Feinstes Songwriting mit James Hersey im Exil
Kirchliche Stille, das Geräusch routinierter Finger, die über die Saiten der akustischen Gitarre streichen, eine Intimität, die der eines Wohnzimmerkonzerts gleich kommt und seine Stimme, die den Track «Everywhere you go» auf eine Weise sang, bei der man ihm jedes Wort abkaufte. Der in Wien lebende, österreichisch-US-amerikanische Musiker James Hersey schaffte während des Auftritts im Exil viele dieser Momente und bot das feinste an Songwriting und gefühlvollem Synth-/Electro-Pop. Nicht selten betonte er, wie viel ihm seine Songs bedeuten, was sich auf wunderschöne Weise in der Art, in der er sie sang, manifestierte.
Natürlich fehlten auch die Songs, die ihn ins Scheinwerferlicht der Weltbühnen katapultierten, nicht – doch «Coming Over», der Track von Dillon Francis und Kygo, dem Hersey bereits 2016 seine Stimme lieh, und das etwas neuere «Miss you» kamen so unverkrampft, bedächtig und fern von Klischeehaftigkeit daher, dass der Eindruck entstand, James hätte sie erst gerade geschrieben.
© Sandra Rohrer / sandrarohrerphotography.com
Man merkte, es war das letzte Konzert seiner Headliner-Tour durch Europa – nicht aufgrund fehlender Energie, sondern ganz im Gegenteil, daran, dass sich Hersey trotz kleinerem Publikum nicht beirren liess, jeden Song zu geniessen schien und sein ganzes Herzblut in diese letzte Show steckte. Hersey, der eine Ausbildung als Jazz Gitarrist auf Eis legte, um sich seiner Karriere als Singer-Songwriter zu widmen, scheint die richtige Wahl getroffen zu haben, denn die Bühne ist offensichtlich sein Zuhause. James Hersey hat das Gegenteil von Starallüren, er wandte sich immer wieder direkt ans Publikum, fragte nach Namen, gab High-Fives, verschenkte einen Sellerie, den ihm sein Team als Scherz statt den Schlagstöcken hingelegt hatte, und schlussendlich noch seine letzte Schallplatte des neusten Albums «Innerverse». Vor allem aber schenkte er dem Publikum gemeinsam mit seinem Langzeitfreund und Support-Act narou eine Reise in sein inneres Universum, wo die Inspiration für seine Musik ihren Ursprung findet.
«Instead of forcing myself to create what might be expected of a hit-song writer, I thought why not just give it to them straight. Like, here’s what it really sounds like. Here’s my inner voice, my inner verse, my Innerverse.» - JH