Festi'Neuch: Angélique Kidjo und das Bad in der Menge
Weit entfernt ist das «Festi’Neuch» von der Hauptstadt nicht. Das Musikfestival in Neuchâtel lässt sich mit Zug und der stadteigenen Seilbahn namens «Fun’ambule» innerhalb von 40 Minuten erreichen. Zum Vergleich: In 40 Minuten erreicht kein Besucher vom Hauptbahnhof Bern aus das Festivalgelände auf dem Gurten. Deshalb überrascht es doch sehr zu sehen, dass auch dieses Jahr die meisten Besucher des Festi’Neuch aus der Romandie kamen. Heftig wurde auf Französisch diskutiert und gestikuliert. Neben der kleinen Alltagflucht bot das Festival dieses Jahr einen bunten Mix aus internationalen Acts.
Eröffnet wurde die Hauptbühne des Festivals - Le Chapiteau - am Donnerstagabend von Lily Allen. Die britische Sängerin meldete sich nach turbulenten Jahren zurück. Dementsprechend verhalten zeigte sich die ehemalige Skandalnudel zunächst. Vielleicht lag es auch an dem zurückhaltenden Publikum, welches nicht von fehlender Euphorie geplagt war, sondern schlicht und einfach die neuen Songs und deren Texte nicht kannte. Textsicher und energisch ging es deshalb sowohl auf wie auch vor der Bühne mit den Evergreens wie «Fuck You», «Smile» und «Not Fair» her. Ihre Fans hat Lily an diesem Abend in 90 Minuten zurückerobert. Neue Bewunderer dazugewonnen hat auch die beninisch-französische Sängerin Angélique Kidjo am Sonntagnachmittag auf der Lacustre-Bühne vis-a-vis des Neuenburgersees, in welchem so mancher Besucher auch badete. Angélique zeigte sich an ihrem Auftritt enorm herzlich und scheute sich auch nicht vor einem wilden Bad in der Menge.
Venilatoren bei Morcheeba
Der Sonntag - vielerorts der Familienfestivaltag - wurde am Festi’Neuch auch musikalisch zu einem Familientag als Morcheeba auftrat. Die Band um Frontfrau Skye Edwards und Bassist Steve Gordon überraschte mit einem neuen Drummer, ihrem eigenen Sohn. Kaum ein Gast verbarg sein überraschtes Stirnrunzeln als die junggebliebene Skye ihren 23-Jährigen Sohn vorstellte. Die 44-Jährige Sängerin hätte mit ihrem feuerroten Kleid glatt selbst als Anfang 20ig durchgehen können. Das sexy Bühnenoutfit hat sich Skye nach eigener Aussage selbst geschneidert. Mitgebracht hat sie ausserdem einen Ventilator um die Luftigkeit ihres Kleides zu betonen. Ein Luxus für die restlichen Festivalgäste, die eher auf praktische Kleider setzten.
Als Frau hatte man Grund genug für den Pragmatismus: es gab lediglich Toi-Toi-Toiletten. Ein fetter Minuspunkt für das Festival, welches abgesehen von diesem Fauxpas punktete. Hoffnung gibt einem der Artist-Bereich. Dort gab es «normale» Festival-WCs. Wer weiss, nach einem gut besuchten Festival (inkl. ausverkauftem Samstag), besteht die Aussicht für gewisse, sanitäre Optimierungen im nächsten Jahr.
Das Festi’Neuch hat mit einem vielfältigen Programm und dem schönen Festivalgelände begeistert. Wir sehen uns im nächsten Jahr.