Asaf Avidan begeistert und berührt im Komplex

Konzertkritik: Asaf Avidan im Komplex
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www.asafavidanmusic.com / © Osman Balkan

Dicht gedrängt und voller Spannung warteten die Leute im Komplex auf Asaf Avidan and the Mojos. Dann endlich tänzelte Asaf mit seiner Band auf die Bühne und startete sogleich mit dem Song «Cyclamen». Und während Asaf, der in Tel Aviv geboren wurde, paradoxerweise «It’s over, It’s over» sang, als es zum Glück noch lange nicht over war, stieg die Laune des Publikums. Nach dem gelungenen Konzertauftakt ertönte der ausdrucksstarke Song «Different Pulses», ein wunderschön melancholisches Lied mit einem intensiven Schlagzeug-Puls, und den Worten: «My life is like a wound, I scratch so I can bleed», die Asaf perfekt zu beschreiben scheinen. Darauf folgten mehrere, rockigere Songs seines früheren Albums, die den meisten weniger bekannt waren. Dies tat der Begeisterung des Publikums jedoch keinen Abbruch. Von Anfang an waren die Leute mit dabei, wippten im Takt und applaudierten herzlich. Asaf bewies sein Talent, in hohen Tonlagen zu singen und von intensiven musikalischen Gefühlsausbrüchen in ruhigere, berührenden Passagen überzugehen.

 

Nach den ersten Songs hielt er inne, um dem Publikum zu erzählen, er habe erst durch die Trennung von seiner langjährigen Freundin angefangen zu schreiben, um die Situation selbst besser zu verstehen und seine Gefühle in der Musik zu verarbeiten. Der erste Song, den er schrieb, sei entstanden als er das erste Mal bemerkte, wie etwas in ihrer Beziehung nicht mehr stimmte, das Lied handle von dieser unsichtbaren und doch undurchdringlichen Mauer zwischen ihm und seiner damaligen Freundin.

 

Rufe nach «One Day» scheinen Asaf nicht zu freuen

 

Asaf sang mit viel Gefühl, jedem Lied drückte er eine persönliche Note auf, die Worte unterstrich er mit Handbewegungen und seine Stimme wurde durch die beiden Begleitsängerinnen komplementiert. Manchmal schien es, als würde er die Lieder zu sich selbst singen, vor allem dann, wenn seine Worte unverständlich wurden und es so wirkte, als vergesse er vor lauter Gefühl, das er auf einer Bühne steht. 

 

Asaf zögerte «One Day» hinaus, ganz so, als sträube er sich dagegen, nur mit diesem Song identifiziert zu werden. Verstärkt wurde dieser Eindruck durch die leicht gereizte Antwort auf die ungeduldigen Rufe aus der Menge nach «One Day». Natürlich nicht ganz unverständlich, ein Künstler möchte für sein gesamtes Werk bewundert werden und nicht nur für ein Einzelstück. Dieses Einzelstück aber liess die Gesichter in der Menge aufleuchten, Erinnerungen aufleben und die Menge im Chor mitsingen und sorgte dafür, dass auch noch der Hinterletzte im Klub zufrieden war.

 

Asaf scheint kein Mann vieler Worte oder grosser Abschiedsfloskeln zu sein, nach einer kurzen Zugabe, mit den beliebten Songs «One Day» und «Maybe you are», die er ganz alleine auf der Bühne spielte, war das Konzert auch schon zu Ende. Im Grossen und Ganzen ein durchaus gelungener Auftritt, bei dem Asaf seine Live-Qualitäten wieder einmal beindruckend unter Beweis stellte, mit berührenden Momenten, die beinahe zu Tränen rührten und vor allem viel Authentizität. 

 

Manuela Troxler / Di, 23. Apr 2013