Musizierende Touristen aus der Schweizer Hauptstadt

Interview mit Goodbye Fairbanks
Goodbye Fairbanks
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Goodbye Fairbanks

 

Macht ihr hauptberuflich Musik?Ricardo: Nein. Wir studieren alle – das heisst, Michael ist damit fertig. Benjamin und David studieren zusammen Germanistik und Geschichte und machen im Sommer ihren Bachelor. Ich studiere Wirtschaft und bin am Master. Die Uni leidet aber natürlich schon etwas unter dem Musikmachen…


Euch gibt es seit 2005. Was waren bislang die Highlights?Ricardo: Wir haben einige coole Sachen gemacht. 2007 spielten wir hier in Zürich im «Rohstofflager» als Support für Fall Out Boy. Im gleichen Jahr hatten wir einen Auftritt an der Fashionweek in Berlin. 2009 erschien unser erstes Album, verbunden mit einer Tour durch die Schweiz und Deutschland, 2010 spielten wir am «Greenfield».

 

Benjamin: Für uns ist es immer ein Highlight, wenn wir mit Bands spielen dürfen, die wir selber gerne hören. Das neue Album ist sicher auch ein Meilenstein. Und natürlich freuen wir uns, dass wir im März Best Talent bei DRS 3 wurden. (Anm. d. Red.: Förderpreis von DRS 3).

 

Gab es auch Tiefpunkte?David: Immer wenn wir nach Deutschland fahren, wird unser Bandbus mitsamt Anhänger mindestens einmal abgeschleppt. Wir kriegen auch meistens eine Parkbusse, zum Beispiel heute Morgen vor dem Studio des Schweizer Fernsehens..


Benjamin: Der bisher grösste Tiefpunkt war, als letztes Jahr unser Bassist Olivier Weiss die Band verlassen hat. Olivier ist ein langjähriger Freund und Gründungsmitglied. Es ist immer traurig, wenn eine Ära zu Ende geht und einen die Realität einholt. Olivier hat sich für ein aufwendiges Studium in Luzern entschieden und sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Wir sind aber immer noch gute Freunde. Mit Michael haben wir einen neuen Bassisten gefunden, der sehr gut zur Band passt und sogar neue musikalische Inputs liefern konnte.

 

Ihr macht Indierock. Was ist euer Anspruch an eure Musik?Einstimmig: Sie muss ehrlich sein.


David: Ja, und unverfälscht, uns entsprechen und uns repräsentieren – als Musiker wie auch als Menschen.

 

Benjamin: Wir sind einfach uns selbst. Eine Gruppe guter Freunde, die aus Leidenschaft Musik macht. Was aber nicht heisst, dass wir keinen hohen Anspruch an unsere Musik haben. Wir arbeiten unablässig, proben viel, schliessen uns tagelang im Bandraum ein – so lange, bis wir 100 Prozent hinter den Songs stehen und stolz darauf sein können.

 

Ihr seid erfolgreich im Ausland, das können nicht viele Schweizer Musiker behaupten. Was denkt ihr, macht euren Erfolg aus?Ricardo: Viele Bands versuchen es vielleicht gar nicht erst. Deutschland, Italien und Frankreich haben einen hart umkämpften Musikmarkt. Das merkt man beim Booking. Da rollt keiner den roten Teppich aus, wenn wir kommen. Wir sind aber immer dran geblieben, haben uns nie entmutigen lassen.

 

David: Es ging uns nie darum, wie viele Leute da sind. Hauptsache, wir haben Spass an der Musik und können das rüberbringen. Im Laufe der Zeit haben wir viele gute Leute kennen gelernt, die uns bis heute unterstützen. Das hilft natürlich auch. 

 

Michael: Obwohl, die USA waren die Ausnahme: Unsere Shows waren von Anfang an gut besucht und wir bekamen super Feedback. Das ging irgendwie alles reibungslos.

