American Football als sozialer Klebstoff
Das Rolling Stone Magazin hat «Friday Night Lights» auf Platz 24 der besten Serien alle Zeiten gewählt, dabei ist die Serie in unseren Breitengraden verhältnismässig unbekannt. Das mag daran liegen, dass im Zentrum des Geschehens die Dillon Panthers stehen, ein American Football Team in einer texanischen Kleinstadt. Allerdings ist der American Football innerhalb des Serienuniversums nur der soziale Klebstoff. Freitags werden die Flutlichter angeworfen, man trifft sich auf dem lokalen Spielfeld und träumt von der Meisterschaft. Die Drama-Serie behandelt aber auch diverse Themen, die über den Sport hinausgehen.
Der Football-Trainer Eric Taylor (Kyle Chandler, «Bloodline») wechselt in der Pilotfolge zu den Dillon Panthers. Zusammen mit seiner Frau Tami (Connie Britton, «Nashville) und Tochter Julie (Aimee Teegarden, «Scream 4») verlegen sie den Lebensmittelpunkt in die Kleinstadt. Vor allem Teenie-Tochter Julie ist nicht begeistert davon, auf eine neue Schule zu gehen. Sie lebt sich aber schnell ein, findet Freunde und bandelt zärtlich mit einem der Footballspieler an. Das sorgt für Streit mit dem Vater und Trainer des Schwarms. Daneben haben alle Spieler ihre privaten Probleme. Frauenschwarm Tim (Taylor Kitsch) ist einer der Stars der Mannschaft und hat eine grosse Zukunft, steht sich durch leidenschaftlichen Alkoholkonsum jedoch regelmässig selbst im Weg. Während der Quarterback bei einem Unfall auf dem Spielfeld im Rollstuhl endet, beginnt seine Freundin Lyla mit seinem Mannschaftskollege und besten Freund Tim eine Affäre. Ein anderer Spieler kümmert sich rührend um die demente Grossmutter. Das führt so weit, dass er ein Date kurzerhand mitbringt, um der verwirrten Grossmutter «Mr. Sandman» vorzusingen, um sie zu beruhigen. Dabei ist ihm völlig egal, was das Mädchen, immerhin die Tochter des Trainers, denkt. Aber für das gemeinsame Ziel, den Meistertitel arrangiert man sich trotz aller Probleme immer wieder. Nur, sind die Dillon Panthers gut genug?
Bekannte TV-Gesichter
Die zuletzt erwähnte Szene ist rührend und ohne Pathos. Sie steht ziemlich gut für die Machart der realistischen Serie. Hier wird nicht geschönt, sondern gnadenlos am Puls einer Kleinstadt erzählt. Diesen Eindruck unterstützt der leicht dokumentarische Stil der Serie, die allerdings nie vorgibt, wahr zu sein. Unterstützend könnte dabei sein, dass die Serie bewusst nicht in HD erscheint, sondern in SD, damit die gesamten fünf Staffeln auf eine elegante Box passen. Dadurch rauscht das Bild leicht, was aber nicht gross stört, sondern einen Hauch von Authentizität verleiht. «Friday Night Lights» basiert auf dem gleichnamigen Spielfilm von Peter Berg aus dem Jahr 2004 und genau wie der Film bezieht sich die Serie auf dem Roman von H.G. Bissinger. Berg, der auch bei der Serie als Creator, Produzent und bei zwei Folgen als Regisseur aktiv war, erlaubt der Serie einen langsamen und mit viel erzählerischem Geschick inszenierten Aufbau des Mikrokosmos‘ von Dillon, einer Kleinstadt wie es sie zu tausenden in den USA gibt. Die Footballspieler sind die Stars, die Cheerleader begehrt, die Spieler sind teils Diven, aber am Ende des Tages doch Kollegen, und die Rivalität im Team sorgt schon mal für dicke Luft. Schliesslich ist er Football eine der wenigen Möglichkeiten, dem Kleinstadtmief zu entkommen, gerade wenn die Familie nicht genug Geld hat oder die schulischen Leistungen ungenügend sind. Darum ist das Streben nach einem Titel ein ständiges Ziel für die ehrgeizigen Sportler und die Stadt, die ihnen den Rücken stärkt.
Neben den sportlichen Handlungssträngen ist «Friday Night Lights» aber ein hervorragend inszeniertes Sozial-Porträt. Die kleinen und grossen Probleme sind gerade so wichtig wie der Sport und man kennt sie auf der ganzen Welt: Nachbarschaftsstreitereien, Hormonstaus, falsche Entscheidungen, Wut, Ungerechtigkeit, Arroganz, Frust und die jeweilige Reaktion. Trotzdem ist die Serie keine kitschig Soap, sondern verleiht den Figuren glaubhaften Background. Das erreichen die Drehbücher mit einer tiefen Zeichnung der Figuren bis weit in die Nebenfiguren hinein. «Friday Night Lights» war zwar nie ein grosser Erfolg, wurde aber durch das realistische Bild einer typischen amerikanischen Kleinstadt mit der Zeit zum Geheimtipp und geniesst heute noch einen international sehr guten Ruf. Im deutschsprachigen Raum war die Serie bisher nur im Pay-TV zu sehen.
Kommerzielle nicht so erfolgreich, aber dafür ein Geheimtipp
Da die Serie schon eine Weile nicht mehr läuft (in den USA von 2006 - 2011, in Deutschland von 2009 - 2013), ist es für Serienfans ein kleines Vergnügen, viele bekannte Gesichter zu sehen, die in aktuellen Serien aktiv sind. Von Connie Britton, die in «Nashville» als Country-Sängerin glänzt, und Serienmann Kyle Chandler, der grosse Erfolge mit der Netflix-Produktion «Bloodline» feiert, über Michael B. Jordan, der gerade neben Sylvester Stallone in «Creed» zu sehen war, aber wie Minka Kelly auch in «Parenthood» auftrat, bis zu Adrianne Palicki, die eine der «Marvel Agents of S.H.I.E.L.D.» war, und Jana Kramer aus «Entourage» oder «One Tree Hill». Einige Fans werden auch Matt Czuchry erkennen, der als Logan in den «Gilmore Girls» oder als Cary Agos in «The Good Wife» aufgetreten ist.
«Friday Night Lights» ist zwar eine Drama-Serie, die von Jugendlichen und ihren Problemen erzählt, aber es ist keine Teenie-Serie, sondern ein geschicktes Abbild von Menschen in ihrem Alltag und das, ohne Wertung, selbst wenn es um Leben und Tod geht, wird nicht schwaz/weiss gezeichnet.
Packende Studie einer texanischen Kleinstadt. Natürlich sind immer wieder Sportszenen dabei, aber darüber hinaus menschelt es sehr. Nicht ganz ohne Klischees, aber nie unglaubwürdig. Endlich kommt die Serie zu uns.
- Friday Night Lights - 5 Staffeln (USA 2006 - 2011)
- Produzent: Peter Berg
- Besetzung: Connie Britton, Kyle Chandler, Aimee Teegarden, Taylor Kitsch, Adrianne Palicki, Mink Kelly u.v.m.
- Laufzeit: total 57 Stunden
- Im Handel: ab sofort (Gesamtbox)