Nickless: «Ich versuche sehr kritikfähig zu sein»

Interview mit Nickless
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Pressebild / © TBA

Wenn man Nickless gegenübersitzt, ist da ein junge Musiker, der für eine Kunst glüht, aber nicht abgehoben scheint. Seine Antworten sind überlegt, aber authentisch. So erzählt er von seinen kulinarischen Vorlieben genauso locker wie von der Skala, mit der Produzent Thomas Fessler seine Songs einschätzt, wie er mit Druck umgeht und wo die grössen Schwierigkeiten beim Songwriting sind.

 

Was ist es für ein Gefühl, dein zweites Album «Chapters» nun in die Welt katapultieren zu können?

 

Es ist ein unglaubliches Gefühl. Wir haben jetzt ein Jahr lang an dem Album herumgebastelt und trotzdem ist die Zeit wahnsinnig schnell vorbeigegangen. Ich bin ein bisschen nervös, aber ich freue mich mega. 

 

Du hast einen Song auf dem Album, in dem es um Druck und Erwartungen geht. Wie gehst du mit Druck um?  

Ich glaube, Druck macht man sich oft selber. Für mich war es sehr wichtig, dass ich mich aus dem Ganzen wie herausgenommen habe. Zudem hatte ich das Glück, durch einen Familienfreund in einem leerstehenden, abrisswürdigen Gebäude mein eigenes kleines Studio einzurichten. So konnte ich auch mal für mich sein und für mich Musik machen. Auch wenn ich das Spielen auf einer Bühne liebe, manchmal vergisst man sich selber und dann ist es wichtig, sich mal zurück zu ziehen.  

Wie hoch war der Druck nach dem grossen Erfolg mit dem ersten Album?

 

Wie gesagt, Druck macht man sich wie selber. Klar habe ich einen gewissen Druck von aussen gespürt. Bevor das erste Album erschien, waren wir mit diesen Songs 1-2 Jahre unterwegs und heute ist es umgekehrt.  

Hat sich der Nickless in den vergangen zwei Jahren seit dem Erfolg und Durchbruch mit dem ersten Album persönlich verändert?

 

Ich denke, ich bin ziemlich ich selber geblieben. Vielleicht ein bisschen organisierter als vorher und ich weiss viel besser über das Musikbusiness Bescheid. Aber meine Freude an der Musik habe ich ganz bestimmt behalten, wenn nicht sogar gesteigert. Es macht riesig Spass.  

Deine Musik hat ja doch auch neue Gesichter mit Funk, Disco oder auch Latin-Klängen in deinem rhythmischen Gitarren-Sound und dennoch ist es Nickless. Bei dir hat man einfach das Gefühl, dass die Musik, die du machst ein Gefühl ist, das du in dir trägst.  

Sehr lieb, danke. Es ist wichtig, sich treu zu bleiben und echt zu sein. Es wäre ja sehr schwierig, sich immer wieder neu erfinden zu müssen. Man sollte dennoch Mut haben und auch mal was Neues wagen.  

Welches ist für dich der grösste Disco-Song auf deinem neuen Album?

Zum Abshaken ist es bestimmt «Groovin». Dieser Song läutet auch das Album ein und ich sagte mir, «in diese Richtung soll es auch gehen», da ich auch selber sehr viel Funk höre und Sachen, die grooven. 

 

Dich sieht man immer fröhlich und strahlend. Gibt es bei dir immer ein Happy End?

 

Ich bin teilweise auch sehr nachdenklich und mach mir auch sehr tiefe Gedanken. Ich finde es wichtig, dass die Leute wissen, dass auch ich mir viele Gedanken mache und traurig sein kann. Aber ich erhole mich auch schnell wieder. 

 

Hast du dich mit dir selber auseinander gesetzt seit deinem Durchbruch und grossem Erfolg vor zwei Jahren?

 

Ich versuche sehr kritikfähig zu sein und offen für Feedbacks. Das ist unglaublich wichtig. Ich denke, man kommt nur weiter, wenn man sich selber reflektiert und hinterfragt.  

Was ist für dich die grösste Herausforderung beim Schreiben von Songtexten? 

Wahrscheinlich schon ein Thema zu finden, das spannend ist und dass man sich nicht immer im selben Gewässer bewegt. Dass man auch mal eine neue Türe öffnet oder ein neues Kapitel aufschlägt und etwas wagt.  

Das hast du ja mit deinem zweiten Album nun getan. Wo schreibst du deine Lieder?  

In meinem Home Studio …

 

… in deinem Abrisshaus?

Nein, das habe ich nicht mehr. Bald habe ich einen richtigen Proberaum mit allem Drum und Dran, sogar mit Wasser und schön geheizten Räumen. Dieser ist ein bisschen kleiner, hat aber den Vorteil das ich nicht so viel putzen muss (schmunzelt). Auch unterwegs oder in einem kleinen Ferienhäuschen entstehen Songs oder sind schon Liedertexte entstanden.  

 

Ich habe so ca. 40 - 50 Songs selber aufgenommen. Dies sind zum Teil Demos oder noch raue Songideen. Diese zeige ich dann meinem Produzent Thomas Fessler und er gibt mir seine Einschätzung mittels eins Rankings. Das ist eine Skala mit «Vielleicht», «J» oder eher «Nein».

 

 

Lässt du dich puncto Sound auch von aussen beeinflussen?

