Tibetan Warrior – radikalste Formen des Protests

Movie-Kritik: Tibetan Warrior
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© DokLab Gmbh

Gleichzeitig mit dem diesjährigen Besuch des Dalai Lamas am 7. und 8. Februar in Basel wurde in Basel und in Zürich die Filmvorpremiere von «Tibetan Warrior» gezeigt. Die Dokumentation, welche zu einem grossen Teil durch Crowdfunding produziert wurde, erzählt die Geschichte des Exiltibeters Loten Namling. «Wie kämpft man gewaltlos gegen eine Übermacht?», diese Frage beschäftigt den in der Schweiz lebenden Musiker. Er begibt sich auf eine Reise von Europa bis Indien, trifft Flüchtlinge, Politiker und Aktivisten an, durchlebt eine Sinnkrise bis er schliesslich beim Dalai Lama Rat sucht. Der Berner Filmemacher Dodo Hunziker hat Loten Namling über zwei Jahre lang mit der Kamera begleitet.

 

Mit dem Sarg von Bern bis Genf

 

Im Film steht die erste Station von Loten Namlings Reise, der Protestmarsch im Mai 2012 von Bern bis Genf, sinnbildlich für das Aussterben der tibetischen Kultur. Einen schwarzen Sarg zieht er hinter sich her, wirft sich unzählige Male auf den Boden, so wie es Tibeter auf ihren Pilgerreisen tun. Sein Ziel ist das UNO-Gebäude in Genf, wo er am 12. Juli 2012 von Journalisten und Musikern empfangen wird. Mit einem grossen Konzert auf der Place des Nations, mitorganisiert von Franz Treichler, Sänger der Schweizer Band The Young Gods, will er auf die Tibet-Problematik aufmerksam machen. In seinem Heimatland hat der Protest gegen die chinesische Besetzung längst andere Formen angenommen: Im Februar 2009 setzte sich ein Tibeter in Flammen nachdem eine Zusammenkunft von Mönchen zur Feier des tibetischen Neujahrs von den chinesischen Behörden verboten wurde.

 

Der Weg der Mitte

 

Bis heute haben sich 130 Tibeter selbst entzündet und sind verbrannt. Die Selbstverbrennungen stehen im Widerspruch zur Lehre des tibetischen Buddhismus und werden vom spirituellen Oberhaupt, dem Dalai Lama, kritisiert – «Gewalt führt immer ins Verderben.» Der einzige Weg, den der Dalai Lama sieht, um kulturelle und religiöse Freiheiten für die Tibeter innerhalb der chinesischen Volksrepublik herbeizuführen, sei der Weg der Mitte, d.h. keine vollkommene Unabhängigkeit einzufordern, sondern sich durch den ständigen Dialog mit den Chinesen schrittweise zu befreien. Dieser Weg ist beschwerlich und bringt keine sofortigen Verbesserungen, deshalb haben viele Exiltibeter den Glauben daran verloren.

 

Auch Loten Namling zweifelt und stellt sich während seiner dokumentierten Reise immer wieder die Frage, ob ein gewaltloser Widerstand überhaupt noch Sinn mache. Er trifft auf seinem Weg auf verschiedene Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kunst, die seine Zweifel an der Philosophie der Gewaltlosigkeit schüren. Erst der Besuch beim Dalai Lama in Indien bringt ihm schliesslich neue Hoffnung und die Kraft, weiterzukämpfen. Wichtig sei es, eine gewaltfreie Freiheitsbewegung am Leben zu erhalten und die Menschen wieder und wieder zu informieren, zu sensibilisieren, sodass die Kultur der Tibeter niemals aussterbe, sagt Loten Namling.

 

Eine auf ca. fünfzig Minuten gekürzte Fassung des Films wird am Mittwoch, 11.2.2015 im SRF gezeigt. Ausserdem läuft der Film in voller Länge sicherlich bis Ende Februar, evtl. auch länger in einigen Schweizer Kinos.

 

  • Tibetan Warrior (Indien, Schweiz)
  • Dokumentarfilm
  • Regie: Dodo Hunziker
  • Laufzeit Kinoversion: 74 Min.
  • Kinostart: 12. Februar 2015
textundbild.info / Di, 10. Feb 2015