Ich würde sehr gerne mit Tarantino einen Film drehen.

Interview mit Carol Schuler zu «Nachtlärm»
Bildquelle: 
T & C Film

 

Carol, wieso wolltest Du Schauspielerin werden?

Ich war schon immer sehr extrovertiert und war bei Familienfesten diejenige, die getanzt und gesungen hat. Mit 5 Jahren stand ich das erste Mal in Claudia Cortis Kindertanztheater auf der Bühne. Für mich hat sich später nie die Frage gestellt, was ich anderes machen wollte. Mir war klar, dass es mit Schauspielerei und Musik zu tun haben wird.

 

Es war also die eigene Erfahrung auf der Bühne und kein Film, der Dich dazu inspiriert hat?

Genau, es war die Arbeit auf der Bühne.

 

In «Liebe und andere Unfälle» vom Tom Gerber hast Du die «biedere Assistentin» gespielt, in Christoph Schaubs neuestem Kinofilm «Nachtlärm» nun das komplette Gegenteil, das sexy Luder. Eine bewusste Rollenwahl?

Es geht. Man kann ja nur begrenzt seine Rollen auswählen (lacht).

Meistens bekommt man eine Rolle angeboten und muss sich dann entscheiden, ob man sie spielen will oder nicht. Die Rolle in «Liebe und andere Unfälle» habe ich super gefunden, weil sie so skurill und überzeichnet war, was nicht sehr typisch ist für einen Schweizer Film. Meistens soll ja alles eher lieb und brav sein. Die komödiantischen Elemente sind es, die mich interessieren und mich schlussendlich dazu bewogen haben, die Rolle der Assistentin anzunehmen. Claire aus «Nachtlärm» ist das genaue Gegenteil davon und das ist gut so. Für einen Schauspieler ist es das Schlimmste, wenn man immer die gleiche Rolle angeboten bekommt und nicht aus sich herauswachsen kann. Ich bin sehr froh, konnte ich so verschiedene Rollen spielen und neue Facetten austesten.

 

Ein anderes wichtiges Argument für die Rolle der Claire in «Nachtlärm» könnte das Drehbuch sein, welches Martin Suter schrieb, oder?

Genau (lacht)!

Mit ihm habe ich bereits an «Geri» gearbeitet. Martin Suter beschreibt in sehr detaillierter Form lebensnahe Figuren. Schon beim Lesen des Drehbuchs zu «Nachtlärm» bekam ich ein sehr starkes Gefühl für meine Figur «Claire». Für einen Schauspieler macht eben ein gut geschriebenes Drehbuch mit interessanten Dialogen viel aus.

 

Hatte Claire eigentlich schon von Anfang an Szenen, in denen sie singt, oder wurden diese eingefügt nachdem Du die Rolle übernommen hast?

Ja, ich glaube ein wenig war schon vorhanden, doch als Martin Suter erfuhr, dass ich die Rolle spiele, baute er dann sehr viele Szenen hinein, in welchen ich zum Singen komme. Christoph Schaub hat dann aber einige davon wieder herausgenommen, weil es für seinen Geschmack vielleicht doch ein paar zuviel waren (lacht).

 

Wie wäre es dann mal mit einem Musical?

«Geri» war ja schon fast ein Musical, obwohl Stephan Eicher darauf besteht, dass es ein Singspiel genannt wird, weil auch eine Live-Band auf der Bühne stand.

Bei einem klassischen Musical kommt für meinen Geschmack die Schauspielerei vielleicht zu kurz, was ich sehr schade finde. Alles dreht sich vielmehr um die Performance während des Singens. Aber einen Musikfilm, oder etwas in diese Richtung, würde ich schon sehr gerne machen.

 

Du singst den Titelsong zu «Nachtlärm» und bist gerade dabei, Dein erstes Album (Carol & The Fall) in Deutschland fertig zu stellen. Heisst es nun «Bye Bye Switzerland» für Dich?

Ich lebe schon seit 6 Jahren in Berlin, «Bye Bye Switzerland» ist also schon eine Weile her bei mir (lacht). Dennoch bin ich noch viel hier in der Schweiz am Drehen und Spielen. Ganz «Bye Bye» würde ich der Schweiz nie sagen können, es erfreut mich eher, wenn ich wieder einen Grund habe zurückzukommen. Festlegen will ich mich dennoch nicht, sondern freue mich, wenn jetzt mehr in Deutschland passiert und ich dort mehr Angebote bekomme.

 

Wie Du bereits erwähnt hast, fing Deine Karriere sehr früh an. Mit 13 Jahren hast Du für «Lieber Brad» sogar den Schweizer Filmpreis erhalten. Was hat sich seit damals für Dich verändert?

Um ehrlich zu sein, überhaupt nichts. Ich habe den Film gedreht und noch so gar nicht richtig gewusst, was ich eigentlich mache, da ich das Schauspiel damals noch nicht studiert hatte. Alles kam einfach intuitiv aus dem Bauch heraus und machte sehr viel Spass. Und dann bekam ich den Filmpreis und konnte gar noch nicht begreifen was das bedeutet. Mein Leben habe ich danach normal weitergeführt, das heisst, ich ging für ein Jahr nach Japan und habe die Schule fertig gemacht. Erst dann ging es weiter, als ich mit der Schauspielschule begann.

 

Wie würdest Du die Schweizer Filmszene beschreiben, da Du sie nun doch schon eine Weile kennst?

Ich lebe ja nun schon seit einigen Jahren in Berlin und bekomme daher nicht soviel mit. Aber klar finde ich, dass es in der Schweiz super Autoren und Regisseure gibt, wie zum Beispiel Christoph Schaub oder Dany Levy. Mit Levy konnte ich eine «Tatort» Folge in der Schweiz drehen, die nächstes Jahr im Februar ausgestrahlt wird. Ja, es gibt viele interessante Filmemacher hier.

 

Du hast vorhin Dein Austauschjahr in Japan erwähnt, wie kam es dazu, dass Du dorthin gegangen bist und Japanisch gelernt hast?

Ich hatte schon immer dieses Fernweh verspürt. Ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch und möchte immer etwas erleben. Dass ich nun schon 6 Jahre in Berlin wohne, grenzt fast schon an ein Wunder (lacht).

Jedenfalls hat mich die japanische Kultur sehr interessiert und ich wollte einfach so weit wie möglich weg. Das war der Auslöser.

Meine Gastfamilie sprach dann aber so gut wie kein Englisch, also wurde ich ins kalte Wasser geworfen und musste es mir sehr schnell anlernen. Nun nach gut 10 Jahren ist vieles schon verlernt, da ich es nicht angewendet habe. Ich sollte wieder anfangen zu üben (lacht). 

 

Letzte Frage: Mit welchen Filmemachern würdest Du gerne drehen, wenn Du wählen könntest?

Einen Filmemacher, den ich bewundere und dessen Filme ich sehr mag, ist Jim Jarmusch. Und natürlich die Coen Brüder. Und auch Tarantino. Mit ihm würde ich sehr, sehr gerne einmal einen Film drehen. Aber wer möchte schon nicht mit Tarantino arbeiten (lacht)?

 

 Bäckstage hat den Film gesehen. Unsere Filmkritik gibt es hier.

Tanja Lipak / Di, 28. Aug 2012