Blutsauger erfährt die Rache einer Femme Fatale

Filmkritik: Dark Shadows
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Vampirfilme, so dachte manch einer vielleicht, seien mit dem Ende der «Twilight»-Saga dieses Jahr nun vorbei. Spectacular Mistake! Obwohl die Blutsauger schon eine Weile die Kinosäle belagern, kommt mit «Dark Shadows» endlich wieder eine Komödie über die Untoten auf die Leinwand. Und wie könnte es bei einem Tim Burton-Film anders sein, es spielt wieder einmal Johnny Depp die Hauptrolle. Depp erschafft dabei erneut eine schrullige, eigentümliche und kultverdächtige Figur wie es ihm zuvor schon mit Captain Jack Sparrow, Edward mit den Scherenhänden oder Sweeney Todd gelungen ist.

 

Bild 1: Johnny Depp haucht Barnabes Collins Leben ein. / Bild 2: Spuk in Collinwood Manor (Mit Maus über Bild fahren)

 

Barnabes Collins sticht als kleiner Junge im Jahre 1752 in Liverpool mit seinen Eltern in See. Ihr Ziel ist Nordamerika, genauer: Maine, wo sie ein neues Leben beginnen möchten. Der Familie gelingt es, ein erfolgreiches Geschäft in der Fischerei aufzubauen und langsam wächst dadurch auch ein kleines Städtchen namens Collinsport heran. Jahre später: Barnabes, nun schon erwachsen (Johnny Depp), beginnt eine Affäre mit einer Bediensteten, Angelique Bouchards (Eva Green, «James Bond – Casino Royale», «Kingdom of Heaven»). Während Angelique für Barnabes nur ein kleiner Zeitvertreib ist, empfindet die junge Dame mehr. Umso schmerzlicher ist es, als sie feststellen muss, dass Barnabes gedenkt eine andere zu heiraten. Kein guter Plan. Angelique ist in Wirklichkeit eine Hexe und lässt ruck-zuck Barnabes Verlobte von einer Klippe springen. Ganz im Liebesschmerz versunken springt Barnabes seiner Braut hinterher und - Überraschung - lebt weiter. Denn Angelique will Barnabes für sich behalten, sei es auch als Untoten. Ein bisschen Rache muss dann aber schon sein. So lässt Angelique ihren Barnabes - als Vampir aufgeflogen -  von den Dorfbewohnern lebendig in einem Sarg vergraben.

 

Die Röcke kürzer und die Haare länger

 

Viele Jahre später, genau gesagt anno 1972, finden Bauarbeiten auf Barnabes Grab statt und er wird freigelassen. Durch die 200-jährige Diät fast am Verhungern, schnappt sich Barnabes kurzerhand alle Zeugen und trinkt sie leer. Nach dem kleinen Snack gestärkt, macht sich Barnabes auf, die neuartige Welt zu erkunden. Dabei stellt er fest, dass die Röcke kürzer und die Haare länger geworden sind sowie dass Höflichkeitsfloskeln niemanden mehr interessieren. Kurz: Die Welt hat sich nicht zum Besseren gewandt. In Colinwood Manor, seinem ehemaligen Schlösschen, angekommen, lernt Barnabes weitere seiner Nachfahren kennen.

 

Bild 1: Angelique als Magd in 1772. / Bild 2: Barnabes und Angelique in 1972: Sie können nicht ohne, aber auch nicht miteinander.

 

Das wären zum einen die verarmte Matriarchin Elizabeth Collins Stoddard (Michelle Pfeiffer, «Scarface», «Dangerous Minds») und ihre Tochter Carolyn Stoddard (Chloe Moretz, «Kick Ass», «Hugo Cabret»), die gerade ihre Pubertät durchmacht. Und zum anderen Elizabeths Bruder Roger Collins (Jonny Lee Miller, «Trainspotting», «Melinda & Melinda»), ein Taugenichts, der sich nach dem Tod seiner Frau nicht besonders um seinen Sohn David Collins (Gulliver McGrath, der aussieht wie ein kleiner Jack Black, «Hugo Cabret»), kümmert, obwohl der Junge stark von Alpträumen geplagt wird. Um David zu helfen wird Dr. Julia Hoffman (Helena Bonham Carter, «The King’s Speech», «Alice in Wonderland») engagiert. Sie kann zwar Nichts bewirken, trinkt aber wenigstens regelmässig die Bar des Hauses leer. Und dann wären da noch die neu eingestellte Nanny Victoria Winters (Bella Heathcote), welche selbst eine düsteres Geheimnis verbirgt und der Butler für alle Fälle, Willie (Jackie Earle Haley, «Watchman»). Als wäre dies nicht genug, muss Barnabes feststellen, dass das einst erfolgreiche Geschäft seiner Eltern bankrott gegangen ist und Angelique mit ihrer Firma «Angel Bay» das Städtchen Collinsport eingenommen hat. Barnabes Handeln ist gefragt, doch vorher muss noch der ein oder andere Mensch leergetrunken werden…

