Legendäres neu interpretiert

Kritik: Makaya McCraven
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Coverbild / ©XL Recordings, Musikvertrieb

Grosses erwartet man – und wird nicht enttäuscht! Makaya McCravens Re-Work «We’re New Again» ehrt das Schaffen des 2011 verstorbenen Wegbereiters des Hip-Hop, Gil Scott Heron, und kreiert aus 29 Minuten Scott-Heron-Essenz etwas Neues, Einmaliges.

 

Wir erinnern uns – auch Jamie Smith, Produzent von The XX, hat es getan. Während jedoch Jamie XX 2011 in Zusammenarbeit mit Gil Scott-Heron aus dem Original «I’m New Here» ein grossartiges Dubstep- Album «We’re New Here» erschaffen hat, klingen Makaya McCravens Interpretationen näher an Scott- Herons Ursprungsmaterial.

 

Organic Beat Music aus Chicago

 

2015 horchte die Musikwelt auf, als Makaya McCraven das Album In the Moment veröffentlichte. McCraven wurde noch im gleichen Jahr eine Grösse unter bekannten Jazzkünstlern, und auch denjenigen Musikern ein Begriff, die an den Grenzen zwischen elektronischer Musik, Hip Hop und Jazz experimentieren. McCravens organic beat music entstand aus überarbeiteten Improvisationen mit dem Titel «Spontaneous Composition», die zwischen 2013 bis 2014 aufgenommen wurden. Im Studio begann der franco-amerikanische Musiker zu feilen, pitchen, loopen und layern bis schliesslich die Songs standen, welche der Künstler auf In the Moment präsentierte. Bis heute wird das Album von verschiedenen Kritikern als eines der wichtigsten Werke des modernen Jazz gelobt.

 

«I’m New Here»

 

Der Mann aus Chicago, der sich in der Jazz-Szene einen Namen gemacht hat und mit Grössen wie Bobby Broom, Corey Wilkes, Jeff Parker oder Kamasi Washington auf der Bühne stand, nimmt sich auf seinem vierten Album also der Musik des unvergessenen Strassenpoeten Gil Scott Heron an. Zu hören sind bluesige, rockige, jazzige, hip-hopige Interpretationen von «Running», «Me and the Devil» oder «New York is Killing me» – von tanzbar bis warm, melodiös, auch bisschen dreckig, so gut – der Godfather of Rap würde dem Beat Scientist aus Chicago, wie sich McCraven selbst nennt, applaudieren.

 

Späte Würdigung eines Künstlers

 

Anders als Gil Scott Heron wuchs der Drummer Makaya McCraven aufgehoben, inmitten von Musikern auf. Seine Eltern, Agnes Zsigmondi, eine ungarische Sängerin und Stephen McCraven, selbst Jazz- Drummer, förderten die Kreativität ihres Sohnes. Oder wie McCraven es formulierte: «Ich habe das Musikgefühl nicht einfach von meinen Eltern geerbt. Sie liessen mich viele, viele Sunden meines Lebens üben. Musiker arbeiten hart.» McCraven studierte Musik an der Universität von Massachusetts Amherst, zog seine musikalische Karriere aber dem Universitäts-Abschluss vor. Als er 2007 nach Chicago zog überlebt er anfangs dank Gigs und Workshops, die er unterrichtete. Auf dem Debüt Split Decision, welches 2012 beim Label Chicago Sessions erschien, präsentierte der Drummer seinen eigenwilligen Sound, der sich nicht an Konventionen hält, und dadurch die Aufmerksamkeit eines anspruchsvollen Publikums fesselt. Was den junge Künstler McCraven mit der Legende Gil Scott Heron verbindet ist eine tiefe Liebe für die Musik und der Wunsch, verschiedene Elemente aus Soul, Blues, Hip Hop und Jazz in ihr zu vereinen. «Ich möchte meinen Teil beitragen zu einer Welt, die nicht an Genre, Rasse oder Landesgrenzen gebunden ist, sondern vereint durch die Liebe zur Musik und Gemeinschaftsgefühl», sagt der Musiker.

 

Durch die Wiederaufnahmen und Neuinterpretationen jüngerer Künstler erfährt der zu früh an den Folgen von Aids verstorbene, passionierte Musiker und Dichter Gil Scott-Heron eine späte Würdigung seiner Arbeit. Unvergessen bleiben Statements wie «The Revolution will not be televised» und «I am the closest thing I have to the voice of reason», die der Godfather of Rap mit seiner unverkennbaren Bass-Stimme vortrug.

 

  • Künstler: Makaya McCraven
  • EP: We’re New Again
  • Im Handel: seit 7. Februar 2020

 

textundbild.info / Mo, 23. Mär 2020