Unser Label glaubt, wir veröffentlichen bald ein neues Album

Interview mit Friska Viljor
Bildquelle: 
Facebook / Friska Viljor

Ich bin unterwegs ans Tontopf Openair in Effretikon. Der Eintritt ist für Alle kostenlos. Die Interviewfragen habe ich in meiner Tasche und das Aufnahmegerät im Vorfeld auf seine Funktionsfähigkeit getestet. Friska Viljor, ich komme. Auf dem Märtplatz angekommen, muss ich zum Backstage-Eingang neben der Bühne. Die Organisatorin begrüsst mich herzlich und führt mich über Treppen und durch Türen bis fast direkt unters Dach. Dort warten schon Joakim Sveningsson und Daniel Johansson von Friska Viljor. Sie sitzen auf einem Sofa, auf dem Tisch vor ihnen stehen eine offene Flasche und zwei Gläser.

 

Neben der Lounge liegen ihre Koffer und einige Musikinstrumente. Die beiden Schweden scheinen gerade erst angekommen zu sein. Sie sehen ein wenig müde aus, sind aber sehr freundlich und sympathisch. Die Konzertveranstalterin ruft mir noch einmal mahnend «nicht mehr als 15 Minuten» zu und verschwindet. Ich schüttle den beiden Sängern die Hand und während ich meine Notizen und das Aufnahmegerät hervorkrame, frage ich sie, was sie heute erlebt haben. Sie erzählen mir von ihrem ursprünglichen Plan, am Nachmittag Golfen zu gehen. Leider sei dieses Vorhaben wegen des vielen Regens ins Wasser gefallen. Ich bin ein wenig überrascht. Golf hätte ich den beiden nicht zugetraut. Anscheinend kann man das meinem Gesicht ablesen, denn Daniel erklärt mir, dass in Schweden Golf ein Sport für Jedermann ist. Nicht so wie hier in der Schweiz, wo es mehrheitlich die Reichen und die Snobs spielen würden. Ich muss lachen. Ich frage, ob ich das Aufnahmegerät anstellen könne und wir beginnen mit dem Interview.


