Doppeltes Finale auf der Bühne am Teich
Am Freitag, 27. August, fand nicht nur die 34. und damit letzte Show der «Bühne am Teich»-Reihe statt, sondern auch die letzte Lesung von Campino auf seiner Lesetour «Hope Street - Wie ich Englischer Meister wurde», bei der er von Kuddel, dem Gitarristen der Toten Hosen begleitet wurde.
Das kleine, aber feine Open-Air-Gelände wurde genauso liebevoll und einmalig gestaltet, wie man es aus der gegenüberliegenden Mühle Hunziken kennt. Der Getränkestand gleicht einem Zirkuszelt und die Gasse zwischen Mühle und dem Areal wurde kurzerhand in «Hope Street» unbenannt. Die Crew hat ein einzigartiges Programm auf die Beine gestellt, so hat etwa Marius Bear tief berührt. Durch die Begrenzung auf max. 500 Besucher haben sie nicht nur einen exklusiven Rahmen geschaffen, sondern dem Zuschauer ein großes Stück alte Normalität für einen Abend zurückgegeben. Ohne Maske, ohne jegliche Daten anzugeben. Einfach sein und genießen, was früher selbstverständlich war, wird jetzt umso mehr geschätzt.
Ein Hauch von Normalität
Die Temperaturen zeigten sich nicht mehr ganz so sommerlich und doch war bei Türöffnung schon eine beachtliche Zahl der 500 Zuschauer anwesend. Fleißig wurde sich noch verpflegt und gemütlich Sitzplätze ausgesucht.
Es dunkelte bereits spätsommerlich ein, als Campino mit Kuddel, der ihn an der Gitarre durch den Abend begleitete, die Bühne betrat. Schnell war klar, dass es für alle beteiligten ein toller unterhaltsamer Abend werden würde.
Eingestimmt wurde musikalisch mit «Long way from Liverpool». Liverpool definierte natürlich die Lesung, ist der Fußballklub doch prominent im Titel des biografischen Buches. Der Name des Buches, wäre Liverpool nicht Meister geworden, stand auch bereits fest: «Wie ich fast englischer Meister wurde». Das Buch hätte es so oder so gegeben, meinte Campino. Sein Werk ist eine schöne Mischung aus Kindheitserinnerungen von den Besuchen in England mit seinen Geschwistern und seiner Mutter, dem tückischen Linksverkehr, wie romantisch Autofahren mit weiblicher Begleitung auf dem Beifahrersitz sein kann und dem Leben und Reisen als Liverpool-Fan. Im ersten Teil wurde die Lesung vor allem mit Fangesängen ergänzt, die, wie Campino meinte, im Probenraum der Toten Hosen nicht so gut ankamen, wie er es gerne gehabt hätte.
Das Licht seiner Leselampe lockte in der Dämmerung Mücken an, nach einem Räuspern meinte Campino, dass unsere Mücken doch besser schmecken würden als andernorts, spülte sich den Hals mit einem großen Schluck «Mühli»-Bier und fand, dass dies doch eine nahrhafte Mahlzeit ergeben würde. Damit hatte er aber nicht den einzigen Lacher des Abends auf sicher. Die Anekdoten aus dem Buch gaben viel zu lachen. Wie zum Beispiel der verzweifelte Versuch vor einem Festivalauftritt sich mit dem Tablet in seinem Sky-Account einzuloggen, um vor dem Gig so viel wie möglich vom Saison-Auftaktspiel von Liverpool zu sehen. Nach etlichem hin und her und kurz vorm Verzweifeln, inklusive nicht ganz legalen Streamingversuchen seines Technikers, die ebenfalls scheiterten, kam man auf die Idee, das wohl in einer Berliner Wohnung gerade ein für ihn unwichtiges Tennisspiel von Zverev lief. Ein Anruf bei seiner damaligen Verlobten brachte ihn zur Erkenntnis, dass diese den Spielplan von Zverev besser kannte als seine Auftrittszeiten. Kaum war in Berlin der TV aus, funktionierte das Einloggen auf dem Account und die Stimmung entspannte sich im Backstage Bereich des Festivals.
Sauflied als Zuschauerwunsch, aber nicht als Schlusspunkt
In der zweiten Hälfte kamen einige Songs der Toten Hosen zum Zug, beispielsweise «Steh auf» und natürlich auch «Tage wie diese» durfte nicht fehlen. Mehr als einmal bedankten sich Campino und Kuddel für den tollen Abend und zeigten sich begeistert von der Location und bedauerten, dass sie mit der ganzen Band keine Chance hätten, an solchen Plätzen aufzutreten, höchstens inkognito. Die beiden zeigten sich auch sehr publikumsnah, ohne jegliche Absperrungen, was bis auf einen Zwischenfall, bei dem eine Dame meinte, Campino auf der Bühne besuchen zu müssen und ihm Wortlos irgendwelche Zettel auf den Schreibtisch zu legen, auch respektiert wurde. Der Auftritt der Dame wurde auf wie vor der Bühne nur mit ungläubigem Kopfschütteln notiert. Es tat der entspannten Stimmung aber zum Glück keinen Abbruch.
Traditionell läutete «You never walk alone» das Ende der Lesung ein. Wer jedoch dachte, damit sei der Abend kurz nach halb 11 gelaufen, lag falsch. Nach kurzen «Zugabe»-Rufen, wurde von den Zuschauern kurzerhand «Bommerlunder» angestimmt. Der Wunsch wurde erfüllt, auch wenn Campino fand, es könne ja nicht sein, dass der Abend wieder mit einem Sauflied endet. Was er dann auch nicht tat, denn noch vier weitere Male zog es die beiden Musiker zurück auf die Bühne, bevor Sie endgültig im Backstage verschwanden.
Von Beginn an war klar, dass Campino und Kuddel für einen tollen Abend sorgen würden. Die beiden Freunde wissen halt, wie man mit Musik und Humor begeistert.