Marilyn Manson setzt auf Altbewährtes
Mit Marilyn Manson verbindet man fast ein ganzes Buch voller Assoziationen: Schockrocker, Provokateur, Maler, Absinth-Hersteller, Schauspieler und die Liste könnte noch weiter geführt werden. In den letzten Jahren wurde es nicht unbedingt ruhiger um Manson, trotz seines fast schon mittleren Alters. Der Mann achtet genau darauf, dass sein Name entweder auf Musikalben, Kinoleinwänden oder zumindest in den Schlagzeilen zu lesen ist.
Nach «The Golden Age of Grotesque» im Jahr 2003 scheiden sich die Meinungen zur musikalischen Relevanz und Qualität seiner nachfolgenden Studioalben. Vielleicht hat es auch mit dem Abgang von Gitarrist John 5 zu tun, der oftmals für die prägenden Riffs verantwortlich war, an denen es auf neueren Erscheinungen leider mangelt.
Nichtsdestotrotz brachte Marilyn Manson seine Live-Show überzeugend auf die Bühne der Samsung Hall. In der fast ausverkaufen Halle tummelten sich die Fans in schwarz eng Schulter an Schulter, um den Beginn des Konzerts zu erwarten. Der kürzlich geschehende Unfall, bei dem in New York eine Bühneninstallation auf den Sänger fiel und er sich den Knöchel brach, wurde natürlich sogleich künstlerisch umgesetzt: zwei Sanitäter in grüner Spitalkleidung wichen keine Sekunde von Manson, oftmals nur, um das Kostüm desselben zu wechseln oder ihn von einem Thron runterzuholen.
Gespielt wurde ein einheitlich aufgeteilter Mix der Lieder aus Mansons Katalog und das obligatorische Cover «Sweet Dreams (Are Made of This)». Die Musiker, die der Künstler um sich scharte, lieferten einen druckvollen Sound ab, der dem Originalsound der Songs sehr nah kam, dennoch aber modern und frisch ins Publikum gestreut wurde. Zwischen den Songs wurde auf der Bühne mehrmals das Licht gelöscht, die jeweiligen kleinen Umbausequenzen dauerten auch mal ein paar Minuten.
«Van Goth»
Zusätzlich liess Manson es sich nicht nehmen, die sitzenden Gäste auf dem Balkon zu kritisieren, einige Geschichten aus dem Nähkästchen erzählen, oder sein Mikrofon auf den Bühnenboden fallen zu lassen. Bei seinen Besuchen in Zürich wartet die Boulevardpresse jeweils nie lange, um eine provozierende Schlagzeile schreiben zu können. Geschehen vor mehreren Jahren, als Manson einem Velofahren sein Gefährt abnahm und dann selber auf die Schnauze fiel, oder seiner Schlägerei im Niederdorf, wo er fast sein Ohr verlor - von ihm auf Social Media passend «Van Goth» genannt.
Die dazumal bahnbrechenden Lieder der 90er und frühen Nullerjahre wurden vom Publikum deutlich frenetischer aufgenommen als die neueren, geradlinigen, welche aber Manson Stimme ein bisschen mehr schmeichelten und mehr Luft liessen.
Nach knapp einer Stunde Spielzeit verabschiedete sich der amerikanische Rocker mit «The Beautiful People» von der Bühne und hinterliess die Fäuste reckende Menge in eine kalte Novembernacht.
Mit dem Schocken gelingts Marilyn Manson schon lange nicht mehr, mehrheitlich konsistent in der Musik und seiner Persona treu ist er aber umso mehr.