Eine gelungene Hommage an die «Fab Four»

Konzertkritik: Cavern Beatles in Zürich
Bildquelle: 
www.cavernbeatles.com

In der Robotik gibt es das Phänomen des «Uncanny Valley»: Roboter, die fast menschlich aussehen, lösen bei ihren Betrachtern ein unheimliches Gefühl aus. Sind sind sie Karikaturen, mit gänzlich unnatürlichen Proportionen, geschieht das nicht – erst wenn sie dem menschlichen Wesen zu nahe kommen.

Ein ähnliches Gefühl könnte einen Beatles-Fan beschlichen haben, der die «Cavern Beatles» (benannt nach dem legendären Cavern Club) im Neuen Theater Spirgarten in Zürich zu Gesicht bekam. Die Beatles-Coverband kleidet sich wie die Beatles, hat Frisuren wie die Beatles und spielt Lieder von den Beatles. Und dann sprechen sie einander auch noch mit Beatles-Namen an. Das wirkt dann etwas absurd, wenn der Bassist zum Gitarristen sagt: «Nicht wahr, John?», «John» aber am ehesten aussieht wie Paul (Bild: rechts). Und dann diese Perücken. Dank ihnen erinnert einer der Neo-Beatles (Bild: links) an eine alt Bundesrätin, die hier nicht namentlich genannt werden soll (Tipp: Sie isst eine Weile keine Schwarzwäldertorte mehr).

 

Musikalische Perfektion

Dass das Ganze etwas schräg ist, nimmt man aber nach ein paar Liedern kaum mehr wahr. Denn Beatles-Songs spielen, das können die vier Liverpooler wirklich (die Smartpohe-Musikerkennungs-App gibt bei einer Stichprobe die Beatles an). Das ist mehr als nur Theater. Mit «Please Please Me» eröffnen sie die Show, dann folgt ein Hit nach dem anderen. Beim sechsten Lied «I Wanna Hold Your Hand» braucht es nicht viel, um den ganzen Saal zum Aufstehen und Mitklatschen zu animieren. Dieser ist mit rund 250 Zuschauern gut gefüllt. Als sich die Leute während des nächsten Lieds «She Loves You» zögerlich wieder hinsetzen, begeben sich etwa 15 tanzbegesterte Gäste in den Hinteren Teil des Saales, um ihrem Bewegungsdrang freien Lauf zu lassen. Nach «Twist And Shout», bei dem der Saal ein zweites Mal steht und klatscht, gibt es eine Pause. Neunzen Songs haben die Cavern Beatles gespielt, und bei jedem hätte der Durchschnittsradiohörer mitsingen können. Das Konzert ruft eines in Erinnerung: Es gibt verdammt viele Beatles-Hits.

 

Im Schlussviertel geht’s richtig los

Der zweite Teil des Sets startet mit «Help», es folgt eine weitere Welle an Top-Songs. Auch die Performance ist Top. Die Cavern Beatles beherrschen nicht nur ihre Instrumente virtuos, auch die vielen mehrstimmigen Einlagen sind ein Genuss (besonders gut stellen sie das unter anderem bei «Nowhere Man» unter Beweis).

Mit der Hälfte der zweiten Hälfte beginnt der beste Teil des Abends. Die Musiker verlassen die Bühne, und als erstes kommt «Cavern George», zurück, seinen Anzug hat er durch einen orangefarbenen Sweater getauscht, seine Haare sind zerzaust, die Perücke weg. Dann gibt er mit seiner akustischen Gitarre eine grandiose Interpreation von «Here Comes The Sun» zum Besten. Seine Kollegen gesellen sich zu ihm, auch sie jetzt unverkleidet. Lustigerweise sieht «Cavern John», der vorher wie Paul aussah, ohne Perücke und Verkleidung viel mehr wie der tatsächliche John Lennon aus. Mit der Verkleidung verschwinden auch die Allüren, und die Band spielt die restlichen Hits noch einen Tick unverkrampfter. So hat auch, wer anfangs etwas gemischte Gefühle hatte, allerspätestens bei der Zugabe mit «Obladi Oblada», «Yellow Submarine» und dem allerletzten Lied «Hey Jude» ein Lächeln im Gesicht.

 

PS: Wer einen richtig echten Beatle sehen will: Paul McCartney spielt am 26. März in Zürich

 

www.cavernbeatles.com

Roman Rey / Fr, 09. Mär 2012