Suzanne Vega zeigt Grösse im Plaza Zürich
Dass die Erfolgswelle von Suzanne Vega nun doch schon ein paar Jahrzehnte zurück liegt, war dem etwas älteren Publikum am Montagabend im Plaza anzusehen. Doch dass die Pop-Pionierin aus den späten 80ern deshalb noch lange nicht alter Käse ist, bewies der gut gefüllte Raum ganz deutlich. Und beinahe unbemerkt mischten sich auch ein paar wenige Mittzwanziger in die Zuhörer. Die Stimmung war äusserst erwartungsvoll - was bietet Suzanne Vega live? Ist es bloss ein Schwelgen in alten Zeiten mit lauwarm aufgewärmten Hits oder überrascht sie auch heute noch mit neuen Songs und Arrangements? All das sollte später geklärt werden. Zuerst machte sich nämlich der Schweizer Singer/Songwriter BAUM ans Werk.
Christoph Baumgartner alias BAUM ist in der Schweiz nach wie vor relativ unbekannt. Der Basler hat zwar solo bereits im Vorprogramm von Van Morrison, The John Butler Trio und Gavin DeGraw gespielt und in New York in eigener Regie auch schon ein Album aufgenommen, der Durchbruch in seiner Heimat blieb jedoch bisher aus. Zuerst lange solo unterwegs, tritt er jetzt auch öfter mit vollbesetzter Band auf. Nicht so aber im Plaza. Dort bestritt er sein Set alleine mit der Gitarre, was sich schon bald als kleiner Fehler erweisen sollte. Die Melodien seiner Songs waren allesamt sehr schlicht gehalten und die Gitarrenriffs plätscherten meist recht monoton und repetitiv dahin. Seine Stimme zeigte ein angenehm warmes Timbre, dem man auf’s Erste gerne zuhörte, aber auch damit brachte er kaum Spannung in das Ganze. Nach einigen Liedern wartete man schliesslich beinahe sehnsüchtig darauf, dass er einmal ausbrechen würde aus diesem Trott. Vielleicht hätte eine Band oder zumindest ein Mitmusiker dem Konzert an dieser Stelle gut getan. Als er, zu Ehren des tags zuvor verstorbenen Lou Reed, zum Cover von «Walk on the wild Side» ansetzte und dann gegen Ende des Songs plötzlich oktavierte und das leise abgestimmte Mikrofon sein Stimmvolumen kaum mehr auffassen konnte, wirkt diese Wendung etwas unpassend. Das Songwriting beherrscht BAUM auf alle Fälle, jedoch wünschte man sich als Zuhörer, dass er mit seiner Stimme noch etwas mehr Charakter in die Lieder bringen würde und der Intonation etwas mehr Aufmerksamkeit und Feingefühl schenken würde.
Viel Liebe zum Detail
Pünktlich um 9 Uhr trat dann Altmeisterin Suzanne Vega mit ihrem Gitarristen Gerry Leonard auf die Bühne. Überrascht, dass auch sie ohne komplette Band unterwegs war, erwartete man ebenfalls eine gewisse Eintönigkeit. Diese Erwartung löste sich aber bald in Luft auf, nachdem die beiden zum ersten Song ansetzten. Gerry Leonard, der auch schon mit Sinead O’Connor und David Bowie arbeitete, beherrscht sein Instrument wie kaum ein anderer. Mit viel Liebe zum Detail spielte er mal die Rhythmusgitarre, mal die Leadstimme, setzte gezielte Akzente, überraschte mit unerwarteten Kapriolen, aber stets darum bemüht, der Sängerin genug Raum zu lassen und ihre Stimme optimal zu umrunden. Und das klappte hervorragend. Suzanne Vega bewies eine Stimmgewalt, die man von den Studio-Aufnahmen her nicht erahnen konnte. Sie strahlte im Gesang eine Reife und Weisheit aus, die man selten von Sängerinnen zu hören bekommt und zeitweise stark an Musikerkollegin Joni Mitchell erinnerte. Und trotz dieser Erfahrung, die man ihrer Stimme anmerkte, schaffte sie es in ausgesuchten Momenten auch plötzlich wieder, ganz jung und unschuldig zu klingen, so als stünde da auf einmal wieder die junge Suzanne auf der Bühne, die gerade erst «Luka» geschrieben hatte und noch gar nicht weiss, was noch alles auf sie zukommen würde.
Das Geschichtenerzählen perfektioniert
Das Set war eine angenehme Mischung aus all den verschiedenen Alben ihrer langen Schaffenszeit, so war schlussendlich auch für jeden etwas dabei. Natürlich widmete sie ihrem guten Freund, Lou Reed, auch einen Song und trug während des Konzerts ein T-Shirt mit seinem Konterfei. Vor den Songs erzählte Suzanne auch meistens, wie es zu diesen Liedern oder Liedtexten gekommen ist und zeigte dabei viel Humor und Leidenschaft. Das Geschichtenerzählen hat sie in all den Jahren genau so perfektioniert wie ihr Songwriting. Auch die neuen Stücke kamen beim Publikum gut an und liessen die Stimmung nie abflachen.
frenetisch umjubelt
Zum krönenden Abschluss, und erstaunlicherweise vor dem Zugabenblock, brachte sie nacheinander ihre Hits «Luka» und «Tom’s Diner», die natürlich vom Publikum frenetisch umjubelt wurden. Hier hätte man sich eigentlich einen definitiven Schluss gewünscht, denn die drei eher sanften, langsamen Zugaben, die sie danach noch zusätzlich auf Wunsch des Publikums spielte, trübten die euphorische Stimmung etwas.
Trotz diesem leicht missglückten Schluss, war es ein riesiger Genuss, eine so grosse Sängerin wie Suzanne Vega einmal live zu erleben. Mit viel Charme, Witz, Leidenschaft und einem grandiosen Mitmusiker schaffte sie einen wunderbar stimmigen und spannenden Konzertabend.