Gastbeitrag von Laura Hohler

Frank Turner and the Sleeping Souls treten am 22. Oktober im Komplex 457 in Zürich auf. Im Interview erzählt der Musiker über seinen musikalischen Werdegang und seine Idole.

Wie gehst du den Songwriting-Prozess an? Hast du bestimmte Rituale oder Routinen, die dir helfen, kreativ zu bleiben?

Songwriting war und ist für mich immer ein etwas rätselhafter Prozess. Ich habe keine feste Routine dafür – Ideen tauchen auf, und ich versuche mein Bestes, sie zu erfassen, bevor sie wieder verschwinden. Danach arbeite ich daran, sie in Form zu bringen. Manchmal sind es ganze Songs, manchmal nur einzelne Wörter oder Melodielinien. Es gibt eine gewisse Technik im Prozess, aber letztendlich gefällt mir, dass trotz all der Zeit noch ein bisschen Geheimnis in der Sache steckt.

Woher schöpfst du Inspiration für deine Texte? Gibt es bestimmte Themen, die dich am meisten ansprechen?

Ich schreibe meistens über das, was mich zu einem bestimmten Zeitpunkt am meisten beschäftigt. Auf der neuesten Platte geht es unter anderem ums Älterwerden, aber auch um eine Abrechnung mit dem jüngeren Ich. Andere Platten waren da anders. Ich lese viel, Romane, Gedichte und mehr, und ich notiere mir oft Ideen oder Phrasen, die mich interessieren – das kann definitiv den Funken für einen Song geben.

Dein Song «I Still Believe» ist für viele zu einer Hymne geworden. Was bedeutet dieser Song persönlich für dich?

Ich bin sehr stolz auf diesen Song, er hat mir viel Gutes gebracht. Ich habe ihn 2010 auf Tour in China geschrieben, als ich in den dortigen Underground-Punkrock-Clubs gespielt habe. Die Art und Weise, wie die Menschen dort so begeistert von Musik waren, war erfrischend, sehr rein und einfach. Der Song erinnert mich an diese Zeit, aber er ist auch einer meiner größten Hits und hat mich um die Welt gebracht, von China bis zu den Olympischen Spielen und darüber hinaus. Er wird also immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben und ist fast immer Teil des Sets.

Frank Turner - «I Still Believe»

Du hast Songs über persönliche Themen wie Verlust, Sucht und Selbstzweifel geschrieben. Wie schwer ist es, so intime Themen öffentlich zu machen?

Zuerst ist es beruhigend, tröstlich sogar, über sehr persönliche Erfahrungen zu schreiben. Es ist meine Art, die Welt um mich herum und in mir zu verstehen – fast wie eine Art Therapie. Es gibt Momente nach dem Schreiben, in denen es beängstigend ist, sich so sehr der Öffentlichkeit zu öffnen. Aber (meistens!) folgen darauf Momente unglaublicher Empathie, wenn die Songs eine Verbindung zum Publikum finden – sei es durch die Reaktionen auf die Aufnahmen oder bei Konzerten. Ich kann kaum beschreiben, wie bedeutungsvoll es für mich ist, einen Song wie „Somewhere Inbetween“ zu spielen und zu sehen, dass ein Raum voller Menschen am anderen Ende der Welt ihn versteht.

Wie tragen deine Bandmitglieder, The Sleeping Souls, zur Gestaltung deiner Live-Auftritte bei?

Sie tragen enorm viel bei – sowohl zum Live-Setup als auch zu den Arrangements und Aufnahmen auf den Platten. Sie sind eine fantastische, einzigartige Band, und ich habe die Ehre, schon seit vielen Jahren mit ihnen zu spielen.

Welche Künstler haben dich als Musiker am meisten beeinflusst?

Die Liste könnte sehr lang werden, aber ich würde sagen, dass Springsteen, Neil Young, Black Flag, Weakerthans und Hold Steady ziemlich weit oben auf der Liste stehen.

Du bist oft auf Tour. Wie bringst du das Leben on the road mit deinem Privatleben in Einklang?

Das ist in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung, aber andererseits toure ich seit ich 16 bin – also schon weit mehr als die Hälfte meines Lebens – und das ist für mich normal. Alles andere in meinem Leben muss sich darum herum aufbauen. Ich schreibe viele Postkarten.

Was sind deine musikalischen Ziele für die nächsten Jahre? Gibt es neue Genres oder Projekte, die du erkunden möchtest?

Ich möchte noch eine Weile mit der neuen Platte auf Tour sein, es fühlt sich an, als wären wir endlich richtig aus dem Schatten von Covid heraus, und es gibt noch viel zu tun auf der ganzen Welt. Darüber hinaus habe ich kürzlich wieder angefangen, Songs zu schreiben, aber es ist noch ein wenig zu früh, um zu sagen, in welche musikalische Richtung sie gehen werden. Ich möchte das auf jeden Fall noch lange weitermachen, wenn es irgendwie möglich ist.

* Frank Turner spielt am 22. Oktober 2024 in Zürich. Tickets gibt es via Ticketcorner.ch. 

* Wir verlosen hier 2 x 2 Tickets. (Deadline: 17. Oktober 2024)