Der Mann mit dem Wort Gottes
Wim Wenders’ («Der Himmel über Berlin», «Paris, Texas») neuer Dokumentarfilm begleitet Papst Franziskus - gebürtig Jorge Mario Bergoglio - auf seinem Weg durch die Welt. Der 2013 inaugurierte Papst hat schnell die Aufmerksamkeit der Medien durch seine Demut und seinen toleranten Glauben auf sich gezogen. Franziskus segnet, predigt und klärt auf.
Wim Wenders Aufnahmen sind faszinierend. Man sieht den Papst in Krisengebieten, wo er zugibt, dass er Mühe hat, die richtigen Worte für die anwesenden Opfer zu finden. Er wäscht Gefangenen die Füsse und spricht von der Erderwärmung. Er steigt aus dem Papamobil um eine Nonne zu begrüssen, die er sei Jahrzehnten nicht gesehen hat und nun in der Menge erkennt. Es sind Szenen, die man üblicherweise nicht von einem Papst sieht. Franziskus hat ein unbestreitbares Charisma und ist ein talentierter Rhetoriker. Dadurch beeindruckt er auch Nicht-Katholiken und ist der beliebteste Papst in jüngster Erinnerung.
Andere Seiten des Pontifex werden dem Publikum leider durch mehrheitlich ungeschickte Hilfsstrategien nähergebracht. Die Verbindung zum heiligen Franziskus, dessen Namen sich der Papst (als erster) ausgesucht hat, wird betont. Während dieser Aspekt zweifellos relevant ist, wurden schwarzweisse Filmaufnahmen mit Schauspielern zur Veranschaulichung gedreht. Diese wirken sehr unnatürlich und sind für das Verständnis der Zuschauer nicht nötig. Ebenso hat sich Wenders dazu entschieden, an wenigen Stellen eine Erzählstimme einzubauen, welche mal interessante Problematiken anspricht, die aber nicht direkt relevant sind, mal moralisiert und insgesamt besser weggelassen worden wäre. Ohne diese beiden Zusätze würde der Film besser kurzweiliger wirken.
Eine deutliche thematische Lücke ist die unkritische Haltung des Films bezüglich des dargestellten Subjekts. Das zeigt sich schon im Untertitel “Ein Mann seines Wortes”, welcher mehr Kompliment als Überschrift. Franziskus’ unkonservativer Standpunkt bezüglich kontroversen Themen wie Homosexualität, Klimawandel und Pädophilie in der katholischen Kirche wird zwar thematisiert, aber nicht in Frage gestellt. Was heisst das, wenn ein Papst sich plötzlich gegen die vermeintlichen Grundsätze der Kirche stellt? Wie geht Franziskus mit Kritik gegen seine Ansichten um? Fragen wie diese bleiben offen.
Spannend, aber etwas lange: Ein Film für die, welche sich ein Bild von den Meinungen des Papst machen wollen.
- Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes (USA 2018)
- Regie: Wim Wenders
- Darsteller: Papst Franziskus, Joe Biden, Paul Ryan, John Kerry, Angela Merkel, Barack Obama, Shimon Peres, Vladimir Putin, Donald Trump, Melania Trump
- Laufzeit: 94 Minuten
- Kinostart: 14. Juni 2018