Von Metal-Legenden und Schlachten
Man kann ja einiges sagen über Sabaton. Aber nicht, dass die Band keine treuen Fans hat. Nicht nur Sabaton-Shirts, sondern auch Camouflage-Hosen (die Bühnen-Uniform der Power-Metaller) sieht man jeweils en masse an den berühmt-berüchtigten Konzerten der Schweden, und für die meisten dürfte es wohl nicht die erste Sabaton-Show gewesen.
Wohl aber für viele die erste Show von Accept. Wahrscheinlich war den meisten Besuchern nicht bewusst, wen sie da im Vorprogramm vor die Nase gesetzt bekamen, was einen leicht schalen Beigeschmack hatte. Denn Accept zählt seit den 80er-Jahren zu den international bekanntesten deutschen Heavy Metal-Bands. Zwar sind mit Wolf Hoffmann (Gitarre) und Peter Baltes (Bass) nur noch zwei alte (seit 1976) Mitglieder dabei, aber gerade mit Sänger Mark Tornillo wurde 2009 ein würdiger Ersatz für den unverkennbaren Udo Dirkschneider gefunden, welcher inzwischen nur noch mit seiner Band U.D.O. unterwegs ist. Auf der aktuellen Sabaton-Tour wird Accept fairerweise auch nicht als Support-Band, sondern als Very Special Guest bezeichnet.
Nach 40 Jahren noch flinke Finger
Eine Support-Band war trotzdem noch dabei: Twilight Force. Da diese bereits um 19 Uhr begannen, bekam ich gerade noch den letzten Song mit. Was ich sah und hörte, war stimmlich etwas schief, aber auf jeden Fall unterhaltsam. Die Musiker selbst schienen als Druiden, Elfen und Zauberer direkt aus einem Fantasy-Roman entsprungen zu sein, und auf dem Banner hinter ihnen prangte ein grosser Drache. Optisch und musikalisch: Power-Metal-Klischee in Vollendung. Dass die Schweden an diesem Abend auf der Bühne standen, haben sie wohl vor allem dem Umstand zu verdanken, dass sie aus der gleichen Stadt wie Sabaton stammen. Ich würde Twilight Force aber auf jeden Fall nochmals eine Chance geben, sollten sie mal wieder auf einer Schweizer Bühne stehen.
Der «Very Special Guest» zeigte sich dann von seiner besten Seite. Und er zeigte auch, dass entweder doch mehr Accept-Fans im Raum waren als befürchtet, oder dass sie es schafften, auch die anderen innerhalb kürzester Zeit mitzureissen. Mit ihren grossen Hits wie «Princess of the D», «Fast as a Shark» oder «Balls to the Wall» brachten sie die Halle zum Kochen, und setzten so die Messlatte für Sabaton ganz schön hoch. Besonders Altmeister Wolf Hoffmann zeigte, dass seine Finger auch nach 40 Jahren noch flink sind und einwandfreie Soli zum besten geben können.
allgegenwärtige Themen Krieg und Schlacht
Der hohen Messlatte wurden Sabaton aber schliesslich gerecht. Nicht zuletzt dank der aufwendig inszenierten Show mit den allgegenwärtigen Themen Krieg und Schlachten verschiedenster Epochen. Auf der Bühne stand ein «Achtung, Minen»-Schild, die Mikrophon-Ständer zierten Militär-Helme, und das Schlagzeug bestand wie immer aus einem Mini-Panzer. Auch die Intros «In The Army Now» und «The March to War» liessen keine Fragen dazu offen.
«We are Sabaton, and this is Ghost Division!», rief Sänger Joakim Brodén, als die Band schliesslich auf die Bühne rannte, und mit ebendiesem Song startete. Das Publikum stand von der ersten Sekunde an unter Strom und grölte fanatisch mit. Die Security kam indes fast nicht damit hinterher, die (anfangs fast ausschliesslich weiblichen) Stagediver von der Absperrung zu hieven – die Publikumsmitte war wie ein Menschenlaufband.
«Carolus Rex» in englisch
Wechselnde Kostüme wie Legionärs-Helme- und Umhänge bei «Sparta» (nicht nur an Brodén selbst, sondern auch an eigens engagierten Statisten), oder ein langer, blau-gelber Mantel zum patriotischen «Carolus Rex» (leider in der englischen und nicht in der schwedischen Version) sowie die Videowand mit verbildlichten Szenen aus den Songs ergänzten die Show auch optisch perfekt.
Trotzdem ist eine Sabaton-Show keine stur durchgesetzte Choreographie. Für Witze und Mätzchen ist bei den Power-Metallern immer Platz und Zeit. Und natürlich für Bier. Zwar wird die Anstachelung durch die Band nach den obligaten «Noch ein Bier»-Rufen (googelt man «noch ein Bier», erhält man fast ausschliesslich Ergebnisse über Sabaton) ständig weniger – irgendwann hat man als Band wohl auch einfach genug davon. Dafür ext der neue Gitarrist Tommy Johansson, der Ende letzten Jahres Thobbe Englund ersetzte, nach seiner Vorstellung durch Brodén kurzerhand einen grossen Becher, bevor er sich einen Song «wünschen» durfte: «Swedish Pagans» – selbstverständlich stand dieser Song bereits schon vorher auf der Setlist.
Feuer am Bühnenrand und Feuerzeige im Publikum
Eine kleine Einlage gab es auch von Joakim Brodén am Keyboard. Tatsächlich war er zu Gründungszeiten noch gar nicht als Sänger eingesetzt, sondern als Keyboarder. Dies hat sich aber schnell geändert, zum Glück, wie er selbst zugibt. Er stimmte einen Song der Village People an; höchste Zeit für Tommy Johansson, einzugreifen. Auch er hat Talent an den Tasten, das Publikum dankte es ihm mit Jubel. Die Klänge wurden alsbald ruhiger und trauriger und kündigten den Song «The Final Solution» an, der den Holocaust theatisiert, und in einer Akustik-Version präsentiert wurde. Feuer am Bühnenrand und Feuerzeuge im Publikum ergänzten die Stimmung, bevor es mit «Resist and Bite» wieder lauter wurde.
Sabaton betonen, den Krieg nicht verherrlichen zu wollen (auch in unserem Interview von letztem Sommer). Ob dies ihre Fans auch so sehen, ist fraglich. Aber letztlich kann die Band dafür nichts. Fakt ist: Sabaton bleiben ihren Themen treu, und wissen diese umzusetzen – auch live. Dem Publikum wird somit eine unterhaltsame und bis ins Detail inszenierte Show geboten. Die musikalische Qualität, das muss man lobend erwähnen, ist dabei immer einwandfrei. Die Schweden wissen eben, was sie tun.
Sabaton boten auch dieses Mal wieder eine grosse Show, die auch qualitativ überzeugte, und strafte die vielen Kritiker Lügen. Auch der «Very Special Guest» Accept sorgte für einen unvergesslichen Abend in der Basler St. Jakobshalle.