Jobrotation auf der Bühne unter den Geleisen

Konzertkritik: Girls in Hawaii im Bogen F
Bildquelle: 
Promobild

Text von Thomas Hügli

 

Proppenvoll gefüllt mit Instrumenten thront die Konzertbühne im Bogen F über den Besuchern, die so zahlreich erschienen sind, dass praktisch kein Durchkommen mehr ist. Girls in Hawaii sind kein unbeschriebenes Blatt in der Indie-Pop Szene und sie haben ihre Fans. Berechtigt, denn seit 14 Jahren touren die sechs Belgier immer wieder durch Europa und feilen zu Hause, mit einem besonderen Gespür für Intonation, Rhythmik und Klang, an ihren Kompositionen. Im Laufe der Zeit hat sich die Band in wechselnder Zusammensetzung neu erfunden und profitiert von einer geballten Ladung musikalischer Intelligenz. Daraus resultieren komplexe Stücke, welche die multiplen Musiker in einer Art Jobrotation an den Instrumenten experimentell interpretieren.

 

Musiker sind seit jeher etwas exzentrisch und oft knapp mit Worten, besonders wenn eine Sprachbarriere vorhanden ist. An diesem Konzertabend bricht das Eis aber schnell, denn Französisch, Englisch und Deutsch verstehen hier fast alle. Die Band begeistert mit ihrer faszinierend subtilen Musik und den aussergewöhnlichen Soundeffekten der verschiedensten Instrumente. Ein Benjo, ein Bass, eine Tenorblockflöte, Akustik- und E-Guitars, verschiedenste Synthesizer, ein Harmonium, eine Anzahl Xylophone und andere Apparaturen, ergeben ein vielseitiges Klangbild und einen durchdachten, melodiösen Sound, der zeitweise an Nirvana, Radiohead und auch an Queen erinnert. Der Drummer sticht dabei besonders hervor. Er sorgt für einen perfekt passenden Beat und trägt die Band auf seinem Groove. Mit neuen Titeln wie «Misses» oder «Not Dead» lockt die Band ihre Fans aus der Reserve und erntet stürmischen Applaus.

 

Die Slack Key Guitar, die in den Stücken immer wieder zum Einsatz kommt und bei der die Saiten mit den Fingern gezupft werden, mimt mit Effekten des Slides oftmals die Falsettos und Stimm-Breaks, die öfters im hawaiianischen Gesang vorkommen. Sie könnte die Inspiration zum Bandnamen gewesen sein. Vielleicht war es nach Aussage einer der Musiker aber auch einfach nur ein «Big Joke».

 

Der Gesang als Chor und im Solo, ist in Worten zwar kaum verständlich, vertieft den psychedelischen und melancholischen Charakter der starken Musik aber ungemein. Unplugged sind Girls in Hawaii dann auch noch, zwar erst in der Zugabe, dafür aber mit viel Gefühl und stressfreier Soundabmischung im Hintergrund, die letztlich fast zu Kopfschmerzen geführt hat. Am Schluss zu erwähnen ist noch das Folk-Rock-Duo «Azerty», welches das Konzert als Vorband supporten und eine sanfte Wohlfühlatmosphäre im Bogen unter den Geleisen versprühen. 

Bäckstage Redaktion / Mo, 17. Nov 2014