Selah Sue liefert im Kaufleuten akustisch ab
Selah Sue, die Belgierin mit Gespür für Melodie und Rhythmus, ist im Kaufleuten gesprächig. Sie erzählt beispielsweise, dass sie kürzlich Mutter wurde und strahlt dabei. Im März sei die Geburt gewesen, das sei der beste Monat, weil die Natur langsam erwache und die Inspiration blühen würde. Charmant und irgendwie doch auch ambivalent, denn Selah Sue als Künstlerin hat schon eine düstere Ader und die lässt sie in Zürich spielen. Etwa beim Cover zu «Que Sera», das so gar nichts von der fröhlichen Version hat, die von Doris Day um die Welt geschickt wurde, eher eine Dynamik à la Björk entwickelt und bei aller Faszination nicht die universelle Kraft des Originals erreicht. Selah erklärt dazu, sie sei angefragt worden, das Cover zu machen. Dass es so düster klingt und nur bedingt funktioniert, liegt aber weniger an der Belgierin als am Nostalgie-Faktor durch den Einsatz des Songs im Hitchcock-Klassiker «Der Mann, der zu viel wusste». Es ist aber der einzige - und wohl auch subjektive - Kritikpunkt des Abends.
Auch wenn der Übertitel «akustisch» nicht restlos stimmt, beispielsweise Trompeten schon mal via Keyboard eingespielt werden, wenn Selah und ihre Band sich so richtig schön im Reggae oder Funk suhlen, macht das überhaupt nichts. Denn wenn sie wenig später ganz alleine an der akustischen Gitarre zupft, wirkt sie authentisch und wie the girl next door, das am Lagerfeuer gerade Bob Dylan singt. Diese Gegensätze machen das Konzert extrem kurzweilig, mal darf man ihrer rauen Stimme genüsslich zuhören, mal dazu bzw. mit ihr tanzen.
Ohne neues Album ist sie gekommen, vielleicht spielt sie deshalb nicht vor vollem Haus, wie sie es sonst in Zürich gewohnt ist. Aber dafür hat sie Songs aus den bisherigen beiden Alben für ein akustisches Set neu arrangiert. Das funktioniert nicht zuletzt durch ihre einzigartige Stimme - leicht kratzig und nasal, aber ideal für den Mix aus Reggae und Trip Hop oder Pop - und dem Zusammenspiel mit den beiden Mitmusikern wunderbar.
Gleiches lässt sich auch über Manon sagen. Die junge Schweizerin hat im Vorprogramm gezeigt, wie gut schwerelose und zeitlose Songs zwischen Pop und allem, was aus Island kommt, funktioniert. Das ist natürlich kein Zufall. Manon nennt Björk gleich selbst als wichtigen Einfluss und covert sie im Set. Eben war Manon in Island und hat an ihrem zweiten Album gearbeitet. Die Künstlerin mit der glasklaren Stimme und dem oft verträumten Blick holt einen im Kaufleuten mühelos ab, wenn man sich auf ihre melancholischen Songs einlässt. Im Kaufleuten tun das viele und werden mit dichten Songs und verspielten Soli des Gitarristen, der sie begleitet, verwöhnt. Den Namen Manon sollte man sich merken.
Selah Sue kann ruhig, aber auch mir Vollgas
Manon passt als Support ideal zu Selah Sue und die wirkt in Zürich gelöst und gut gelaunt und das überträgt sich schnell auf das Publikum. «Fyah Fyah» singen die Leute mit und Selah kommentiert mit einem charmanten «Sehr gut». Das Trio um Selah Sue zeigt sich reduziert und gleichzeitig doch nicht. So arbeitet die Band zwar mit neuen Arrangements und zeigt ruhige Klänge, Vollgas geben kann sie allerdings durchaus auch. Sie beherrscht das Spiel mit den Rhythmen durchwegs. Etwa wenn bei «Always Home» im Hintergrund Scheinwerfer im Takt Schatten werfen und aus den Boxen ein sauber illustriertes Ballett aus Streichern, Gitarren und Soundelementen dringt. So kennt man Selah Sue und so versöhnt sie das nicht so gelungene Cover, denn die Band klingt satt und kreativ und gut gemischt.
Die Belgierin liebt, was sie macht, das spürt man im Kaufleuten in jeder Sekunde - bis hin zum krönenden Abschluss mit «This World». Hier zeigt sich, wie ein an sich schon guter Song in akustischem Gewand noch gewinnen kann. Selah lässt die crazy World förmlich explodieren und beendet ein mit nur einer guten Stunde Spielzeit etwas kurzes Konzert furios.
Bei Selah Sue bekommt man stets, was ihre Platten versprechen. Die Belgierin ist ihrem guten Ruf in Zürich auch im akustischen Set treu geblieben.