«Morgen ist ein neuer Tag.»

Konzertkritik: Cat Power im KKL
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Pressebild / Blue Balls

In ihrem schwarzen schwingenden Samtkleid und den hochhackigen Stiefeln, mit den langen Haaren und dem oft kopierten Pony erinnert Chan Marshall wieder an die Cat Power, wie sie ab 2003 die Musikwelt eroberte. In tiefblaues Bühnenlicht getaucht singt sie Songs von ihrem zehnten Studioalbum Wanderer und tänzelt über die Bühne. Warme, tiefe Klänge und eine beinahe hypnotische Stimmung erfüllen den Saal. Nur selten wird die Musik unterbrochen, um einen neuen Ton anzustimmen oder für ein ins Mikro geschnurrtes «Dankeschön« der Musikerin. 

 

Dennoch ist heute vieles anders im Leben der mittlerweile 47-jährigen Künstlerin aus dem Süden der USA. Die wahrscheinlich grösste Veränderung ist auf dem Cover von Wanderer zu sehen: Es zeigt Chan Marshall mit ihrem Sohn Boaz, der 2015 zur Welt kam. «Wenn du ein Elternteil eines Kindes wirst, ich will ich nicht behaupten, dass du unaufhaltsam bist, aber da ist eine spirituelle Kraft am Werk – eine Art Ausrichtung der Vorfahren – sodass du alles um dich herum beschützten möchtest», zitierte Ben Rayner von thestar.com Cat Power einst nach einer Begegnung in Toronto. 

 

Ob es die gleiche Kraft war, die Marshall dazu bewegte, ihren eigenen Weg zu gehen, nachdem das Label Matador ihr ans Herz legen wollte, poppigere Songs zu produzieren? Die Künstlerin liess sich jedenfalls nicht beirren und zog ihr eigenes Ding durch. 2018 erschien schliesslich das Ergebnis – bewegende Songs wie «Wanderer», «Woman» und «Horizon» zeichnen das neue Album aus, erzählen von Weiblichkeit und von Familie, klingen erdig, warm, folkig bis bluesig. Erschienen sind sie auf dem britischen Label Domino, welches Cat Power unter Vertrag nahm, als sie mit Lana del Rey durch Grossbritannien tourte. 

 

A cappella zum Abschied 

 

Während neue Lieder die erste Hälfte des Konzertes im KKL dominieren, jubelt das Publikum vor allem auch bei älteren Hits wie «The Greatest» oder «Manhatten». Nahtlos fliessen die Melodien in einander über, gekonnt lässt die Sängerin auch Covers einfliessen und greift immer wieder zu den beiden Miks, was dem Text und ihrer Stimme an manchen Stellen noch mehr Nachdruck verleiht. In der Hälfte des Konzerts stellt Marshall ihre Band vor, Alianna Kalaba am Schlagzeug, Adeline Jason am Bass und Erik Paparazzi am Keyboard, mit der sie bis im November auf Tournee ist.

 

Nicht nur durch ihr Äusseres, auch mit den Songs, welche Cat Power im KKL präsentiert überzeugt die Künstlerin. Sie erinnert einerseits an ihre erfolgreichen Anfangszeiten, wirkt andererseits geläutert, stärker. Erst am Schluss des Konzertes schimmert auch die sensible Seite der Musikerin durch, als sie dem Publikum fürs Kommen dankt und sich flüsternd verabschiedet mit Worten wie «Take something home that feels good. For tomorrow. Cause tomorrow is another day.» und einem spontan angestimmten A cappella-Song. 

 

Ein wunderschönes und überzeugendes Konzert. Gerne hätte das Publikum noch mehr von Cat Power gehört. 

 

Yolanda Gil / Mo, 22. Jul 2019