 

Burtons unverwechselbar schräger Humor

 

Tim Burton ist zurück. Nach einem so gar nicht kindlich umgesetzten Abstecher in die Welt der Kinderliteratur mit «Alice in Wonderland», wendet sich Burton mit «Dark Shadows“ wieder morbideren Themen sowie dem für ihn unverwechselbar schrägen Humor zu. «Dark Shadows» erweist sich nämlich als eine reine Komödie. Ein paar Horrorelemente hier und da gibt es schon, dennoch ist es die skurille Komik, welche die Oberhand behält und wohl auch ein junges Publikum anlocken soll. Als Vorlage für «Dark Shadows» diente  die gleichnamigen TV-Serie aus den 60er und 70er-Jahren, einer Art Neuauflage der Addams Family. Für eingefleischte Burtonfans sicherlich eine beliebte Bezugsquellen, welche gut zu Burtons Stil passt. So erstaunt es nicht, dass die Optik von «Dark Shadows» stark an seine früheren Filme erinnert: Zu Beginn sieht man die für Burton typische romantisch-düstere Ästethik wie er sie bei «Sleepy Hollow», «Sweeney Todd» oder «Corpse Bride» bereits kreierte. Im Jahr 1972, wenn zum ersten Mal wieder die Collinswood Mansion im Bild erscheint, besinnt das den einen oder anderen an «Big Fish» oder «Beetle Juice».

 

Bild 1: Es leben die 70er. Banabes Nachkommen, topgestylt. / Bild 2: Barnabes nächtigt standesgemäss. 

 

Dass es sich bei «Dark Shadows» um einen Burton Film handelt, zeigen aber auch das Cast und die Crew. So spielt Burtons Lebensgefährtin Helena Bonham Carter mit, welche in den letzen 10 Jahren praktisch immer mit von der Partie war. Aber auch Burtons Hauskomponist Danny Elfman (Oscarnominationen für «Milk» oder «Big Fish») und Burtons Lieblingskostümbildnerin Colleen Atwood (Oscar für «Alice in Wonderland», «The Silence of the Lambs») sind wieder mit dabei.

 

«Dark Shadows» bietet mit seinen vielen unterschiedlichen Charakteren beste Voraussetzungen für einen guten Ensemblefilm. Burton scheint dies aber wenig zu interessieren, setzt er doch voll und ganz auf Depp. Davon profitiert nur Eva Green, welche als Barnabes Kontrahentin mehr Szenen und somit eine stärkere Chemie mit Depp besitzt als Barnabes Love-Interest Victoria. Die Liebesgeschichte zwischen Barnabes und Victoria verliert dadurch leider an Glaubwürdigkeit und man möchte lieber Barnabes und Angelique beim Herumzanken zuschauen. Trotz dieser kleinen Schwäche hält «Dark Shadow» was er verspricht und unterhält auf der ganzen Linie. Seit Roman Polanskis «Tanz der Vampire» hat uns kaum ein Untoter solch gute Stimmung und kultverdächtige Momente beschert wie Depp’s Barnabes. Twilightboykottierer und Twihards werden bei «Dark Shadows» Seite an Seite über Barnabes lachen und unvergessliche Minuten erleben.

 

  • Dark Shadows (USA 2012)
  • Regie: Tim Burton
  • Drehbuch: Seth Grahame-Smith
  • Darsteller: Johnny Depp, Eva Green, Helena Bonham Carter, Michelle Pfeiffer
  • Länge: 113 Minuten
  • Kinostart: 10. Mai 2012

 


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Tanja Lipak / So, 20. Mai 2012