Roger Waters liess die Sau raus

Konzertkritik: Roger Waters im Letzigrund
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www.usgang.ch

Vergangenen Mittwoch brachte Roger Waters mit «The Wall» ein Stück Musikgeschichte zurück in die Limmatstadt. 39‘000 Besucher trotzten dem Regen im Letzigrund während zweieineinhalb Stunden. Manch einer davon mag sich noch an die Veröffentlichung des Konzeptalbums von Pink Floyd im Jahre 1979 erinnern.

 

Zuletzt machte Roger Waters mit «The Wall» 2011 im Zürcher Hallenstadion Halt. Wer dachte, der ehemalige Pink Floyd Bassist könne sich in der Dimension seiner Bühnenshow nicht mehr übertreffen, der wurde eines Besseren belehrt. Für Roger Waters scheint gross nicht gross genug. Die zwölf Meter hohe und mit gut 150 Meter doppelt so breite Mauer war zugleich Kernelement wie auch Projektionsfläche für Bilder und Videoanimationen.

 

Im Bann der Mauer und textsicher

 

Roger Waters startete den Abend spektakulär mit einem riesigen Feuerwerk und einem unter dröhnendem Grollen einfliegenden imaginären Hubschrauber, dessen Scheinwerfer das Publikum absuchten und sich zuletzt auf die Bühne richteten. «In the Flesh?» und «The Thin Ice» eröffneten die legendäre Show, bevor sich mit «Another Brick In The Wall (Part I)» der erste Höhepunkt des Abends abzeichnete. Gebannt verfolgte das Publikum das Geschehen und bewies Textsicherheit beim Mitsingen der Pink-Floyd-Klassiker.

 

Der übergrosse Lehrer bei «Another Brick In The Wall (Part II)».

 

«Hallo Zürich. Herzlich Willkommen. Ich bin sehr glücklich. Ich möchte mich bei dem Kinderchor mit einem Applaus bedanken», begrüsste der einstige Kopf von Pink Floyd die Menge nach «Another Brick In The Wall (Part II)» und verabschiedete von den Kindern des «Schwiizergoofe»-Chores, wenn auch in einem etwas gebrochenen Deutsch. Sympathie verschaffte er sich damit allemal.

 

Waters nutzt die Show für soziale Statements

 

Im Laufe der Show liess Waters dann die Sau raus. Ein übergrosses aufgeblasenes Schwein mit einer Vielzahl von Symbolen: vom Davidstern über Sichel und Hammer bis hin zur Shell-Muschel setzte Waters ein Statement. Er prangert damit soziale, politische, wirtschaftliche wie auch religiöse Missstände an.

 

Immer wieder schlüpfte Waters in sein Alter Ego Pink, das ihn in einem langen schwarzen Ledermantel mit roter Armbinde und mit der Attrappe einer Maschinenpistole gerade zu tollwütig ins Publikum schiessen liess. Zugleich sah man auf der Leinwand ein Militärflugzeuggeschwader näherkommen, deren Motorengeräusche erschreckend echt durch ein fantastisch abgestimmtes Dolby-Surround-System imitiert wurden.

 

In der Pause wird die Mauer mit Bildern von gefallenen Soldaten bedeckt. 

 

So mühelos und lässig wie sich Roger Waters singend über die Bühne bewegte, hätte man nahezu vergessen, dass er im Alter von 70 Jahren nicht mehr zu den Jüngsten gehört. Ihm macht es auch nach nahezu 50 Jahren im Musikbusiness noch immer sichtlich Spass auf der Bühne zu stehen. Nicht zuletzt, weil er eine grossartige Band im Rücken hat. Die beiden Gitarristen Dave Kilminster und Blues-Legende Snowy White übernahmen beispielsweise mit Bravour die Gitarrenparts, die im Original David Gilmour spielte. Die Musik drang zudem glasklar aus den Lautsprechern. 

 

Roger Waters berührt mit «Bring The Boys Back Home»

 

«The Wall» wurde immer wieder zur Projektionsfläche, die mit Filmsequenzen die Schrecken des Kriegs aufzeigte und die Leiden des jungen Pink zeigten. Nach 60 Minuten war es geschafft, die Mauer stand. In einer 20-minütigen Pause wurde sie zum Mahnmal für im Krieg Gefallene, bevor Roger Waters abermals die Bühne betrat und die Mauer zum Schluss Stück für Stück wieder in sich zusammenfallen liess.

 

Die Projektionen unterstützten die Musik auf der visuellen Ebene. 

 

«Comfortably Numb» sorgte mit einem gewaltigen Gitarrensolo für Gänsehaut und auch «Run Like Hell» oder «Hey you» brachte das Publikum zum Jubeln. Ein besonders berührender Moment war als Waters «Bring The Boys Back Home» sang - Waters Vater fiel im Zweiten Weltkrieg. Nach zweieineinhalb Stunden war der Spuk dann vorbei und ein sichtlich beeindrucktes Publikum strömte in die nass-kalte Nacht.

 

Bäckstage konnte sich schon vor dem Konzert im Letzigrundstadion die Bühne anschauen. Unsere Reportage findet ihr HIER

 

Alle Bilder im Text: Bäckstage.ch / © Danny Schwenter

Dominique Rais / Fr, 13. Sep 2013