Ein Basler, der Musiker und Songwriter aus Leidenschaft ist
Bäckstage: Es tönt wie ein musikalisches Sommermärchen: Im Herbst 2010 hast du in den New Yorker Cutting Room Studios dein Debüt-Album «Music for my Landlord» aufgenommen und diesen Sommer tourst du in der ganzen Schweiz und Teilen Deutschlands. Im letzten März warst du mit deinem Schlagzeuger Marc Hermantha Hufschmid wieder für einen Monat in New York, um in den Jungle City Studios von Alicia Keys an einem zweiten Album zu arbeiten. Wann verschnaufst du jemals?
Baum: Gegenwärtig arbeite ich sicher mehr als meine 42.5 Stunden pro Woche - habe dabei aber auch eine Menge Spass. Musiker umgibt ja oft diesen Mythos, dass sie bis in den Nachmittag hinein schlafen und sich dann mit Augenringen mal ein paar Stunden halblebendig an die Arbeit machen. Meine Realität ist wie jede andere Arbeitsrealität auch: Man steht am Morgen auf und legt los mit der Arbeit. Da ich liebe, was ich tue, habe ich auch keinerlei Motivationsprobleme.
Hast du vor lauter Touren noch Zeit, an deinem zweiten Album zu arbeiten?
Momentan ist gerade der Produzent Tim Leitner, der schon mit Bruce Springsteen, Paul Simon und Cindy Lauper gearbeitet hat, am Mixen der Songs. Natürlich ist das eine riesige Aufgabe, wenn man in New York in einem solch bekannten Studio aufnimmt. Und es fährt einem als kleine Schweizer Wurst schon ein, wenn man hört, dass man ins Penthouse verschoben wird, weil Madonna nun doch erst nächste Woche aufnimmt oder das Putzpersonal zu ganz ungewohnten Zeiten plötzlich hektisch am Staubsaugen ist, weil Usher gleich kommt.
Baum (rechts) und Schlagzeuger Marc Hemantha Hufschmid.
Der Schlagzeuger Marc Hemantha Hufschmid und du scheinen sehr harmonisch und fast unzertrennlich zu sein. Eine musikalische Romance?
(Lacht). Seit ich Marc an einem Konzert sah und zu ihm sagte, es wäre ein Privileg, einmal mit ihm zu spielen, verbringen wir tatsächlich viel Zeit miteinander. Seit unserem ersten gemeinsamen Konzert ist es wie bei einem Paar, das schon nach wenigen Tagen das Gefühl hat, seit 20 Jahren verheiratet zu sein. Wir verstehen uns blind, auf der Bühne haben wir eine irre Mischung zwischen ganz klaren Abläufen und totaler Improvisation – es ist ein Geschenk, wenn man zusammen so harmoniert. Dies geschieht selten genug.
Wann dürfen wir das zweite Album erwarten?
Das steht noch nicht genau fest. Toll wäre es, wenn wir ungefähr im Oktober / November zumindest einige Songs als Single veröffentlichen könnten. Im Moment laufen in den Staaten Verhandlungen für einen Platten-Deal, was natürlich der Oberhammer wäre.
Ich kann mit Rückschlägen viel besser umgehen
Ich habe in den letzten Jahren wohl so etwas wie einen «musikalischen Buddhismus» entwickelt. Vieles ist im Fluss, einiges geht schief, aber auch was schief geht, hat immer einen guten Grund. Früher war ich viel öfters down, wenn etwas nicht gleich klappte. Mittlerweile kann ich mit Ungewissheiten und Rückschlägen viel besser umgehen, bin geduldiger geworden.
Dein internationaler Erfolg ist beeindruckend. Hast du von Anfang an über den Zaun der Schweizer Musik-Grenze geschaut?
Ich habe das nicht gezielt angestrebt, vieles ist einfach so passiert. Als Basler sind wir so nahe an der Grenze, dass wir keine naturgegebene Aversion gegenüber den Leuten auf der anderen Seite des Zauns haben. Von Anfang an fest stand für mich lediglich, dass ich nicht in Baseldytsch singen werde. Durch meine ehemalige Tätigkeit als Journalist war das Hochdeutsch auch schon «besetzt». Englisch ist eine viel prosaischere Sprache als Deutsch. Und obwohl meine Lyrics natürlich bei weitem nicht Oxford-English-Standard sind, so freut es mich doch immer wieder, wenn die Texte funktionieren. Wenn du in Irland ein Konzert gibst und Einheimische im Publikum haben Tränen in den Augen, weil die Lyrics sie berühren, ist das schon was ganz Spezielles.