Habt ihr etwas, über das ihr gerne reden möchtet?Joakim: Im Moment läuft bei Friska Viljor nur wenig. Ausser, dass wir gerade einen zweiten Anlauf starten, um unser neues Album aufzunehmen. Den ersten Versuch hatten wir im Frühling unternommen. Aber da haben wir irgendwie die Inspiration nicht gefunden, also legten wir die Aufnahmen auf Eis.Daniel (lachend): Also offiziell sind sie nicht auf Eis gelegt. Wir haben einfach entschieden, dass wir uns mehr Zeit geben wollen. Mehr Zeit bedeutete dann einfach ein halbes Jahr mehr. J: Gestern haben wir bei einem Glas Wein darüber geredet. Wir sind uns einig, dass jetzt der Zeitpunkt da ist, wo es uns wieder Spass machen könnte. Wir fliegen Morgen zurück nach Schweden und gehen dann ins Studio. Falls sich diese Entscheidung als falsch herausstellt, werden wir uns nochmals mehr Zeit geben. Solange wir keine Freude daran haben, werden wir keine Aufnahmen machen.
Also habt ihr keine Deadline?J: Wir persönlich nicht. Unser Label denkt das vielleicht. Die glauben, dass wir bald ein neues Album veröffentlichen werden. Aber wir nehmen uns so viel Zeit, wie wir brauchen. Wir möchten nichts erzwingen, was dann langweilig wird. Es soll so gut wie möglich werden.
Wisst ihr schon, ob das neue Album ähnlich wird, wie die vier vorherigen oder gibt es musikalisch etwas komplett Neues?J: Das ist schwierig zu beantworten. Wir haben 25 Songs fertig geschrieben, also wissen wir mehr oder weniger, wie die Stücke auf dem Album aussehen werden. Jetzt müssen wir sie einfach aufnehmen und richtige Lieder daraus machen. Und das kann vom Stil her in alle Richtungen gehen. D: Wir haben das Gefühl, vier vom Klang her komplett verschiedene Alben produziert zu haben. Die Leute finden, dass alles wie Friska klingt. Also wird das neue Album für uns wohl anders sein, aber für unsere Zuhörer vermutlich wieder gleich wie die vorherigen klingen. Es sind die kleinen Details, die für uns die grossen Unterschiede ausmachen. Das Wichtigste für Friska Viljor sind die Melodien. Über diese kommunizieren wir. Versuchen wir, diese aktiv zu verändern, grenzt das an Verfälschung.
Habt ihr bereits einen Titel für das neue Album? Wird er noch länger als «The Beginning Of The Beginning Of The End»?J (spontan): Vielleicht werden wir es einfach «Five» nennen.D (mit leicht hoch gezogenen Augenbrauen): Nein, der Titel ist noch ein Fragezeichen. Wir haben keine Ahnung.
Euch haftet noch immer der Ruf an, dass ihr nur betrunken Musik macht. Das ist schon seit einiger Zeit nicht mehr der Fall. Ihr wart auf diese Art aber sehr erfolgreich. Wieso habt ihr mit dem Musikschreiben im betrunkenen Zustand aufgehört?J: Man kann sein Leben nicht ewig so führen, wie wir es damals gemacht haben. Wir hatten zwei Jahre lang Dauerparty. Und das ist eine verdammt lange Zeit für eine einzige Party. Irgendwann zerstört man sich damit selbst. Und das spürten wir immer stärker. Daniel wurde 2009 zum ersten Mal Vater – das bremste uns natürlich auch ein wenig aus. Wir versuchten dann, das Leben eines 30-Jährigen zu führen und nicht mehr das eines 20-Jährigen. Wir haben schnell gemerkt, dass das nicht nur mental viel gesünder ist für uns.
Wieso spielt ihr an einem kleinen Openair wie diesem hier?J: Wir kennen eine der Organisatorinnen. Sie war mal Praktikantin bei unserem Schweizer PR-Agent. Aber der Hauptgrund ist, dass wir die Schweiz mögen. Es ist ein superschönes Land mit einem tollen Publikum. Nicht zu vergessen der gute Lebensstandart, der Käse, der Wein und natürlich die Schokolade. Wir waren vorgestern in Frankfurt am Main (DE) und gestern spielten wir in Basel. Dieses verlängerte Wochenende ist für uns so etwas wie eine Mini-Tour.
Ich habe drei Gruppen von Filmcharakteren für euch: «Dart Vader und Luke Skywalker», «Batman und Robin» und «Bruce Lee und Chuck Norris». Mit welchen könnt ihr euch am ehesten identifizieren und wieso?D: Bruce Lee und Chuck Norris! Weil wir immer kämpfen. Ich bin Chuck Norris.J: Genau. Aber ich bin Chuck Norris.D: Wirklich? Wieso solltest gerade du Chuck Norris sein? Im Film «Kampf der Giganten» kämpfen sie gegeneinander. Bruce Lee gewinnt übrigens. J: Ok, dann bin ich Bruce Lee. Er ist in diesem Fall der bessere von beiden. D: Ja, und er ist auch der Tote von beiden. Zu den anderen: Batman und Robin ist halt einfach eine Schwulenromanze. Was ja schön ist. Aber das sind wir nicht. Dart Vader und Luke Skywalker sind zu sehr Nemesis und ausserdem Vater und Sohn, was ja auch ein bisschen komisch wäre für uns. Bruce Lee und Chuck Norris sind einander gleichgestellt. J: Wir kämpfen manchmal auch miteinander. Aber das findet dann nur in unseren Köpfen statt. Wir kennen uns so gut, dass wir wissen, wenn wir auf den anderen sauer sind. Dann lassen wir einander in Frieden. Seit wir uns kennen, haben wir insgesamt vielleicht 15x gestritten.
Was habt ihr auf Tour immer dabei?D: Von jetzt an sicher ein Golfset. J: Saubere Unterwäsche. Wenn wir im Sommer im Bus unterwegs sind, nehmen wir einen kleinen Grill mit. Aber den konnten wir jetzt im Flugzeug nicht mitnehmen.

Und damit bin ich mit meinen Fragen auch schon durch. Ich liege gut in den 15 Minuten. Ich schalte das Aufnahmegerät ab und überreiche den zwei eine Packung Schokolade als Dank für das amüsante Interview. Während ich meine Sachen zusammenpacke, unterhalten wir uns noch ein wenig über ihre Heimreise und was in Schweden auf sie wartet. Wir verabschieden uns und ich bin schon bald wieder im Freien. Nun freue ich mich auf das Konzert von Bruce und Chuck – äh Joakim und Daniel natürlich.

Laura Zeller / Di, 04. Sep 2012