Darling West als Duo in Solothurn
Für die Bäckstage-Redaktion war es eine Premiere. Zumindest, was die Location betrifft. Solothurn, mal nicht im Kofmehl, sondern mitten in der Stadt. Altes Spital Solothurn hiess die Location für diesen Abend. Das alte Haus mit den grossen Holztüren ist bemerkenswert und gut gepflegt, nur der Eingang zum Konzertkeller ist ein bisschen schwierig zu finden. Aber das freundliche Personal war da eine grosse Hilfe. Der Keller ist wortwörtlich ein Keller, allerdings sehr gemütlich und mit einem alten Steingewölbe. Der Keller bietet Platz für zirka 100 Personen, wenn er bestuhlt ist. Der Abend mit Jesse Marchant und Darling West war fast ausverkauft und das Publikum zeigte sich gemischt, meist um 40 Jahre oder älter.
Eva Gauch und Chris Rölli, Gastgeber der «Acoustic Nights», begrüssten die Besucher und leiteten den Abend ein, stellten die Künstler vor und eröffneten die «Acoustic Nights», die fast 10 Jahre alt sind. Den Anfang machte Jesse Marchant. Er ist Schauspieler, Komponist und Multiinstrumentalist. Vielleicht kennen manche seine Musik aus internationalen TV-Serien wie «Grey’s Anatomy», wo seine Songs zu hören waren. Vor circa 2 Jahren war sein Leben ein auf und ab. Jesse musste sein Leben ändern, weil er einen Velounfall mit einem amerikanischen School Bus hatte. So merkte er, dass Musik seine Bestimmung ist und hat den Job als Hilfskoch an den Nagel gehängt. Der logische Schritt war eine erste CD, die er selbst produzierte. Sie trägt den Titel «Illusion of Love» und war auch in Solothurn im Set zu finden.
Die Schweizer hören zu
Jesse sprach ziemlich gutes Schweizerdeutsch, zumindest für einen Kanadier, jedenfalls konnte man ihn richtig gut verstehen. Er erzählte, dass ihm Solothurn sehr gut gefalle, weil es eine sehr schöne Stadt sei, obwohl er selber noch nie in Solothurn gewesen sei.
Er spielte ein knapp 60minütiges Konzert und zeigte sein Können auf der elektrischen bzw. akustischen Gitarre, der Mundharmonika, aber auch am Keyboard und hinter dem Schlagzeug. Gelegentlich nutzt Jesse nur die Bass Drum mit den Füssen, um die Gitarre rhythmisch zu verstärken. Manchmal waren die Outros seiner Songs ziemlich abrupt, was durchaus cool sein kann, allerdings in seinem Fall eher verwirrend wirkte. Jedoch funktionierte die Kombination aus der starken Stimme und den gelungenen Songs gut. Aber mit der Zeit kippte sein Set leicht, wurde etwas eintönig und fast langweilig, zu ähnlich klangen die Songs. Grosse Bühnenpräsenz zeigt er nicht, sondern spielte einfach sein Set und redete während des ganzen Konzertes vielleicht 1, 2 Sätze. Was ziemlich schade war, da man ihn nicht so gut kennt, wäre es interessant gewesen, mehr über seine Songs zu erfahren bzw. wie er schreibt oder woher die Inspiration kommt. Irgendwann sagte Jesse dann selber: «Schlaft nicht ein. Ich gehe dann noch ein wenig in die Berge und schaue mir die Schweiz an. Es ist ein sehr spezielles Land.» Später erklärte er das «speziell» noch: Weil alle sehr gut zuhören würden und wegen der schönen Stadt Solothurn.
Soundtechnisch lässt sich Jesse wenig vorwerfen, nur das Keyboard überschlug manchmal etwas und weil es zu laut eingestellt war, übertönte es sogar seine Stimme. Nach dem Konzert verkaufte Jesse Marchant noch CDs und war für Fragen und Feedbacks offen.
Nach einer kurzen Umbaupause betraten Darling West die Bühne. Ungewöhnlicherweise zu zweit, anstatt als Trio. So spielten nur Tor Egil Kreken und Mari Kreken, welche verheiratet sind. Der Dritte im Bunde wäre Kjetil Steensnæs, aber er ist ausgestiegen, weil er noch bei einem berühmten norwegischen Sänger in der Band spielt und drei Kinder hat, erzählte Tor nach dem Konzert gegenüber Bäckstage.
