Hervorragend gelaunte Iron Maiden im Hallenstadion

Konzertkritik: Iron Maiden im Hallenstadion
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Privat, zVg

Irgendwann in der Mitte des Sets ruft Sänger Bruce Dickinson «Are you really swiss?» ins Publikum. Der charismatische Sänger der britischen Metalband Iron Maiden freut sich offenbar ehrlich über die gute Stimmung. Das Schweizer Publikum gilt als zurückhaltend, aber an diesem Abend ist die Zurückhaltung an der Garderobe geblieben. Man feiert die Band, die längst als Kulttruppe benannt werden darf, euphorisch. Es spielt allerdings mit, dass Dickinson selbst ebenfalls in hervorragender Laune ist und es erstklassig versteht, auf das Publikum einzugehen. Immer wieder erzählt er Anekdoten, fordert ein Meer aus Händen zu sehen und wirbelt über die Bühne, als wäre er in seinen Zwanzigern und nicht mitten in den Sechzigern.  

 

Das Set im ausverkauften Hallenstadion setzt das Album «Somewhere In Time» in den Fokus. Fünf Songs aus dem Album stehen auf der Setlist. Teilweise sind es Songs, die auf dieser Tour erstmals überhaupt live zum Zuge kommen. Dies passt einerseits zum Namen der Tour, der «Future/Past» lautet, andererseits aber auch zur Bandgeschichte. Das Album markiert einen stilistischen Wechsel im Sound der Band. Erstmals sind Synthesizer zum Einsatz gekommen und Filme wie «Blade Runner» oder «Somewhere In Time» haben die Arbeiten beeinflusst. Gerade die elektronischen Mittel haben Iron Maiden damals einiges an Kritik aus Fankreisen eingebracht. Heute sind diese Diskussionen längst vergessen und das Album gilt als wegweisend.

 

Zeitkoordinaten im Stil von «Back To The Future»

 

Irgendwie scheinen Iron Maiden Filmfans zu sein. Wie bereits erwähnt, spielen beim zentralen Album – neben dem aktuellen Werk «Senjutsu» - des Abends, Filme von Jeannot Szwarc oder Ridley Scott eine Rolle. Scotts «Blade Runner» bzw. die «End Titels» aus der Feder von Vangelis leiten gar musikalisch in das Set ein. Kurz vor «The Time Machine» spricht Bruce Dickinson über Zeitreisen und unschwer ist seine Liebe zum Klassiker «Back To The Future» zu spüren. Der Film mit dem ikonischen DeLorean hat beim Schreiben des Songs eine Rolle gespielt. Um das zu verdeutlichen, zeigt ein riesiges Tuch im Bühnenhintergrund das berühmte Steuerboard mit den Zeit-Koordinaten aus dem Film. Bei Iron Maiden steht zuoberst «25.12.1975», die Gründung der Band. Direkt darunter steht «03.09.2021», der Release-Tag des aktuellen Albums «Senjutsu». Als letztes Datum ist der «29.09.1986» zu lesen und markiert so den Tag, also «Somewhere In Time» veröffentlicht wurde. Diese feinen Kleinigkeiten, Fanservice wenn man so will, machen richtig Laune.

 

Doch neben Sänger Dickinson spielen die weiteren fünf Iron Maidens ein richtig gutes Konzert. Es fällt dramaturgisch nicht einmal ins Gewicht, dass ganze grosse Klassiker wie «Number of the Beast», «Run To The Hill» oder «Flight Of Icarus» fehlen. Selbst jene, die nicht bis ins letzte Detail mit dem Werk der Briten vertraut sind, kommen auf ihre Kosten, so vielseitig ist das Set. Der Sound ist fein justiert, macht richtig Laune, und die Band zeigt sich in bester Spiellaune. Iron Maiden werden für ihr präzises Spiel, ihre dynamischen Rhythmuswechsel und den sehr ausgewogenen Mix aus härteren und progressiveren Stücken geliebt. Aber es darf auch mal amüsanter werden. Gitarrist Janick Gers etwa hebt sein Bein so hoch auf eine Seitenbox, dass man fast neidisch wird, und dehnt seine Muskeln, während er entspannt spielt. Ganz am Schluss des Sets wirbelt er seine Gitarre wild umher. Diese hat sich auch schon selbstständig gemacht. In Zürich kreist sie sicher ihre Bahnen und die blonden Locken des Gitarristen. Dagegen sind Dave Murray und Adrian Smith eher zurückhaltend unterwegs, gerade Murray lässt seine Gitarre lieber singen als schwingen. Für beide Typen ist Platz in der Band. Das einzige noch aktive Gründungsmitglied, Steve Harris, zupft dagegen genüsslich entspannt am Bass. So baut sich aus allen Komponenten der satte Sound auf.

 

Eddie gehört einfach dazu

 

In Zürich bestätigen Iron Maiden die hohen Erwartungen, zeigen aber auch Humor. So liefern sich spät im Set Bruce Dickinson an einer Feuerkanone und das übergrosse Bandmaskottchen Eddie als Samurai verkleidet ein kleines Duell. Natürlich gewinnt Dickinson stellvertretend für Band und Publikum und Eddie zieht wieder von Dannen. Ein Konzert der Metal-Heros ohne Eddie, der erstmals 1980 auftrat, ist inzwischen undenkbar.

 

Iron Maiden sind live immer eine sichere Bank. In Zürich ist aber zusätzlich die Laune bestens und der Sound ein Genuss. Ein Konzert als Referenz an die Vergangenheit und Versprechen an die Zukunft.

 

Infos zum Konzert: 

 

  • Band: Iron Maiden
  • Genre: Hardrock, Metal
  • Datum: 19. Juni 2023
  • Location: Hallenstadion Zürich
  • Konzertdauer: ca. 2 Stunden
  • Setlist

 

Bäckstage Redaktion / Di, 20. Jun 2023