 

Ich habe so ziemlich meine klare Meinung und weiss, was ich möchte. Sobald der Erfolg da ist, ist der Druck höher und viele möchten mitreden und da muss man schauen, dass man sich selber treu bleibt. Aber klar, viele Leute machen das ebenfalls schon lange und haben auch eine Ahnung von dem, was man tut und man soll auch auf diese Leute hören, denn die erkennen Sachen, die ich vielleicht nicht höre.  

Wie geht eine solche Album-Produktion von sich?  

Ich habe so ca. 40 - 50 Songs selber aufgenommen. Dies sind zum Teil Demos oder noch raue Songideen. Diese zeige ich dann meinem Produzent Thomas Fessler und er gibt mir seine Einschätzung mittels eins Rankings. Das ist eine Skala mit «Vielleicht», «J» oder eher «Nein». Danach komme ich mit einem Paket an Songs zu ihm ins Studio und wir stellen das Ranking fertig. Zum Beispiel der Song «Roosemary» war im Ranking des letzten Albums durchgefallen. Der Song hatte dort allerdings noch einen anderen Namen und klang anders. Ich holte diesen Song wieder aus der Schublade und gab ihm diesen Latin Groove-Style. 

In einem der neuen Songs geht es auch um das Versöhnen. Ab wann kann man sich mit dir nicht mehr versöhnen?

 

Gute Frage. Ich denke, jeder hat eine zweite Chance verdient. Aber vielleicht wenn man an der Ampel nicht losfährt, wenn es grün wird. (lacht)  

Du hast in deiner Vergangenheit für bekannte Künstler an Songs mitgearbeitet oder geschrieben. Schreiben heute andere Künstler Songs für dich?

 

Nein. Was ich habe, ist eine Texterin, die in New York lebt. Ihr schicke ich meine Lyrics, denn oft hat sie noch gute Ideen und hilft mir beim Slang. Mir ist sehr wichtig, dass das Grundgerüst eines Songs von mir kommt und daher habe ich auch noch nie einen Song von jemandem anderen angenommen.  

Was weiss man über dich noch nicht, was man wissen sollte?

 

Man weiss halt schon relativ viel über mich. Ich koche extrem gerne, oder ich habe mal Turmspringen und Kung-Fu gemacht. Jetzt bin ich auch ein bisschen in die Jahre gekommen. (schmunzelt)  

Hast du überhaupt Zeit zum Kochen und was kochst du am liebsten? 

Ja, die Zeit habe ich und probiere auch jeden Tag etwas zu kochen. Ausser an solchen Tagen wie heute an denen man von Interview zu Interview rennt. Ich bereite mir gern vieles vor wie zum Beispiel Sushi, Pasta, Lasagne, frische Säfte oder Curry-Gerichte. Curry mag ich sehr, sehr gerne. 

Deine Tourdaten in der Schweiz sind kürzlich bekannt geworden. Viele träumen ja davon, ihre Musik auch im Ausland spielen zu können. Wie sieht es bei dir betreffend Ausland aus? 

 

Wir sind dran. Aber Step by Step. Wir schätzen das Fundament hier in der Schweiz welches wir musikalisch haben und möchten von hier aus schrittweise in die Welt.  

Auf dem Album hast du ein featuring mit James Gruntz. Wie kam die Zusammenarbeit zustande?

 

Ich habe James mal an den Swiss Music Awards getroffen und habe ihm gesagt, dass ich seine Alben geil finde. Dann lief ich ihm schon fast davon aufgrund eines Anrufes und dachte mir, «oje, der denkt jetzt sicher, ich sei ein riesen Arsch». (lacht) Wir haben dann mal telefoniert und so kam es dann das wir «Useless» an einem Tag im Studio aufgenommen habe. Ich bin sehr happy darüber.

 

 

Dein Musikerkollege Faber hat in seiner Rede die Swiss Music Awards als Schaulaufen für Cervelat-Promis betitelt. Würdest du diese Aussage unterstreichen? 

 

Es ist ein heikles Thema und schwierig. Ich sehe beide Seiten. Ich finde Faber hat es auf eine lustige Art und Weise gut gesagt. Ich habe etwas Mühe, wenn man Künstlern eine Plattform gibt und diese in ihrer Performance mit «Ich schiss uf dä Stei» daherkommen. 

Klar ist auch, es gibt so viele tolle Schweizer Künstler die nie eine Chance haben werden, einen solchen Award zu gewinnen, weil dieser Anlass für den Mainstream angesetzt ist. Auf der anderen Seite ist es doch super, dass es diese Plattform gibt. Auch uns hat dieser Anlass sehr geholfen. Es ist auch immer wieder schön bei diesem «Klassentreffen» die vielen Musikerinnen und Musiker zu treffen und mal wieder Hallo zu sagen. Aber ja ich könnte sicherlich auch noch ein paar Inputs liefern.  

Vielen herzlichen Dank für das sympathische Gespräch und ich wünsche dir mit dem Album viel Erfolg und eine tolle Tour durch die Schweiz und wo dann auch noch immer es hingeht.

 

Nickless - «All My Life»

 

* Mehr Infos zu Nickless gibt es auf seiner Website.

 

Nickless live

 

  • 10. März / Bluemoon Musix Night in Chur
  • 17. März / Simmenthal Arena, Zweisimmen
  • 15. April / Alptrida Openair, Samnaun
  • Ab 20. Oktober weitere Konzerte in der ganzen Schweiz. Alle Termine sind auf der Website von Nickless zu finden. 

 

  

Lukas Wenger / Mi, 07. Mär 2018