Wie in alten Zeiten
Lynyrd Skynyrd brauchen nicht viele Worte. Ihre Musik und besonders die sichtliche Spielfreude sprechen für sich. Auch in der Eishalle Wetzikon am Sonntag, 26. April, war es nicht anders.
Bereits der Support Act Jared James Nichols liess den Bluesrock-Funken auf das Publikum überspringen. Der erst 23-Jährige (erstaunlich angesichts der Selbstverständlichkeit und Souveränität, mit der er die Bühne für sich einnahm) Sänger und Gitarrist spielte an jenem Abend mit seinen zwei Bandkollegen erst das zweite Mal in einem Stadion, hat noch nicht mal einen Wikipedia-Eintrag, aber bestimmt gleich einige neue Fans gewonnen – mich eingeschlossen. Sicher hätten es noch mehr sein können, wären nicht noch sehr viele Zuschauer dank des schönen Wetters draussen versammelt gewesen.
Kurz vor dem Auftritt von Lynyrd Skynyrd war die Eishalle dann doch ziemlich gut gefüllt und zwar mit dem durchmischtesten Publikum, das ich je bei einem Einzelkonzert erlebt habe. Von Kindern bis nach oben, gab es keine Grenze, es waren alle Generationen zugegen. Das Durchschnittsalter war schätzungsweise 50 Jahre – was immer noch jünger ist als die Bandmitglieder selbst. Auch stylistisch bedingt war von unauffällig bis Stars-and-Stripes-Leggins alles vertreten – die ersten paar Reihen wurden aber tatsächlich von Cowboy-Hüten dominiert.
AC/DC als Warm-up
Während um 20 Uhr alle gespannt warteten, erklang zum Einstieg «Thunderstruck» von AC/DC und zwar komplett. Als dann endlich die sieben Mitglieder von Lynyrd Skynyrd (plus zwei Hintergrundsängerinnen) die Bühne betraten, war der Jubel gross.
Die kleinen Männer mit den wahlweise grossen Hüten, langen Haaren oder vollen Bärten legten direkt mit «Workin’ for MCA», «I Ain’t the One» und dem J.J. Cale Cover «Call me the Breeze» los. Sänger Johnny Van Zant – mit grosser USA- auf dem Rücken und kleiner Schweizerflagge auf der Brust – musste allerdings noch einiges an Animations-Arbeit leisten, um das Publikum ganz zum Mitmachen zu bringen. Ob dabei sein gelegentliches lachendes Kopfschütteln positiv oder negativ gemeint war, blieb offen.
Trotzdem war die Freude am Spielen bei fast allen Musikern die ganze Zeit deutlich sicht- und spürbar und spätestens bei den aufeinanderfolgenden Hits «I Need You» und «Simple Man» sang auch das Schweizer Publikum kräftig mit. Als kurz vor Ende die ersten Akkorde zu «Sweet Home Alabama» angespielt wurden, konnte sich auch der letzte Zuschauer nicht mehr auf seinem Sitz halten. Und vermutlich gab es auch keinen einzigen Menschen in der ganzen Halle, der diesen Song nicht kannte.
Die würdige Zugabe bildete «Free Bird» mit dem langen und genialen Instrumental-Solo, das auch in voller Blüte geboten wurde.
Das ganze Konzert war musikalisch einwandfrei, die Qualität unübertroffen, und obwohl von der Originalbesetzung der Band nur noch Gitarrist Gary Rossington übrig geblieben ist, kamen bei einigen Zuschauern bestimmt Erinnerungen an früher auf. Zumal kein einziger der gespielten Songs auf einem neueren Album zu finden ist. Aber dafür geht man ja auch nicht an ein Konzert von Lynyrd Skynyrd.
Lynyrd Skynyrd habe zu Recht Legendenstatus. Dass sie trotzdem noch lange nicht zum alten Eisen gehören, haben die talentierten Musiker in Wetzikon einmal mehr bewiesen.