dies nur für Schlagzeilen.
Beim Konzert wird ein Hit nach dem anderen angestimmt. Das Publikum hat sichtlich und hörbar Spass, wenn Lieder wie «Grossvater», «Bundesrat», «Schöni Meitschi» und «Sex» ertönen. Und auch Florian geniesst es und wechselt kurzerhand seine Bühne gegen einen Sitzplatz im Publikum. Ja, dieser «Flöru», wie er liebevoll genannt wird, ist einfach «ä guete Cheib», wie den Stimmen aus dem Publikum zu entnehmen ist. Dass Florian Ast auch noch Witzbold und Entertainer in einem ist, erfahren die BesucherInnen an diesem Abend gleich mehrmals. Ein kleines Beispiel unter vielen: Isabelle Dessort macht sich für das Duett «Träne» bereit. Das Licht auf der Bühne wird gedimmt, Isabelle und Florian geben sich die Hand, es herrscht eine romantische Stimmung. Aber als Florian Ast beginnen will, bekommt er immer wieder einen kleinen Lachanfall. Das Publikum schätzt seine Authentizität sehr und lacht mit. Und was macht Florian Ast? Er erzählt einen Witz: Ein Koalabär geht zum Fotografen und bittet ihn um einen grossen Gefallen. Der Fotograf willigt ein und der Koalabär sagt, er möchte gerne ein Farbfoto. Publikum, Musiker und Florian Ast lachen herzlich und anschliessend wird «Träne» doch noch in gewohnter Form präsentiert.
Plötzlich ziehen dunkle Wolken auf und kurz darauf regnet es in Strömen. Und was macht Florian Ast? Er lädt das Publikum spontan auf die Bühne ein. Ein kleiner Junge und ein Mann, ca. 20 Jahre alt, nehmen die Einladung gerne an und bleiben bis zum Konzertende auf der Bühne sitzen, auch wenn das kurze Gewitter längst vorüber gezogen ist. Der junge Mann singt jedes Lied, jede Zeile, textsicher mit, als ob er zur Formation gehören würde. Dies ist auch Florian Ast nicht entgangen und er überlässt ihm kurzerhand beim Song «20gi xsi» das Mikrofon. Das Publikum feiert das Ganze frenetisch. Ja, dieser Florian Ast ist einfach flexibel.
Bäckstage: Florian, was wünscht du dir für deine Zukunft?
Florian Ast: Ich wünsche mir für meine Zukunft, dass alles so weiter geht. Dass ich weiterhin Musik machen darf, das ist nach wie vor meine grösste Leidenschaft. Und ich wünsche mir, dass ich es mit meinen Kindern gut haben darf.
Bäckstage: Und wie war das noch mit dem Thema «Bundesrat»?
Florian Ast: Bundesrat ist kein Thema für mich – aber geht mal ein bisschen recherchieren …
Bäckstage: Ergänze bitte zum Abschluss den Satz «Das Leben ist …»
Florian Ast: Das Leben ist schön. Diesen Satz habe ich mir auch auf den Unterarm tätowieren lassen und, ich habe bewusst noch Platz gelassen, damit das Wort «gsi» noch ergänzt werden kann.
Florian Ast ist ein sehr sympathischer, talentierter und äusserst unterhaltsamer Vollblutmusiker. Ein Konzertbesuch ist sehr zu empfehlen, den man erhält nicht die Darbietung eines einstudierten Programms, sondern einen Konzertabend mit wunderbaren Klängen und Stimmen aber auch mit viel Witz und Herz. Oder wussten Sie, warum der Koalabär zum Fotografen ging?
Infos zum Konzert:
- Künstler: Florian Ast
- Genre: Pop, Rock, Mundart
- Location: Lueg Arena (Emmental)
- Datum: 12. August 2023