«Gratismusik konnte man 2002 verteufeln, aber nicht 2013»

Interview mit One Sentence. Supervisor
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Die junge Badener Band empfing Bäckstage.ch bei hochsommerlichen Temperaturen in ihrer WG. Nach einem gemeinsamen Nachtessen stellten sich der Sänger Donat und Drummer Domi von One Sentence. Supervisor unseren Fragen.

 

Ihr macht Indierock - was ist euer Anspruch an die Musik und was gibt sie euch?

 

Donat: Schöne Frage, um einzusteigen. Das ist ziemlich schwierig. Musik gibt uns alles - sie gibt uns Lebensinhalt und in fast jeder Form kann ich mich mit Musik auseinandersetzen und vieles in meinem Leben kann ich mit Musik in Verbindung bringen. Zudem ist es auch ein Weg, Geschehnisse zu verarbeiten. 

Dominik: Für mich ist es eine extreme Gefühlssache. Sei es beim Spielen oder Hören. Beim Spielen machst du das, was aus der Stimmung heraus gerade passiert. Beim Hören bin ich jemand, der weniger auf Texte achtet, sondern auf Musik. 

 

Euch gibt es seit zwei Jahren als Band - was waren bisher eure Highlights?

 

Dominik: Ganz klar die Bad Bonn Kilbi! Dieses Festival war von Beginn weg eines unserer grossen Ziele und in diesem Jahr klappte es bereits! Natürlich gehört auch das m4music im letzten Jahr zu unseren Höhepunkten - vor allem, weil wir erst eine EP mit 4 Songs hatten.

 

Donat: Das m4music war jedoch für uns viel zu früh. Wir waren noch nicht gut genug um dort zu spielen und auch das Konzert war nicht sonderlich gut - es machte uns mehr Freude, dass wir am m4music spielen konnten, als schlussendlich tatsächlich auf der Bühne zu stehen und zu merken, dass wir noch nicht bereit dafür sind. Bei der Kilbi war das dann deutlich weniger der Fall - da konnten wir den Auftritt wirklich geniessen und spielten auch viel besser.

 

Dominik: Ein weiteres Highlight hatten wir kürzlich, als wir in Berlin spielten - zum ersten Mal im Ausland.

 

Donat: Da kam wirklich mal das Band-Feeling auf. Nur wir vier Jungs und im Publikum befanden sich keine Bekannten von uns.

 

   One Sentence. Supervisor: Donat steht links, Dominik rechts.     

 

Euer Debutalbum habt ihr teilweise mit Crowdfounding finanziert. Für junge Bands wohl die ideale Plattform?

 

Donat: Auf jeden Fall! Ich glaube, dass dies Zukunft hat, da es eine zielgerichtete Art ist und man als Spender konkret weiss, wofür man das Geld gibt. Auch ich gebe lieber Geld, wenn ich einen persönlichen Bezug habe. Zudem ist es auch ein Vertrauensbeweis, wenn Leute in etwas investieren, dass noch nicht wirklich existiert. Als Band hat man dann natürlich auch etwas Bammel, wenn man dann die CD versendet und denkt, dass es den Spendern vielleicht nicht gefallen könnte.

 

Dominik: Ob junge oder alte Band - es ist auf jeden Fall die richtige Richtung. 

 

Bei dem Crowdfounding konnte man auch exklusive Tickets für eine Show von One Sentence. Supervisor im Zirkus erhalten - welche Verbindung besteht bei euch zum Zirkus?

 

Dominik: Eigentlich haben wir keine Verbindung zum Zirkus - nur, dass unser Gitarrist zaubern kann - und dies auch erst seit dieser Zirkusshow. Die einzige Verbindung bestand darin, dass ich bei einem Kollegen dieses Zelt gesehen habe. Er hat ein Fest organisiert in diesem Zirkuszelt und wir suchten danach nach einer Möglichkeit, bei der wir in diesem Zelt ein Konzert komplett in Eigenregie veranstalteten. Das Zirkuszelt weckte anschliessend Ideen, was wir machen könnten und so schminkten wir uns, es gab eine Zauber- und Feuershow und Popcorn durfte auch nicht fehlen. Durch die Eigenorganisation hatten wir anschliessend viel mehr Möglichkeiten, den Spendern etwas zurückzugeben auf eine gute Art. 

