Berührendes Konzert von Sons of the East im Dynamo
Gerade mal sieben Sätze weiss Wikipedia über die Band Sons of the East. Das ist wenig, eigentlich nichts. Gut möglich aber, dass sich diese Seite demnächst füllen wird. Denn es handelt sich bei den jungen Australiern um eine vielversprechende Band. Bei deren Auftritt liegt etwas in der Luft. Als ob die Mittzwanziger kurz vor Absprung stehen und ihre Musik demnächst in die Welt hinauskatapultiert wird. Aber noch spielen sie im stark überhitzten Dynamo – vor 700 Menschen. In den ersten Reihen hauptsächlich Mädels; das Konzert ist ausverkauft. Und es ist ihr grösstes bisher, sie hätten noch nie vor so vielen Menschen gespielt, lässt Frontman Nic Johnston begeistert verlauten. Wahrscheinlich wird man diese Band auch nie mehr in solch einem kleinen Rahmen spielen sehen. Nur so ein Gefühl.
Dass die Band noch wenig Bühnenerfahrung hat, kann man sehen. Das ist aber keinesfalls negativ gemeint, im Gegenteil, ihr etwas unsicherer Auftritt ist sympathisch. Sie wirken authentisch und nahbar. Alle Mitglieder geniessen ihr Konzert sichtlich, scheinbar auch für sie ein Highlight. Der Bassist zückt unentwegt sein Handy und filmt oder fotografiert, während er mit breitem Dauer-Grinsen am Bier nippt. Auch Banjospieler Dan Wallage schaut sich alle paar Minuten staunend im Publikum um, als könne er nicht fassen, dass das hier gerade wirklich passiert. Der einzige, der nur so vor Selbstvertrauen strotzt, ist der stämmige Gitarrist und Frontsänger. Nic Johnston scheut sich nicht Pirouetten zu drehen oder in den Spagat zu hüpfen, um sich danach wieder hochkonzentriert dem Mikrofon zu widmen. Seine Bewegungen und sein Stolz erinnern an Elvis Presley. Seine Stimme: oftmals kratzig ähnlich der Bob Dylans, nur kräftiger. Der 26-Jährige hat definitiv Unterhaltungswert.
Es ist sowieso erstaunlich, dass sich genau diese drei Musiker gefunden haben. Zumindest optisch passen sie so gar nicht zusammen: Johnston ist breit wie ein Baum, strotz vor Präsenz und erinnert in enger Hose und weissem Hemd an einen Forstarbeiter, während der blonde Keyboarder im Blumenhemd, mit feinem Gesicht und schmächtiger Statur, fast fehl am Platz wirkt. Dieser Eindruck ändert sich allerdings schnell, als jener feingliedrige Jack Rollins zum Song «Into the Sun» ansetzt. Man wird sich schlagartig dieses Talents mit feiner und reiner Stimme bewusst.
Nach der Show direkt in die Limmat
Sons of the East, das sind offiziell drei junge Australier – heute mit der Unterstützung eines Drummers und eines Bassisten – die Indie-Folk spielen. 2011 gründeten die Sydneyaner ihre Band und sie haben mittlerweile ihre zweite Platte herausgebracht. Im Jahr 2017 wurde die Band, hauptsächlich online, immer bekannter: Sie konnten über 30 Millionen Spotify-Streams und 6,5 Millionen YouTube-Klicks verzeichnen. Man könnte ihre Musik in zwei Sparten teilen. Einerseits die fröhlichen und schnellen Songs wie «California» oder «Already gone», bei denen die Füsse fast von alleine zu tanzen beginnen. Andererseits umfasst ihr Repertoire Stücke voller Sehnsucht und Schönheit wie «Come away» oder «Dust and Sand». Ihre Musik erinnert irgendwie an Mumford and Sons. Sie haben denselben tanzbaren Groove und das gleiche Verständnis davon, wie Folk klingen soll.
Den Auftakt an diesem Abend im stickig-heissen Dynamo machte das Duo Ocie Elliot aus Kanada. Zwei junge Musiker, die ruhige, fesselnde Songs mit leicht rauchiger Stimme präsentierten. Sie erinnern von der Klangfarbe her an Of Monsters and Men und trumpften mit ihrer Mundharmonika auf. Auch diese kleine aber feine Band darf keinesfalls unerwähnt bleiben.
Das Konzert ist zu Ende, die zufriedene Meute verlässt den heissen Saal und begibt sich karawanenartig in Richtung Limmat. Eine Abkühlung ist nun genau das richtige. Denken sich auch die fünf Australier und hüpfen ohne zu zögern und ehe man sich versieht ins kühle Nass.