Gänsehautmomente nach einer Reise an die Copacabana

Konzertkritik: Panda Lux im Palace
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© Jan Wiederkehr

Das Palace in St.Gallen schien für die Album Release Party von Panda Lux‘ Debut-Album «Versailles» perfekt zu sein: ein alter, ehemaliger Kinosaal, welcher heute als Eventlocation genutzt wird. Die wenigen Reihen mit Kinosesseln, mit einigen Metern Abstand zur Bühne, stehen immer noch. Gleich dahinter befinden sich die Bar und darüber ein kleiner Balkon. Links neben der Bühne stand an diesem Abend ein grosses, schimmerndes P, angefertigt aus CD’s, rechts neben der Bühne ein ebenso glänzendes X. 

 

Passend zum glänzenden Bühnenbild starteten die Jungs mit «Glanz» in die erste Runde und das Stimmungsbarometer schnellte deutlich in die Höhe. Offensichtlich waren einige froh, dass die vier Gesichter von Panda Lux gegen 22:45 Uhr endlich die Bühne betraten: Sänger und Gitarrist Silvan Kuntz, sein älterer Bruder Samuel, ebenfalls Gitarrist, Moritz Widrig an den Drums und Bassist Janos Mijnnsen. Vor dem zweiten Song stellte Silvan direkt die Special Guests vor: sechs Bläser, die den linken Teil der Bühne hinter Samuel einnahmen. So war also alles und jeder ready und die Luxe stimmten den nächsten Song an: «Hong Kong». Das Publikum jubelte vor Begeisterung und sang lautstark mit.

 

Silvan bat das Publikum beim Lied «Rollschuhe» um einen Gefallen: «Jedes Mal, wenn ich Copacabana singe, ruft ihr ebenfalls Copacabana. Alles klar?“. Das funktionierte hervorragend. Es schien, als wollte jeder im Raum den Sommer zurück, so laut wie die Copacabana riefen. Die Menge war begeistert und wäre wahrscheinlich am liebsten – wie Panda Lux in diesem Stück singt – mit Rollschuhen übers Meer nach Rio de Janeiro gefahren. So warm wie es in Rio gerade ist, so warm wurde es inzwischen auch im Palace. Den Vieren musste man nicht zweimal sagen, was «einheizen» bedeutet.

 

Champagnerdusche für «Versailles»

 

Wenige Minuten später blickte ich auf meine Arme und ich weiss, es klingt unglaublich, wenn ich jetzt sage, dass da Gänsehaut zu sehen war. Aber es war tatsächlich so. «Mehr sein» hat es in sich. Wie schafft man es bitte, in der einen Minute über Sommer, Sonne, Sonnenschein zu singen und mit den Leuten zu feiern und wenige Minuten später den Saal zum Schweigen zu bringen?

 

Zeit für einen weiteren Gänsehautmoment war kurz vor Mitternacht: die Zeremonie der Plattentaufe. Silvan mit Champagner, ein Knall, eine Champagnerdusche für das Album, die Band und einige Leute im Publikum und die Taufe von «Versailles» war vollbracht. Silvan hielt eine Dankesrede, bedankte sich im Namen der ganzen Band bei Familie, Freunden, Verwandten, Bekannten, Leuten beim Label, bei den Verantwortlichen für die Promotion, beim Palace und bei der Menschenmenge im Saal für die Hilfe, Geduld und Unterstützung. Des Weiteren wollte er sich ebenfalls bei den Bläsern bedanken, doch als diese die Bühne nicht betraten, bemerkte er, dass etwas nicht ganz stimmte. «Oh, fuck stimmt, die kommen erst später dran, sorry!“, entschuldigte er sich und machte ohne zu zögern weiter.

 

Man merkte den Jungs an, dass sie unendlich happy waren. Sie genossen ihren Moment und die Gelassenheit, die sich bei der Band vom Bodensee auf der Bühne breit machte, war bis in die hinterste Ecke des Palace zu spüren. Weiter ging es in die zweite Runde.

 

Freier Fall ins Meer der Handylichter

 

«Erinnert sich jemand an unseren Song «Maschinen?», fragte Silvan und erhielt einen Applaus als Antwort. Offensichtlich erinnerten sich einige. Silvan verliess mit seiner Gitarre die Bühne, ging über die Treppe ins Publikum und performte dort einen Teil des Songs – umkreist von einer gutgelaunten Menschenmasse. Gute Laune verlieh ebenso das darauf folgende Lied «Freier Fall», das von einem Lichtermeer aus unzähligen Handydisplays begleitet wurde. Auch die Jungs auf der Bühne zückten ihr Handy um die tanzenden Lichter bildlich festzuhalten. Etliche Male sangen wir zusammen den Refrain und es fühlte sich für einen Moment wirklich so an, als wären wir alle gemeinsam im freien Fall. 

 

Bevor Panda Lux nach gut 80 Minuten die Bühne verliessen, widmeten sie den letzten Song David, Silvan’s bestem Freund, der an diesem Abend leider nicht dabei sein konnte. «Ein Drink mit dir rutscht immer, Malle ist nur einmal im Jahr» heisst das Stück und man konnte sich beim Zuhören zu gut vorstellen, wie viele Erinnerungen und Erlebnisse in diesem einen Lied stecken. Das Quartett verschwand daraufhin unter tosendem Applaus und Pfiffe und Zugabe-Rufe erfüllten den Saal. Keine fünf Minuten später waren die Silhouetten der Jungs bei schwachem Lichteinfluss wieder erkennbar. 

 

Die Zugabe bestand aus zwei weiteren Liedern, die Jungs verabschiedeten sich erneut und tauchten kurze Zeit später nochmals auf, um sich mit den wirklich letzten Liedern «Cowboy» und «Oben» zu verabschieden. Nach der Performance wurden die sechs Bläser verdankt und Panda Lux verabschiedete sich mit ihnen zusammen und einer grossen Verneigung vom Publikum.

 

Die bodenständigen Ostschweizer nehmen Jung und Alt auf ihre persönliche Achterbahn mit. Ob pure Eskalation oder Schweigen im Saal: sie wissen, wie es funktioniert. Mit ihrer natürlichen Art kommen sie ehrlich rüber und vermitteln dem Publikum eine gewisse Nähe, weshalb man ihnen Texthänger oder zu früh gehaltene Dankesreden ohne nachzudenken verzeiht. Der Erfolg sei ihnen gegönnt.

 

- Das Album «Versailles» von Panda Lux ist im Handel erhältlich. Unsere Kritik gibt es hier: Panda-Lux-Debüt.

 

Rahel Inauen / Mo, 20. Feb 2017