Du bist auf Facebook sehr aktiv und pflegst einen regen Austausch mit deinen Likers. Wie wichtig ist für dich der (online) Kontakt zu deinen Fans?
Es ist für mich keine Marketingstrategie, mich um meine Fans zu kümmern. Ich liebe es einfach, mit Leuten zu reden. Und wenn mir jemand auf Facebook schreibt, dass er oder sie an eines meiner Konzerte kommen wird, ermuntere ich die Leute immer, unbedingt den Kontakt zu mir zu suchen. Gottseidank habe ich kein Lampenfieber, man kann und darf mich also auch ruhig vor einem Konzert ansprechen. Ich habe eine echte innere Lust, die persönlichen Kontakte zu pflegen und es berührt mich auch, diesen Austausch mit den Fans zu haben.
Das Cover von Baums Debütalbum.
Wie gut kann man denn als hauptberuflicher Musiker in der Schweiz leben?
Noch lebe ich ja nicht von der Musik allein. Nebenbei arbeite ich zur Zeit noch als freier Werbetexter und Konzepter. In New York sagen sie, wenn du als Musiker nicht mindestens einmal total verarmt warst, bist du kein richtiger Musiker. Ganz so krass ist es in der Schweiz nicht. Sicher, früher konnte ich mein gelbes Kärtchen mit mehr Vertrauen in einen Automaten schieben und sicher sein, dass auch etwas herauskommt. Aber eine gewisse Leidensfähigkeit gehört zum künstlerischen Dasein dazu. Überspitzt gesagt: als Musiker in der heutigen Zeit entscheidet man sich irgendwann, ob man Bestandteil des Mainstreams, der Unterhaltungselektronik sein will. Oder ob man echte Musik machen will. Eines meiner obersten Ziele ist es, authentisch zu bleiben und ehrliche, wahrhaftige Musik zu machen. Ein Album aufzunehmen, welches ich selber kaufen würde und hören wollte. Und dafür macht man halt manchmal gewisse Dinge anders, als es kommerziell orientierte Musikfirmen einem empfehlen würden. Musik ist für mich viel zu wertvoll, um sie nur des Geldes wegen zu machen.
Hand aufs Herz: Hast du denn noch nie genug gehabt vom Musiker-Dasein?
Wir haben als Band erst ca. 5-10% von dem erreicht, wo wir hin wollen. Ich habe durch die Erziehung von meinen Grosseltern eine grosse Bereitschaft entwickelt, für etwas hart zu arbeiten, das man erreichen will. Ich versuche, als Musiker gute Dinge zu machen und stelle fest: je mehr gute Dinge ich tue, umso mehr kommen gute Dinge retour. Nein, vom Musiker Dasein habe ich noch lange nicht genug.
Du warst mit deiner Musik bereits in Irland, Deutschland, New York – welche Länder würdest du gerne noch musikalisch bereisen?
Ein Traumziel ist sicherlich Japan – auch wegen dem Essen (grinst). Nach Island und Schweden würde ich sehr gerne mal wegen der grandiosen Natur. Etwas touren und danach eine Woche Fischen in Schweden – das wär´s!
- Künstler: Baum
- Album: Music For My Landlord
- VÖ: Ab sofort im Handel erhältlich
- Baum live: 5.August am Open Sky in Huttwil und am 26. August am Zurich Openair in Rümlang
- Infos zum Künstler liefert seine Webseite.
Verlosung:
Wie verlosen 4 x CDs; ein signiertes Doppelalbum „Music for my Landlord“ plus Bonus CD „Live at Dhanyabaad 2011“, includes duets with James Gruntz, Lea Lu, Patrick Bishop, Eliana Burki and Darwin. Schickt eine Mail mit Name und Adresse sowie dem Stichwort „Baum“ an patrick.holenstein@baeckstage.ch. Einsendeschluss: 10. August 2012.