Paradise is under your nose

Konzertkritik: Peter Doherty im X-Traa
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© Bäckstage

Peter Doherty braucht keine Vorstellungsrunde. Sein Ruf und dessen Variationen eilen ihm weit voraus. So sehen ihn manche als begnadeten Musiker, während andere in ihm nur den alternden Drogenjunkie erkennen. Die Wahrheit liegt auch hier irgendwo in der Mitte dieser beiden Versionen von Peter Doherty. Deshalb war es auch nicht überraschend zu sehen, dass zwar viele Besucher ins X-Tra kamen, aber auch nicht so viele, dass von einer ausverkauften Show gesprochen werden kann. Die beiden Vorbands wurden weitgehend vom in der Sonne rauchenden Publikum ignoriert und spielten vor ein paar neugierigen Zuschauern. Als die Sonne allmählich unterging und die Uhr 21 Uhr schlug, pilgerten alle in den Konzertsaal.

 

Fotos: © Bäckstage 

 

Die Puta Madres und Doherty betraten die Bühne mitsamt verspieltem Husky, welcher nach den ersten zwei Akkorden aber aus eigenem Antrieb die Bühne verliess. Mit dem gleichen Hund wurde Peter am Donnerstagnachmittag in Zürich beim Gassi gehen gesichtet. Zuerst oben ohne, dann mit einem neuen Shirt. Am Abend beim Konzert trug er sein obligates Outfit: Stoffhose mitsamt Hosenträger und dazu ein weisses, nicht mehr so sauberes, Unterhemd. Gross Schickmachen musste sich Doherty angesichts des Publikums nicht. Schliesslich kennt man den Peter seit Jahren nicht anders. 

 

Beim gespielten Repertoire konnte Doherty mit seinen Puta Madres wieder gross Punkte sammeln. Sowohl Lieder von neuen Album, wie «Who’s been having you over» oder «Paradise is under your nose», wie auch jene seines letzten Albums wie «I don’t love anyone» kamen zum Zug. Wirklich für Gänsehaut sorgten jedoch die grandiosen Interpretationen seiner alten Evergreens. Darunter «The last of the Englisch Roses» oder «You’re my Waterloo» von den Libertines. Insbesondere beim letzteren schienen die Emotionen zu überwiegen, als Peter mehrmals den Blick seiner am Keyboard spielenden Lebenspartnerin Katia De Vidas suchte und fand. In Momenten wie diesen, überwog der Optimismus und Glaube, dass Peter es trotz erneuten Rückschlägen wieder auf die Beine schaffen wird. Und dass er sein Paradies nicht mehr unter der Nase, sondern vor seinen Augen, genauer gesagt im freudigen Publikum, finden wird. Wir drücken die Daumen.

 

Es war mit Abstand nicht seine beste Show, aber Peter Doherty vermag es auch in schwierigen Shows für schöne und authentische Momente zu sorgen. Dafür allein lohnt sich der Besuch bereits.

 

Tanja Lipak / Sa, 25. Mai 2019