Ehre, wem Ehre gebührt
Lasst uns uns nicht um den heissen Brei herum reden: «Lincoln» ist ein Film von Amerikanern für Amerikaner. Die zwölf Oscar-Nominierungen die der Film erhielt, sind dabei nur ein Indiz darauf, was diese Aufnahmen für zukünftige Generationen im Land bedeuten könnten.
Ein Politiker-Film mit politischem Inhalt
Gemäss Regisseur und Produzent Steven Spielberg war Abraham Lincoln der wichtigste Präsident der Vereinigten Staaten. Deshalb wollte er keinen Repräsentations-Streifen drehen, der Lincoln als händeschüttelnden Liebling der Nation zeigt. Nein, er entschied sich dafür, einen Politiker-Film mit politischem Inhalt zu drehen. Einem wichtigen politischen Inhalt: Dem Ende der Sklaverei.
Daniel Day-Lewis (Bild 1) als Abraham Lincoln und Tommy Lee Jones (Bild 2) als Thaddeus Stevens machen ihre Sache sehr gut. (Mit Maus über Bild fahren)
Offenbar ist es heutzutage zu wenig Teil des amerikanischen Bewusstseins, dass Lincoln eine entscheidende Funktion im Kampf gegen die Versklavung hatte. Spielberg will mit diesem Film die Sicht auf die Dinge schärfen. Ehre, wem Ehre gebürt.
Ausserdem muss sich der kritische europäische Zuschauer daran gewöhnen, dass die politischen Verhältnisse des damaligen Amerikas genau umgekehrt zu den heutigen liegen. Die Demokraten sind die Konservativen und die Republikaner die Liberalen, Weltoffenen, zu denen Lincoln gehört.
Daniel Day-Lewis IST Abraham Lincoln
Das Lob für die schauspielerischen Leistungen des Films ist vorallem im Fall des Hauptdarstellers Daniel Day-Lewis mehr als gerechtfertigt. Von der leicht schrägen Haltung des Kopfes bis hin zu dem bekannten, hinkenden Gang IST Daniel Day-Lewis Mister Abraham Lincoln. Nach Aussagen des Schauspielers Joseph Gordon-Levitt, der Lincolns ältesten Sohn Robert spielt, wurde Day-Lewis auf dem Filmset ausschliesslich mit «Mister Lincoln» angesprochen. Soviel zum Method-Acting.
Bild 1: Ein nachdenklicher Abraham Lincoln brütet über Lösungen. / Bild 2: Was da wohl Mary Todd Lincoln (Sally Field) über die Leber gelaufen ist?
Auch Sally Field gibt eine exzellente First Lady ab, und das obwohl sie mit 66 Jahren zehn Jahre älter als Film-Partner Daniel Day-Lewis ist. Die echte First Lady Mary Todd Lincoln war zum Zeitpunkt von Lincolns Tod lediglich 47 Jahre alt.
«Lincoln» ist trotz Referenzen zum Bürgerkrieg kein Action-Film oder Herzschmerz-Drama. Es ist ein ruhiger, besonnener Film mit vielen Dialogen und massivem politischem Inhalt. Vielleicht wird er das europäische Herz nicht erweichen können, aber als Zeitdokument einer wichtigen Epoche erfüllt er seine Pflicht allemal.
- Lincoln (USA 2012)
- Regie: Steven Spielberg
- Drehbuch: Tony Kushner
- Darsteller: Daniel Day-Lewis, Sally Field, Joseph Gordon-Levitt, Hal Holbrook, James Spader
- Laufzeit: 145 Minuten
- Kinostart: 24. Januar 2013