Tor kam mit 18 nach Amerika, hat so Bluegrass für sich entdeckt und einige Alben nach Norwegen mitgenommen. Er war so inspiriert, dass sich Pläne für eine Bluegrass-Band in seinem Kopf drehten. Dann lernte er Mari kennen, die das Genre ebenfalls gerne mag. Sein Glück, denn so spielt das Paar inzwischen als Band, welche es seit circa 2014 auch als Trio gab.
Die Band wirkte sehr vertraut, sehr gut eingespielt und in Sachen Bühnenpräsenz spürte man gut, dass Darling West Vollprofis sind. Hie und da mal eine interessante Geschichte oder ein Witz und immer wieder Augenkontakt mit dem Publikum. Tor und Mari waren einige Zeit in der Band von Marit Larsen unterwegs und konnten so auf Konzerten in der Schweiz und Norwegen oder Deutschland viel Erfahrung sammeln. Jetzt liegt der Fokus nach einer erfolgreichen kleinen Tour durch Amerika wieder auf Europa, und davon zwei Konzerte in der Schweiz. Mari sagte uns nach dem Konzert, dass es für sie eine Non-Profit-Tour sei, weil es ihnen Spass mache und sich sich den Leuten vorstellen könnten. Darum sind sie mit ihrem eigenen Auto unterwegs und würden alle Stationen selber anfahren.
Zurück zum Konzert. Mari trank Tee auf der Bühne, weil die Temperaturen auch in der Schweiz inzwischen schon ziemlich kalt sind. Nach dem dritten Song kam bereits das Banjo zum Einsatz. Die Nummer ist ein alter Song vom ersten Album. Damals spielten sie noch sehr schnell und dass Tor in jenem Moment keinen Knoten in seinen Fingern hatte, hat beeindruckt. Nach diesem Song verliessen zwei junge Frauen in der ersten Reihe ihre Sitzplätze und verschwanden. Mari meinte: «Oh, wir wissen dass es nicht so ankommt, dieses schnelle Spielen. Aber ist es so schlimm gewesen?» Die Leute im Publikum verneinten und die Mädels kriegten gar nicht mit, dass sie angesprochen wurden. Mari meinte weiter mit einem Augenzwinkern: «Die Schweiz ist eigentlich wie Norwegen. Es ist kalt und teuer hier, eigentlich fühlen wir uns wie zu Hause.»
Glücklich verheiratet mit gebrochenden Herzen im Text
Nach 30 Minuten verliessen Darling West die Bühne und stellten sich mitten in die ersten Reihen. «Es ist ja «Acoustic Night», darum müssen wir schon auch akustisch spielen», sagte Mari. Ein Song handelte vom Alleine sein und laut Tor hat er ihn als Happy Song gut verpackt. Tatsächlich klang er super happy. Da sie glücklich verheiratet sind, ist schon interessant, dass der Song von gebrochenen Herzen erzählt.
Zu Beginn der Show zeigten sich leichte Probleme mit dem Ton der Gitarre, der Tontechniker hatte Mari`s Gitarre viel zu laut eingestellt, aber Mari bemerkte dies durch ein Brummen auf ihrem Monitor und das noch, bevor sie einen Ton gespielt hat. Irgendwann im Laufe des Konzertes war eine Gitarre falsch eingestellt und Mari sagte dazu: «Eigentlich sind wir Profis, aber das merkt man heute wohl nicht so.»
Mit dem Song «Traveller» vom 2018er-Album «While I Was Asleep» beendeten Darling West das einstündige Konzert.
Nachdem Auftritt gaben alle noch Autogramme, man konnte Platten, CDs oder Taschen und Magnete kaufen und Fotos machen oder einfach mit den Darlings oder Jesse Marchant reden. Was einige der Zuschauer rege nutzten. Darling West meinten im Gespräch, dass sie hoffen, wieder in die Schweiz zu kommen, weil es ihnen hier sehr gefallen habe und sie gerne irgendwann ein wenig länger hier sein würden, um das Land bisschen besser anzuschauen.
Heimelige, sehr angenehme Location und ein charmantes Line-up. Die «Acoustic Nights» haben überzeugt.
* Mehr Infos zu den «Acoustic Nights» auf der Website.