Angezogen, ausgezogen, grossgezogen

CD-Kritik: AnnenMayKantereit
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Coverbild

Das Debüt-Album von AnnenMayKantereit wurde sehnsüchtig erwartet. Denn spätestens nach der EP «Wird Schon Irgendwie Gehen», die letztes Jahr erschienen ist, wollte man unbedingt mehr hören von den vier jungen Männern aus Köln.
 Der Bandname setzt sich aus den Nachnamen von Christopher Annen, Henning May und Severin Kantereit zusammen und seit 2014 ist Malte Huck auch ein Teil der Gruppe. Der Name wirkt auf den ersten Blick, oder das erste Hören, eher ungewohnt. Doch spätestens jetzt sollte ihn niemand mehr aus dem Kopf kriegen, immerhin war die Band fast das ganze letzte Jahr unterwegs, hat auf den verschiedensten Festivals gespielt und eigene Konzert gegeben. Auch waren AnnenMayKantereit im Herbst drei mal in der Schweiz zu Besuch. Meist vor ausverkauften Häusern.

 

Die Stimme von Henning May. Passt die überhaupt in einen so schmächtigen Körper? Er hat so ein unglaublich tiefes Stimmorgan, dass man schon zwei Mal hinschauen muss (oder sollte), um sicher zu gehen, dass er wirklich singt, wenn er auf der Bühne steht.
 «Alles Nix Konkretes» greift vor allem Themen auf, zu denen man sofort einen Bezug aufbauen kann. Wenn man Anfang zwanzig ist, so wie die Jungs, sind Zukunftsängste und allgemeine Ungewissheit und manchmal auch Unsicherheit wichtige Themen, mit denen man sich fast tagtäglich auseinandersetzen muss. Die Pianoballade «21, 22, 23» fasst diese ziemlich exakt zusammen. Vor allem aber erzählt der Song davon, dass, auch wenn du dich alleine fühlst, es allen andern auch so geht. «Denn du bist 21, 22, 23 und du kannst noch gar nicht wissen, was du willst.» 
Das Lied ist perfekt, um den ganzen «die richtige Uni auswählen, hoffentlich einen akzeptablen Nebenjob finden, oder doch gleich voll ins Arbeitsleben eintauchen, vielleicht lieber zuerst ein Praktikum machen, nur um sicher zu gehen»-Stress leichter zu nehmen. Und auch mal zu tanzen. 
Der Titel «Alles Nix Konkretes» passt ebenfalls in dieses Schema von jugendlichen Gedanken und Sorgen, Situationen und Entscheidungsstress. Denn eigentlich ist es genau das was man will. Alles, aber halt doch nichts Konkretes, um sich möglichst alles Türen offen halten zu können. Um nichts zu verpassen. 

 

Es geht um alte Freunde, die neue, bessere Freunde finden. Und wenn man sich trotzdem auf Partys von gemeinsamen Freunden sieht, ist es komisch, weil man sich nicht mehr kennenlernen kann, obwohl man eigentlich nur noch die alten «Versionen» des Anderen kennt. Davon handelt «Wohin Du Gehst». Auf dem Debüt wird erzählt, wie es ist, wenn man von zuhause auszieht, in ein neues Zimmer, an einen unbekannten Ort und von Liebesbeziehungen und dem damit zusammenhängenden Herzschmerz. 
Das Album macht melancholisch, öffnet das Herz und hilft, sich selber ein bisschen besser zu verstehen. Es beantwortet viele Fragen, die sich um das Leben und dieses «Erwachsen werden und sein» drehen.
 Doch eine Frage bleibt offen.
 Wer ist Pocahontas? Und weisst sie, das es ihm leid tut?
 Ich hoffe sehr.

 

AnnenMayKantereit gelingt das Debüt, das alle von ihnen erwartet haben. Die Band bleibt spannend. 

AnnenMayKantereit - «Oft gefragt»

 

  • Band: AnnenMayKantereit
  • Album: Alles nix Konkretes
  • Land: Deutschland
  • Veröffentlichung: bereits im Handel. 
  • Website: AnnenMayKantereit

 

 

Pascale Stöckli / Di, 05. Apr 2016