 

Ihr habt mit Localsupervisor.ch eine Plattform ins Leben gerufen. Erklärt doch mal, wie das Ganze funktioniert.

 

Donat: Es ist ganz simpel - man kann mit Alternativen für unsere Konzerte bezahlen. Anstatt den Eintritt zu bezahlen, lädt man uns zum Beispiel auf ein Essen ein, bietet uns einen Schlafplatz an und kann danach mit der ganzen WG ans Konzert kommen. Aber auch Konzertfotos zu schiessen ist eine Möglichkeit, um gratis dem Konzert beizuwohnen. Dadurch wollen wir nachhaltigere Beziehungen zu unseren Hörern aufbauen. Es entsteht eine viel persönlichere Bindung, wenn man bei jemandem zum Nachtessen ist und danach stehen die Leute während dem Konzert vor der Bühne. Das Publikum ist somit nicht mehr anonym. 

Welches ist bisher der Topseller?

 

Donat: Das Nachtessen und die Konzertfotos.

 

Als junge Band ist es wichtig, dass möglichst viele die Musik kennen und man anschliessend darauf aufbauen kann. Die Einnahmequelle sind halt danach Konzerte.

 

Momentan sind Thom Yorke und Nigel Godrich in den Medien, da sie ihre Alben von Spotify sperren liessen mit der Begründung, dass dies schlecht sei für neue Musik. Wie steht ihr dazu als junge Band?

 

Donat: Ich denke nicht, dass es schlecht ist für junge Bands - junge Bands haben nie viel mit CD Verkäufen verdient. Jedoch hat man eine viel grössere Reichweite durch das Internet mit viel einfacheren Werbekanälen. Die CD Verkäufe gehen hingegen zurück. Schlussendlich gleicht es sich jedoch aus. Im Endeffekt macht es somit keinen Unterschied.

 

Dominik: Meiner Meinung bringt es einer jungen Band viel mehr, wenn die Musik verbreitet wird, als die paar wenigen Franken, die durch CD Verkäufe verdient werden. Als junge Band ist es wichtig, dass möglichst viele die Musik kennen und man anschliessend darauf aufbauen kann. Die Einnahmequelle sind halt danach Konzerte. Bei alteingesessenen Bands ist es jedoch eher ein Problem, da eine Einnahmequelle, die lange Zeit funktioniert hat, plötzlich wegfällt. Schlussendlich sind wir mittlerweile soweit, dass man da nichts mehr ändern kann und die Chancen daraus nutzen muss.

 

Donat: Gratismusik konnte man 2002 verteufeln, aber nicht im Jahr 2013. Für junge Bands ist Streaming eine gute Sache und jeder kann eigene Musik rausbringen und muss sich kein Label suchen - man hat viel mehr Freiheiten.

 

Ihr wohnt alle zusammen in einer WG, habe ich dies richtig mitbekommen? Probt ihr so auch nach Lust und Laune oder habt ihr fixe Termine?

 

Donat: Dies ist korrekt, jedoch wohnen wir erst seit kurzem alle zusammen. Früher hatten wir fixe Probezeiten und jetzt, seit wir alle zusammen wohnen, ist die Kommunikation um einiges einfacher. Der Bandraum ist direkt neben unserer WG, jedoch steht dieser seit vier Monaten unter Wasser - in dieser Zeit mussten wir uns zum Proben immer wieder Asyl suchen. Zum Beispiel haben wir eine Zeit lang im Merkker geprobt. Falls also irgendjemand einen Bandraum in der Nähe von Baden kennt, so soll er sich doch bitte an uns wenden - eigentlich könnten wir dies auch zu localsupervisor aufnehmen.

 

Was sind eure musikalischen Ziele für den Rest des Jahres?

 

Dominik: Im Herbst wird unser Album in Deutschland rauskommen und ein Ziel ist es sicher, in Deutschland eine kleine Tour zu absolvieren.

 

Donat: Voll rauskommen ist mein Ziel. So weit zu kommen mit der Musik, wie es möglich ist. Falls wir mal am Glastonbury spielen werden, dann werde ich sicher mal durchschnaufen und sagen: «Ab jetzt können wir weiterschauen.» Bis dorthin ist jedoch je mehr, desto besser.

 

One Sentence. Supervisor - «Gold»

 

Hansjürg Stämpfli / Fr, 23. Aug 2013