 

Wie unterscheidet sich die amerikanische Musikszene von der schweizerischen?David: In der Schweiz wird man als Musiker erst mit kommerziellem Erfolg ernst genommen, während man sich in anderen Ländern durchaus auch ‚nur‘ mit künstlerischer Integrität Respekt verschaffen kann. Die grossen Veranstalter buchen halt oft internationale Headliner. In den USA stehen einheimische Bands viel stärker im Vordergrund. Wir haben in den USA natürlich so etwas wie Exoten-Status, was sicherlich ein Plus ist.

 

Benjamin: Dabei haben wir in der Schweiz unglaublich viele grossartige Bands. Manchmal wissen die Leute gar nicht, dass das Schweizer sind.

 

Michael: Ja, «gut für eine Schweizer Band» hört man oft. Der internationale Mainstream sollte viel weniger von der Schweizer Musik abgegrenzt werden. Denn gute Musik bleibt immer gute Musik – egal wer sie macht.

 

Euer neues Album kommt am Freitag raus. Könnt ihr drei Stichworte dazu nennen?

Benjamin: Breites Spektrum.

 

David: Das waren schon zwei…

 

Ricardo: Amerika.

 

Benjamin: Ja, und sicher auch Produzent Matt Goldman, der einen positiven Einfluss auf unser Album hatte.

 

David: Der Inhalt ist leidenschaftlich, was nichts mit Romantik oder Kitsch zu tun hat. Ich meine damit viel mehr, dass wir viel Zeit, Energie und Aufwand investiert haben.

 

Ricardo: Dafür wurden wir mit dem Ergebnis belohnt. Auf dieser CD sind 100 Prozent WIR. Noch nie konnten wir unsere Musik so stark nach unseren Vorstellungen und Wünschen umsetzen.

 

 Was ist für euch selbst der grösste Unterschied von diesem zum letzten Album?Ricardo: Wir sind drei Jahre älter und haben uns individuell weiterentwickelt. Früher waren wir vielleicht etwas flippiger. Wir machen jetzt zum Beispiel mehr Tourneen und weniger einzelne Shows. Bevor wir letztes Jahr ins Studio gingen, waren wir zweieinhalb Wochen auf Tour. Diesen Tour-Vibe konnten wir ins Studio mitnehmen.

 

Michael: Wir haben während der Aufnahmen auch im Studio gewohnt, also im Appartement direkt darüber. Das war super, wir konnten jederzeit schnell hinunter und Musik machen. Wir hatten so viel Zeit wie nie zuvor. Jeder von uns konnte seine Bestform ausspielen.

 

Benjamin: Songwriting ist ja immer ein kreativer Prozess. Wir arbeiten heute viel mehr zusammen. Ich mache meistens das Grundgerüst zu einem neuen Stück. Danach bringt jeder seinen Stil mit ein. Wenn die Jungs mit dem Song durch sind, klingt er oft ganz anders als ich es am Anfang erwartet habe. Unser neues Album ist eine Mischung aus Melancholie und Hoffnung, wobei letzteres klar überwiegt. Die Musik ist auf jeden Fall lebensfroher als auf dem vorherigen Album.

 

Was ist euer musikalisches Ziel für dieses Jahr?David: Erfolgreiche Konzerte spielen, viele Leute begeistern. Die Menschen sollen sehen, dass wir coole Schweizer Musik machen.

 

Benjamin: Wir hoffen, dass die CD-Kritiken dem entsprechen werden, was wir selber in unserer Musik sehen. Das Schöne am Musikerleben ist unter anderem, dass wir in der Welt rumkommen.

 

Michael: Genau, wir sind sozusagen musizierende Touristen.

 

Was hört ihr privat für Musik?Ricardo: Breit gemischt! Von Country bis Classic Rock. Das kann Willie Nelson, Motley Crue, aber auch mal Katy Perry oder Kelly Clarkson sein.

 

Dieses Interview ist auch in der ersten Ausgabe des neu lancierten Magazins «getalife» zu lesen. Das Magazin erscheint viermal jährlich und behandelt Themen aus dem Kultur- und Lifestylebereich. Bäckstage hat in jeder Ausgabe zwei Seiten mit Logo und eigenem Inhalt. Wir freuen uns über die Zusammenarbeit.

 

 

Linda von Euw / Do, 12. Apr 2012