Moonlight im Eastern Cape?
Xolani (Nakhane Touré) kommt jedes Jahr in die Bergregion vom Eastern Cape Südafrikas, um beim Übergangsritual zur Männlichkeit von Jugendlichen des Xhosa-Stammes anwesend zu sein. Als Instruktor kümmert er sich um Kwanda (Niza Jay Ncoyini), der wie alle Jungen beschnitten wird. Xolani kommt aber nicht nur für die Betreuung der Jugendlichen Jahr für Jahr zurück: Er hat ein geheimes Verhältnis mit dem verheirateten Instruktor Vija (Bongile Mantsai).
Der Film des Regisseurs John Trengove behandelt die Wichtigkeit von Männlichkeit und das Aussenseiter-Dasein in einem afrikanischen Stamm. Nicht nur Homosexualität ist ein Tabu, sondern auch Andersartigkeit. Kwanda ist sich beispielsweise eine eher gehobene Lebensweise gewohnt und hat neue, blaue Schuhe, die den Neid der restlichen Gruppe auf sich ziehen. Die Gratwanderung zwischen Anpassung und Individualität ist zentral im Film, eine Spannung, die auch für ein europäisches Publikum relevant ist.
Der Film zieht keine scharfen moralischen Grenzen. Es ist also nicht klar, was das richtige Verhalten in den dargestellten Situationen wäre. Die Figuren sind genauso ambivalent und mehrschichtig. Das macht die Identifizierung mit den Protagonisten zwar etwas schwieriger, lässt den Film aber auch realistischer wirken. Tatsächlich hat man das Gefühl, dass solche Geschichten (zumindest potentiell) ständig passieren.
Die Diskrepanz zwischen städtischem und ländlichem Leben, das in Kwanda und Xolani zusammenfällt, wird auch bildhaft vermittelt. So stehen zum Teil AKWs im Hintergrund der Berglandschaft oder man hört Motorengeräusche von nicht allzu fernen Strassen. Der Erhalt der traditionellen Xhosa-Kultur ist gefährdet. Der Einblick in diese so unterschiedliche Kultur ist für den uninformierten Zuschauer sehr interessant.
Dadurch, dass einem die Identifizierung mit den Figuren schwer fällt, ist der Einstieg in den Film nicht einfach. Ausserdem wählt der Regisseur häufig Close-ups und die Kamera wackelt manchmal ganz schön, was auf Dauer etwas anstrengend ist. Das Bild vermittelt so aber auch die klaustrophobische Stimmung, die trotz der weiten Landschaften herrscht. Es muss ausserdem vor einigen gewaltvollen Szenen gewarnt werden. Besonders die Beschneidung der Jungen und die Schlachtung einer Ziege sollte man sich nicht auf leeren Magen ansehen.
Trotz holprigem Einstieg lohnt es sich, diesen Film anzusehen, um in eine fremde Kultur mit komplexen sozialen Problemen einzutauchen.
- The Wound (Inxeba) / (ZA / D / NL / F 2017)
- Regie: John Trengove
- Besetzung: Nakhane Touré, Bongile Mantsai, Niza Jay Ncoyini
- Laufzeit: ca. 88 Minuten
- Kinostart: 14. September 2017